Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"7 Tage in Havanna"
Stadt-Episodenfilme verkaufen sich gerne als Kurzurlaub für unter zehn Euro. Mit Benicio del Toro und anderen soll es nun für "7 Tage in Havanna" nach Kuba gehen. Weil es kapitalistische Verirrungen wie Gewerbegebiete, Bürojobs oder Supermärkte dort noch nicht zu geben scheint, machen die Leute den lieben langen karibischen Tag, was man sich auf dem Weg vom Bürojob zum Supermarkt als das "echte Leben" vorstellt: essen, reden, tanzen, streiten, singen und vögeln. Eine Mischung wie Eis, Limette, Cola und kubanischer Rum: Geht immer. Jan Füchtjohann
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Adieu Paris"
Jessica Schwarz und Hans-Werner Meyer pendeln zwischen Deutschland und Frankreich und suchen die Liebe bzw. das Glück. Eine ihrer Grundkonstellationen hat Franziska Buch bei einem alten Claude-Sautet-Film mit Romy Schneider geklaut - ansonsten klingen schlechte deutsche Fernsehdialoge leider auch auf Französisch zum Davonlaufen. Tobias Kniebe Im Bild: Jessica Schwarz als und Jean-Yves Berteloot als Jean-Jacques
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"An ihrer Stelle"
Die 18-jährige Shira aus einer ultra-orthodoxen Familie in Tel Aviv soll den Mann ihrer Schwester heiraten, die bei der Geburt des ersten Kindes gestorben ist - ein Konflikt zwischen den eigenen Wünschen und den Erwartungen ihrer Umwelt. Rama Burshtein erlaubt mit ihrem ersten, vielfach prämierten Film einen authentischen Einblick in das ansonsten streng abgeschirmte Leben der frommen Chassiden. Peter Münch Eine ausführliche SZ-Filmrezension lesen Sie hier. Im Bild: Hadas Yaron als Shira
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Ein Freitag in Barcelona"
Männergespräche mal ganz anders, trotzdem zum bewährten Thema: Frauen. Die sind weg oder haben Affären oder wollen Veränderung, und die Gefühle der Männer brechen sich Bahn durch die Floskeln alltäglicher Höflichkeit. Hilflosigkeit wird sichtbar, Komik auch. Mit verbaler Raffinesse und bester Besetzung zeigt der katalanische Regisseur Cesc Gay das traurige Ende des Machos. Doris Kuhn
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"The Call - Leg nicht auf!"
Stressige Kommunikationssituation, Casey (Abigail Breslin) steckt in einem Kofferraum, von einem Serienkiller dort platziert, aber per Mobilfon ist sie mit dem Polizeinotruf verbunden, Officer Jordan (Halle Berry), selber traumatisiert durch einen verpatzten Einsatz. Spannungsminimalismus von Brad Anderson, ganz pragmatisch kooperieren die zwei Frauen - bevor dann doch alles im scheußlichen Genre-Mischmasch endet: "It's already done". Fritz Göttler Neu im Kino: "The Call - Leg nicht auf!", "Die Unfassbaren - Now You See Me" und "We Steal Secrets - Die WikiLeaks Geschichte", kurz vorgestellt per Video. Im Bild: Michael Eklund als Michael, Halle Berry als Jordan Turner und Abigail Breslin als Casey
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Feu"
Christian Louboutin macht die Schuhe für die Tänzerinnen des legendären Pariser Crazy Horse - und gemeinsam mit dem Regisseur Bruno Hullin hat er nun einen Film über sie gedreht. Das ist trotz 3 D nicht so wie eine Liveshow, denn im Verlauf des Films werden die sonst auf Einheitslook gedrillten halb nackten Damen immer individueller. Und außerdem redet Louboutin live nicht dazwischen. Susan Vahabzadeh
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Das Glück der großen Dinge"
