Geburtstags-Ausstellung in Berlin:"Angela Merkel ist sehr fotogen"

Staatstragende Fotos der Kanzlerin bekommt die Öffentlichkeit im Kennedy-Museum in Berlin präsentiert. Ausgerechnet eine SPD-Frau eröffnet die Ausstellung "60 Jahre - 60 Bilder". Sie findet nur lobende Worte. Was ist da los?

Von Ruth Schneeberger, Berlin

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(Foto: © Daniel Biskup)

Staatstragende Fotos der Kanzlerin werden im Kennedy-Museum in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert. Eröffnet wird die Ausstellung "60 Jahre - 60 Bilder" ausgerechnet von einer SPD-Frau, die nur lobende Worte findet. Was ist da los? Schon der Titel der Ausstellung "60 Jahre - 60 Bilder" ist leicht missverständlich. Gezeigt werden nämlich nicht Bilder aus 60 Jahren Merkel, sondern aus 20 Jahren Merkel in der Politik, aus Anlass ihres 60. Geburtstags. Hier also: Angela Merkel auf den Stufen, die die Macht bedeuten.

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(Foto: Daniel Biskup)

Am liebsten: Angela Merkel mit anderen Machtmenschen. Hier zum Beispiel mit Barack Obama im Weißen Haus (im Hintergrund lächelt ihr Gatte Joachim Sauer).

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(Foto: © Daniel Biskup)

Angela Merkel mit Papst Benedikt XVI. bei dessen Besuch in München. Alles strahlt.

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(Foto: © Daniel Biskup)

Und immer wieder: Angela Merkel mit Helmut Kohl, ihrem väterlichen Vor-Vorgänger. Was wollen uns diese Bilder sagen? Dass wir eine Kanzlerin haben, die bei jeder Gelegenheit fotografiert wird? Dass der Fotograf (alle Bilder stammen von Daniel Biskup) ganz oft dabei war, wenn Merkel offizielle Termine hatte? Dass sie für ihn lächelt? Dass sogar Kohl lächelt, wenn Angela Merkel und Daniel Biskup dabei sind, obwohl das Verhältnis zwischen dem langjährigen CDU-Kanzler und seinem ehemaligen "Mädchen" manchmal etwas angespannt gewesen sein dürfte?

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(Foto: © Daniel Biskup)

Um eines vorweg zu nehmen: Der Fotograf Daniel Biskup, 51, scheint ein sehr freundlicher Mensch zu sein. Zur Eröffnung seiner Ausstellung "60 Jahre - 60 Bilder" im Kennedy-Museum, das eine Etage in der ehemaligen jüdischen Mädchenschule in der Auguststraße in Berlin einnimmt, strahlt er wie ein Honigkuchenpferd, seine Eröffnungsrede ist dankbar kurz. Er wolle nur so lange reden wie er normalerweise Zeit für einen Fototermin bei der Kanzlerin habe (früher drei, heute zwei Minuten), das reicht dann, um zu sagen, dass Angela Merkel "sehr fotogen" sei, und einer der wenigen Menschen, die auch mit den Augen lachen könnten, was sie auf Bildern sehr sympathisch und menschlich mache (im Bild: im Bundeskanzleramt).

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(Foto: © Daniel Biskup)

Das stimmt zwar nicht ganz. Die meisten Menschen können auch mit den Augen lachen. Nur tun sie es meist dann nicht, wenn sie es nicht so meinen. Dann lacht nur der Mund - und die Augen verraten auf dem Foto oder dem Gegenüber, wie die Stimmung wirklich ist. Dass die Bundeskanzlerin auf Biskups Fotos also oft auch mit den Augen lächelt, liegt vielleicht auch ein bisschen daran, dass sie ihn, wie viele Besucher der Ausstellung an diesem Mittwoch Abend, "sehr sympathisch" findet. Auch Biskup lächelt mit den Augen. Er meint es also auch so.

Der zweite Aspekt: Der Pressefotograf, der unter anderem auch Kriegsgebiete fotografiert, hat Merkel fotografisch begleitet, seit ihre politische Karriere Fahrt aufnahm. Und zwar meist zu Gelegenheiten, die für sie angenehm waren. Wie hier etwa bei ihrer Wahl zur Bundeskanzlerin, 2005.

