Architekt Chipperfield baut neues Museum in Athen:Blick ins Allerheiligste

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Expansion in den Untergrund: Entwurf für die Erweiterung des Archäologischen Nationalmuseums. (Foto: Filippo Bolognese Images)

David Chipperfield gewinnt mit seinem Entwurf für den Erweiterungsbau des Archäologischen Nationalmuseums in Athen.

Von Christiane Schlötzer

Athen lässt Architektenherzen höherschlagen. Der Brite David Chipperfield ist da keine Ausnahme. Nach Jahren zwischen Schinkel und Stüler auf der Berliner Museumsinsel baut Chipperfield nun im Angesicht des antiken Originals. Chipperfields Entwurf für einen Erweiterungsbau des Archäologischen Nationalmuseums in Athen gewann gegen neun renommierte Konkurrenten, darunter Herzog & de Meuron und Rem Koolhaas, die einhellige Zustimmung einer von der griechischen Regierung initiierten international besetzten Expertenjury. Bei der Vorstellung seiner Pläne in Athen zeigte Chipperfield, dass auch er nicht am klassischen Vorbild vorbeikommt.

Bescheiden baut der Brite diesmal unter der Erde, zwei Stockwerke tief. Das Museum mit seinen enormen Beständen bekommt bedeutend mehr Raum und ein einladendes transparentes Entrée zur Straße hin, einer der unwirtlichsten Athener Autoschneisen. Ein Park über dem in die Erde versenkten Neubau soll ein innerstädtisches Arkadien schaffen. Der beteiligte belgische Landschaftsarchitekt Peter Wirtz sieht darin eine Fortsetzung "der romantischen philhellenischen Idee einer urbanen Landschaft". Chipperfield nennt den Park auch eine Notwendigkeit angesichts des Klimawandels. Die Architektur habe auf diese Herausforderung bisher "zu langsam reagiert, nun haben wir keine andere Wahl mehr", sagte er in Athen. "Wir können auch keinen Marmor mehr aus China holen." Ein Teil des Neubaus soll aus Lehm entstehen, passend für Wände mit Struktur. Das natürliche Material ist in Griechenland reichlich vorhanden.

Regierungschef Kyriakos Mitsotakis nannte die Modernisierung des bedeutenden griechischen Museums "einen lang gehegten Traum". Zu den Kosten sagte er bei der Präsentation der Pläne nichts, nur dass man auch auf "private Spenden" hoffe. Den Anfang machte bereits die Stiftung der Reeder-Familie Lemos. Die Gäste der Veranstaltung mussten sich am Mittwochabend den Weg durch eine Polizeikette bahnen, da vor dem Museum streikende Archäologen demonstrierten. Ihr Protest gilt einem neuen Gesetz der konservativen Regierung, die in wenigen Wochen vor Wahlen steht. Es legt den größten griechischen Museen die Pflicht auf, eigene Finanzquellen, also auch Spenden, zu erschließen, erleichtert Leihgaben ins Ausland und gibt der Regierung mehr Zugriff auf die Museumsleitungen.

Während der Bauarbeiten soll das Museum, das meistbesuchte Griechenlands, geöffnet bleiben. Erbaut wurde es 1866 bis 1874, nach Plänen der deutschen Architekten Ludwig Lange und Ernst Ziller. Der griechische König Otto, ein Sohn des bayerischen Hellas-Schwärmers Ludwig I., hatte die erste Ausschreibung veranlasst. Die Symmetrie des Museumstempels nimmt auch Chipperfield auf. Aber er öffnet den Blick ins Allerheiligste. Das ist das Bestechende an diesem neuen Haus für die alte Kunst.

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