Er wird im Herbst 30 Jahre alt, doch für sein Alter blickt Jesse Eisenberg auf eine lange Schauspieler-Karriere zurück. Er galt als schwieriger Schüler, doch auf der Bühne fühlte er sich schon in jungen Jahren wohl: "Wenn ich eine Rolle spielte, ging es mir besser, da mir vorgeschrieben wurde, wie ich mich zu verhalten hatte", sagte er später dem Guardian. Schon für seinen ersten Spielfilm "Sex für Anfänger" erhielt Eisenberg 2002 einen Preis, doch der große Durchbruch gelang ihm mit einer Oscar-Nominierung vor zwei Jahren für die beste männliche Hauptrolle in "The Social Network", als er Facebook-Gründer Mark Zuckerberg verkörperte. Nun ist Eisenberg an der Seite von Michael Caine, Morgan Freeman und Mélanie Laurent in dem Thriller "Die Unfassbaren" zu sehen, in dem er einen Magier spielt. Neben seinen vielen Fertigkeiten, zu denen das Schreiben von Theaterstücken und von Essays in der New York Times gehört, beherrscht Eisenberg nun auch einige Kartentricks.
SZ.de: Herr Eisenberg, in Ihrem neuen Film "Die Unfassbaren" stellen Sie einen Magier dar, der seine Fähigkeiten einsetzt, um Straftaten zu begehen. Sind Zauberer gefährliche Leute?
Jesse Eisenberg: Meistens sind Zauberer nicht gefährlich, aber ein Gefahrenpotenzial besteht bei diesem Job. Denn Zauberer sind Meister der Manipulation.
Aber doch nur, um das Publikum zu erheitern. Worin besteht genau die Gefahr?
Ich habe als Schauspieler über diese Frage viel nachgedacht. Ich trete in New York häufig im Theater auf. Da weiß das Publikum, dass ich Darsteller einer Rolle bei einer erfundenen Geschichte bin. Doch wenn ein Magier auf die Bühne kommt, dann kündigt er erst einmal an, dass das was jetzt passiert, echt sei. Dann spiegelt er einen Schwindel vor. Allein in diesem Vorgang lauert eine Gefahr. Denn das Abkommen, das zwischen dem Künstler und dem Publikum besteht, beruht auf Täuschung. Das Abkommen zwischen einem Schauspieler und dem Publikum ist ehrlicher, denke ich. Andererseits sind alle Magier, die ich kenne, nette Leute.
Sie heben die Unterschiede zwischen Schauspielern und Zauberern hervor. Doch für diesen Film sind Sie auch ein bisschen zum Magier geworden - Sie haben fünf Monate lang Zaubertricks trainiert. Gibt es auch Ähnlichkeiten zwischen beiden Metiers?
Die gibt es auf jeden Fall. Auch ein Schauspieler kann Einfluss auf das Publikum nehmen. Ich bin kürzlich in einem Theaterstück mit Vanessa Redgrave aufgetreten. Sie steht seit Jahrzehnten auf der Bühne, und ich war beeindruckt davon, wie stark sie mit dem Publikum in Kontakt tritt. Wenn die Zuschauer beispielsweise viel gelacht haben, und sie wollte, dass Ruhe einkehrt, dann konnte sie das mit einer einzigen Handbewegung erreichen. Sie hatte das Publikum buchstäblich in der Hand. Und genau diese Fähigkeit brauchen Magiere.
Mit Fingerschnipsen allein wird's beim Zaubern aber nicht getan sein.
Ein Magier darf das Publikum nie aus den Augen lassen. Bevor er seinen Trick ausführt, muss er Blickkontakt mit dem Zuschauer aufgenommen haben, so dass der nicht bemerkt, was der Zauberer unten mit seiner Hand macht.
Das haben Sie für den Film ja gelernt. Zeigen Sie Ihre Tricks im Freundes- oder Familienkreis jetzt vor?
Leider beherrsche ich viel zu wenige Tricks. Wenn ich eine Zaubershow abhalten würde, dann wäre die nach 30 Sekunden vorbei. Ich hatte nur ein paar Monate Zeit, um etwas zu lernen, was man erst nach 25 Jahren beherrscht. J. Daniel Atlas, den ich im Film darstelle, hätte in der Realität 25 Jahre lang jeden einzelnen Tag trainieren müssen, um das zu können, was er im Film zeigt. Die Zauberer, mit denen ich mich auf diesen Film vorbereitet habe, haben alle in jungen Jahren angefangen.
Wie geht es Ihnen jetzt mit Zaubershows? Jetzt, nachdem Sie wissen, wie das Ganze funktioniert.
Ich habe mehr Respekt davor bekommen. Die Kunst der Zauberei besteht nicht darin, zu wissen, wie sie funktioniert, sondern darin, die Tricks zu beherrschen und sie vorzuführen. Das ist wie wenn man den ganzen Tag Basketball spielt und dann abends Basketballprofis im Fernsehen zuschaut. Dann denkt man sich: "Wahnsinn, die Jungs sind unglaublich. Ich hab das jetzt den ganzen Tag lang probiert, und es nicht auf die Reihe bekommen." Wenn man sich hingegen einfach ein Spiel anschaut, dann sieht das Ganze kinderleicht aus. Und so ist das auch mit der Zauberkunst. Indem ich mich an sie herangewagt habe und dabei gescheitert bin, habe ich verstanden, wie schwierig sie ist.