Im Kino: Brothers:Der Bruder in meinem Bett

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Im Zuge der aktuellen Natalie-Portman-Euphorie ist jetzt auch "Brothers" in den deutschen Kinos zu sehen: ein Familiendrama vor dem Hintergrund des Afghanistan-Kriegs. Doch die Oscar-Favoritin spielt enttäuschend farblos.

Matthias Waha

Als sich Tommy (Jake Gyllenhaal) und Grace (Natalie Portman) vor dem Kaminfeuer küssen, glauben sie, Sam - sein Bruder, ihr Ehemann - sei in Afghanistan bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Die Beerdigung liegt bereits mehrere Wochen zurück. Ein kurzer Gefühlssturm aus Trauer, Einsamkeit und Zuneigung lässt sie die Regeln brechen. Verschämt gehen die beiden auseinander.

Soldat Sam (Tobey Maguire) wird bei seiner Rückkehr aus Afghanistan von seiner Frau Grace (Natalie Portman) empfangen - doch nichts ist, wie es vorher war. (Foto: dpa)

Ein Ausrutscher? Daran kann Sam (Tobey Maguire) nicht glauben, als er, aus der Gefangenschaft der Taliban befreit, traumatisiert heimkehrt und sieht, wie seine Töchter ihren Daddy gar nicht zurückhaben wollen.

Der heimkehrende Odysseus prüfte Penelope im Geheimen. Sam stattdessen haut die neue Küche kurz und klein, die Tommy in Trauerarbeit für Grace gebaut hat. Er zerstört, um das greifbare Symbol des Eindringens zu beseitigen. Er wütet aber auch, weil sich hinter seiner Eifersucht viel mehr verbirgt, als er preisgibt. Man sieht Sam den Krieg an, er ist abgemagert, bleich, die Augen sind tief in die Höhlen gesunken.

Im Zuge der aktuellen Natalie-Portman-Euphorie im Gefolge von "Black Swan" ist jetzt auch "Brothers" in den deutschen Kinos zu sehen. Der Film lief bereits 2009 mit einigem Erfolg in den USA und ist, wie es dem gängigen Hollywood-Modus entspricht, das Remake eines europäischen Films, "Brødre" aus Dänemark.

Die Oscar-Favoritin Portman agiert hier jedoch enttäuschend farblos, es gelingt ihr nicht, die Aspekte ihrer Rolle - trauernde Ehefrau, liebende Mutter, erotische Schwägerin - wirklich zu verbinden. Aber sie ist auch nur das Bindeglied, an dem sich ein traditionsreicher Stoff entzündet, der Konflikt zwischen zwei ungleichen Brüdern. Die Szenen in Afghanistan sind da nur Beiwerk, patriotisch und einseitig. Auf die Frage, wer denn die Bösen seien, die Papa erschießen geht, antwortet die Tochter zu Beginn: "Die Männer mit den Bärten." Mehr Differenzierung wird auch von Regisseur Jim Sheridan nicht angestrebt.

Man muss nicht Kain und Abel herbeizitieren, um dieses Familiendrama zu charakterisieren, auch wenn Morddrohungen im Raum stehen. Denn "Brothers" ist als spannungsvoller Chiasmus konstruiert. Aus dem Hallodri und Knastbruder wird ein liebevoller Vater- und Ehemannersatz, aus dem Vorzeigesohn ein Gefangener, dann ein emotionales Wrack.

Doch die amerikanische Gewissheit, dass sich jeder ändern kann, solange er nur will, gilt auch für Sam, obwohl ihm durch physische und psychische Gewalt gewissermaßen eine Veränderung aufoktroyiert wurde. Nun gilt es, den Kampf zuhause weiterzuführen, den schwierigeren Kampf, den mit seinem Bruder und mit sich selbst. Gewinner wird es nicht geben.

Regie: Jim Sheridan. Buch: David Benioff. Kamera: Frederick Elmes. Mit: Natalie Portman, Jake Gyllenhaal, Tobey Maguire. Koch Media, 104 Minuten.

© SZ vom 01.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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