Echo-Verleihung 2017:Die unendliche Wurschtigkeit des deutschen Pop

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Echo 2017 - Verleihung

Echo- Verleihung 2017: Die Sänger Sasha (r) und Xavier Naidoo moderieren am 06.04.2017 in Berlin die 26. Verleihung des Deutschen Musikpreises Echo.

(Foto: Rainer Jensen/dpa)

Durch neue Regeln sollte der Echo endlich ein relevanter Musikpreis werden. Aber statt alte Probleme zu lösen, hat er sich neue geschaffen.

Von Julian Dörr

Eigentlich ist auch dieser Text schon wieder zu viel der Aufmerksamkeit für eine Veranstaltung, die sich deutscher Musikpreis nennt, aber gerne so relevant wäre wie die amerikanischen Grammys. Diese goldrobenglitzernde Veranstaltung, in der auch in diesem Jahr wieder schwarze Musiker in Nischenkategorien marginalisiert wurden. In Deutschland hätte man gern solche Probleme. Aber man hat nur den Echo.

In Berlin wurde am Donnerstag der wichtigste deutsche Musikpreis verliehen. Udo Lindenberg hat ihn gewonnen ("Album des Jahres", "Künstler Pop National"), Ina Müller ("Künstlerin Pop National") und AnnenMayKantereit ("Newcomer National", "Band Pop National"). Xavier Naidoo und Sasha haben moderiert. Und ein Lied gesungen für die verstorbenen Stars des vergangenen Jahres.

Alles egal

Aber das ist alles egal. Weil die deutsche Popkultur egal ist. Das ist hart, aber man muss es so sagen, weil den Deutschen ihre Popkultur nicht wichtig ist. Deshalb hat auch dieser Text wieder seine Daseinsberechtigung, obwohl er sich ohne Zweifel einreiht in das beliebte Hau-den-Echo-Spiel, in dem sich die intellektuelle Medienblase diese Landes gerne alljährlich misst. Jan Böhmermann hat dieses Spiel seinem Song "Menschen Leben Tanzen Welt" für den Echo 2018 durchgespielt. Er ließ den Text von fünf Gelsenkirchener Schimpansen zusammenstellen und hofft nun, sie werden im kommenden Jahr ausgezeichnet. Aber zurück zum Echo. Der Popkritiker, um es mal mit den Worten des viel zu früh verstorbenen Autors Martin Büsser zu sagen, muss Scheiße auch als Scheiße benennen - sonst ist seine Arbeit überflüssig geworden.

Die Kritik am Echo war in den vergangenen Jahren verheerend geworden. Bei der ARD wollte man den Musikpreis nicht mehr. "Erschöpft und müde" sei der Echo geworden, sagte ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber im vergangenen Jahr. Eine Echo-Reform musste her. Daraus könnte ja etwas werden, dachte man kurz. Wurde es dann aber doch nicht.

Viel ist neu in diesem Jahr, auch der Sendeplatz. Aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist der Echo in den Freitagabend zum Privatsender Vox abgewandert. Man kann auch sagen: abgerutscht. Außerdem wurde der Echo zwar am Donnerstagabend verliehen und aufgezeichnet, im Fernsehen wird er aber erst am Freitagabend ausgestrahlt. Vielleicht um etwaige Holprigkeiten und Anflüge von Spontaneität nachträglich ausbügeln zu können. Die wichtigsten Neuerungen aber betreffen den Preis selbst.

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