Der Grazer Dramatiker Wolfgang Bauer (1941-2005) hat sein erstes abendfüllendes Stück verlegt - und zwar im Sinne von verschmissen. Das 1962 geschriebene Drama "Der Rüssel" galt als verschollen, ehe es 2015 im Nachlass eines Komponisten entdeckt wurde. Bauer, der mit coolen, bösen Künstlerdramen wie "Magic Afternoon" und "Change" um 1970 zum Bühnen-Popstar wurde, kommt vom absurden Theater. Auch "Der Rüssel" liest sich, als hätte sich Ionesco an einem Bauerndrama versucht. Im fiktiven Bergdorf Rupertihausen beschwört der junge Florian allein mit der Kraft seiner Gedanken afrikanische Verhältnisse herauf: Flora und Fauna spielen verrückt, es gedeihen Palmen, Bananen und Riesenschnecken, ein Elefant wird wie der Messias empfangen. Die Dorfbewohner erhoffen sich von dem tropischen Treiben wirtschaftlichen Aufschwung; der Pfarrer aber, dem das heidnische Treiben suspekt ist, erschießt den Elefanten. Daraufhin ist der Zauber abrupt vorüber, Florian tötet aus Rache den Pfarrer und wird vom empörten Mob gelyncht.
"Der Rüssel" am Wiener Akademietheater:Ein Elefant verspätet sich
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Christian Stückl hat in Wien "Der Rüssel" inszeniert, das erste Stück des Dramatikers Wolfgang Bauer. Es war jahrzehntelang verschollen.
Von Wolfgang Kralicek
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