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(Foto: Daniel Biskup)

Ob nun zu Besuch bei oder im Gespräch mit anderen großen Staatenlenkern, die freundlich lächeln (im Bild: Michail Gorbatschow), ...

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(Foto: © Daniel Biskup)

... oder bei ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden der CDU (2000). Klar, dass man da freudig strahlt.

Der dritte Aspekt: Daniel Biskup verrät, wie man ein gutes Bild der Kanzlerin mache. Man dürfe nicht lange stören und müsse dann schnell wieder weg sein. Offenbar kann er das gut (im Bild: mit Vorgänger Gerhard Schröder vor seinem Porträt von Jörg Immendorf mit der Witwe des Künstlers, Oda Jaune, links).

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(Foto: © Daniel Biskup)

Es gibt aber auch Bilder in dieser Ausstellung, auf denen die Bundeskanzlerin gar nicht freundlich lächelt. Auch nicht mit den Augen. Hier zum Beispiel, zu Besuch in Grönland, wirkt sie heroisch, den Naturgewalten trotzend. Es gibt auch ein Bild von ihr und Sigmar Gabriel in Grönland, beide in diesen roten Schutzjacken. Das sieht nun gar nicht nach fröhlichem Familienausflug mit "Mutti" aus, sondern angestrengt. Und das soll es wohl auch. Die Herrschaften sind ja nicht zum Spaß da.

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(Foto: © Daniel Biskup)

Auch dieses Bild, auf einer Wahlkampfveranstaltung mit Helmut Kohl aufgenommen, zeugt eher von Machtwillen, von grauer Eminenz, von Durchsetzungskraft, auch ihrem einstigen politischen Ziehvater gegenüber. Es zeugt vom Entscheidungswillen der Angela Merkel, die eben nicht immer darauf erpicht ist, von allen sympathisch gefunden zu werden. Hier lachen überhaupt keine Augen - im Gegenteil.

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(Foto: © Daniel Biskup)

Hier jedoch, zusammen mit Kohl im Bundeskanzleramt, scheint wieder alles in Ordnung zu sein, zumindest für Merkel. Und so sind eben auch die meisten Bilder in dieser Ausstellung: Merkel lächelt an der Seite anderer Politiker, ...

.. oder auch gerne alleine (vor Adenauer-Porträt). Kritik ist zu diesem Anlass, dem Kanzlerinnengeburtstag, nicht vorgesehen. Nicht mal von einer ehemaligen politischen Gegnerin, der ehemaligen Juso-Vorsitzenden und jetzigen Arbeitsministerin und SPD-Frau Andrea Nahles, die die Ausstellung am Mittwochabend eröffnet. Sie sei erfreut, sagt sie, dass sie auf diesen Bildern jene Angela Merkel wiederfinde, die sie in den vergangenen Monaten als Mitglied der großen Koalition auch so kennen gelernt habe. Merkel habe es ihr leicht gemacht, in der Regierung anzukommen, ohne große Gesten und Machtgehabe. Das kenne sie von anderen aus dieser männlich geprägten Branche ganz anders. Und da ist es wieder, das Wort: Merkel sei diesbezüglich "sehr sympathisch". Biskup gelinge es, in seinen Porträts "die Grenze zwischen Person und Funktion" aufzubrechen, so Nahles. "Er hat einen Blick für das Menschliche." Nähe sei gerade bei Politikerfotos oft nur eine inszenierte Nähe - nicht so bei Daniel Biskup. Wie viel Nähe zur Macht allerdings bei Pressefotografen wie auch anderen Pressevertretern wirklich gesund ist, das zeigt nicht nur die aktuelle Diskussion um singende Journalisten in der Nacht. Sondern auch diese Ausstellung - die im Endeffekt eine Ausstellung für Merkel-Fans ist. Haus- und Hoffotografen gibt es seit jeher. Aber dass ihre Zeit wieder da ist, das war vielleicht noch nicht jedem klar. "Angela Merkel: 60 Jahre - 60 Bilder", Sonderausstellung vom 17. Juli bis 17. August, Museum "The Kennedys", Auguststr. 11-13, 101117 Berlin. Geöffnet dienstags bis sonntags von 11 bis 19 Uhr, Eintritt: 5 Euro. Weitere Infos hier.

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