Die Mutter ist eine Rocklady, Julianne Moore, sie hängt gern mit ihren Jungs rum. Der Papa macht in Kunst, ist oft in Europa. Maisie, sechs Jahre alt, hat ein tolles Kinderzimmer und sehr wenig von ihren Eltern. Plötzlich ist die Scheidung da. Die Filmemacher Scott McGehee und David Siegel beschwören mit Licht und Farben eine Stimmung, in der alles möglich ist, eine neue Familie, ein neues Glück. Onata Aprile ist eine wunderbare Maisie, in deren Augen manchmal fernöstliche Weisheit funkelt. Fritz Göttler Im Bild: Julianne Moore als Susanne mit Onata Aprile als ihre Tocher Maise und Alexander Skarsgard als Lincoln
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Systemfehler - Wenn Inge tanzt"
Teeniekomödie um eine Punkrock-Schülerband namens "Systemfehler". Keine schlechte Musik: Deutschrock-Songs im Stil der Band Madsen. Das Highlight: Altrocker Peter Kraus in einer Nebenrolle als kauziger Ex-Schlagerstar. Ansonsten setzt Regisseur Wolfgang Groos alles daran, die Gags an den Haaren herbeizuziehen und die Story auf dem banalsten Hey-Alter-ist-das-geil-Niveau dümpeln zu lassen. Rainer Gansera Im Bild: Tino Mewes als Fabio, Tim Oliver Schultz als Max, Constantin von Jascheroff als Joscha und Thando Walbaum als Lukas
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Die Unfassbaren - Now You See Me"
Vier Zauberer ziehen durch die USA und versorgen das einfache Volk mit dem Geld raffgieriger Finanzhaie. Louis Leterrier mixt in seiner Actionkomödie Robin Hood-Sehnsucht mit moderner Krisenkonfusion und lässt ein achtköpfiges Starensemble aufeinander los. Nur findet er dann aus seiner eigenen Geschichte nicht mehr heraus und macht stattdessen den Zuschauer mit einer synapsenschädigenden Schnittfrequenz mürbe. David Steinitz Ein ausführliches Interview mit Schauspieler Jesse Eisenberg lesen Sie hier. Die SZ-Videorezension "Zoom - Die Kinopremieren" sehen Sie hier. Im Bild: Isla Fisher als Illusionskünstlerin Henley bei einem Entfesselungstrick
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Unplugged Leben: Guia Guia"
Zwei junge Straßenmusiker auf Deutschlandreise: Für seine Doku hat Sobo Swobodnik die Band Guaia Guaia, die keinen festen Wohnsitz hat und sich fast jeden Abend in einer anderen Stadt aufhält, zwei Jahre lang begleitet. Einerseits: Konzerte, Partys, weite Welt. Andererseits: Regen, Kälte, Bronchitis ohne Krankenversicherung. Ein schöner Film über die große Freiheit und ihre Grenzen. David Steinitz Im Bild: Elias Gottstein und Carl Luis Zielke
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"Vom Kiez zum Kap"
Zwei Roadmovies in einem Film - Joachim Bornemann erzählt parallel vom Aufstiegskampf des FC St. Pauli und der Reise zweier Pauli-Fans zur WM nach Südafrika. Die Dokumentarszenen aus Hamburg und Afrika wechseln sich ab, doch statt kontrastreich wirkt das zusammenhangslos - und erinnert eher an einen kruden Mix aus Sportschau und Reisetagebuch. Marina Brafa
Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche
"We Steal Secrets - Die WikiLeaks Geschichte"
Oscar-Preisträger Alex Gibney ("Taxi zur Hölle") erzählt die Story der Enthüllungsplattform - aus Wikileaks-Sicht "verzerrend" und "fehlerhaft". Tatsächlich macht Gibney materialreich das Beste daraus, dass seine Doku um zwei Abwesende kreist - Julian Assange, der sich einem Interview verweigerte, und den inhaftierten Whistleblower Bradley Manning, den eigentlichen Helden dieses Films. Nikolas Hofmann Neu im Kino: "The Call - Leg nicht auf!", "Die Unfassbaren - Now You See Me" und "We Steal Secrets - Die WikiLeaks Geschichte", kurz vorgestellt per Video. Im Bild: Julian Assange als Mitbegründer der Nachrichten Plattform