Klick! Es ist eine unschuldige Geste, die alles bedeuten und auslösen kann. Das dünne, dunkelhaarige Mädchen blickt für eine Sekunde auf den Bildschirm, hebt dann die Hände und lässt sie auf die Tastatur ihres Laptops fallen, wo die Finger einen leichtfüßigen, beschwörenden Tanz beginnen.
Lisbeth Salander (Noomi Rapace) ist eine geniale Hackerin - doch wie zeigt man solche Fähigkeiten im Bewegtbild?
(Foto: Filmverleih)Lisbeth Salander sieht mit ihren traurigen Kajalaugen und der scharfen Kurzhaarfrisur aus wie ein sogenannter ganz normaler Teenager. Und die verbringen ja bekanntlich zu viel Zeit vor dem Computer.
Salander, das wissen die Millionen Leser der Stieg-Larsson-Romane, ist allerdings nicht in sozialen Netzwerken unterwegs - schon deshalb nicht, weil sie ein grundsätzlich asoziales Wesen ist. Sie benutzt den Computer als Werkzeug ihrer Rache an der Welt - um geheime Datenbanken zu knacken, Millionen im globalen Geldverkehr zu verschieben und die Existenzen von mächtigen Männern zu zerstören, die es nicht anders verdient haben. Sie beherrscht ihren Computer, schreibt Larsson, "als stünde sie mit dem Teufel im Bunde".
Grundsätzlich asoziales Wesen
Die "Millennium"-Trilogie ist einer der ersten Blockbuster-Texte, in dem der Hacker nicht nur als spleenige Nebenfigur auftaucht oder als zuweilen hilfreicher Sidekick. Lisbeth Salander ist die unbestrittene Protagonistin und Sympathieträgerin des ganzen Franchise - die passende Figur für eine Zeit, in der man ständig Schlagzeilen in der Zeitung findet wie "Chinesische Hacker attackieren Google" oder "Hacker aus Berlin findet Sicherheitslücken im Mobilfunknetz".
Im 21. Jahrhundert werden Briefverkehr, Banking und soziale Beziehungen über Glasfaserkabel und Wifi-Sphären abgewickelt. Die Welt ist eine Aggregation von Informationen, von denen manche verschlüsselt sind und viele chaotisch erscheinen - die aber allesamt Interpretation erfordern. Und wer sollte diese Last symbolisch tragen - wenn nicht die neuen Hacker-Helden?
Andererseits sind die Momente im Film, in denen Lisbeth Salander am Computer sitzt, natürlich trotzdem ihre schwächsten Momente. Das gilt auch für den dritten Teil, "Vergebung" von Daniel Alfredson, der nächste Woche in Deutschland startet. Sie kämpft, bricht ein, stiehlt - aber sie bewegt sich nicht. Die Kamera umkreist das geheimnisvolle, dunkle Mädchen - und findet doch keine passenden Bilder für seine zentralen Fähigkeiten. Wenn Salander inzwischen eine der berühmtesten Frauenfiguren der Gegenwart ist, dann eher wegen ihrer mangainspirierten Martial-Arts-Künste, ihres völlig von Romantik entkoppelten Sexhungers und ihrer eindrucksvoll zorngetriebenen Missbrauchsbiographie.
Lesen Sie weiter auf Seite 2, warum Hacker immer jung und ahnungslos sein müssen.