"Das Versprechen eines Lebens" im Kino:Russell Crowe verhebt sich

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Trügerisch schön: Joshua (Russell Crowe) kommt nach Gallipoli, wo nicht weit entfernt vom malerischen Strand hunderttausend tote Soldaten liegen. (Foto: dpa)

Soldaten sind auf dem heimischen Sofa am besten aufgehoben: Russell Crowe will ein Epos über den Ersten Weltkrieg schaffen. Das Werk gerät arg naiv.

Von Susan Vahabzadeh

Die erste Szene ist in der Tat ein Versprechen, denn eigentlich müsste es das, was der australische Farmer Joshua da macht, schon vielfach als Filmszene geben- gibt es aber nicht. Er baut einen Brunnen, ganz konzentriert, rammt Äste in die Wände des Schachts, den er aushebt, steigt immer tiefer hinein. Das ist schlicht, aber ganz schön, und irgendwie originell - so beginnt Russell Crowe, der den Farmer Joshua auch spielt, seine erste Regiearbeit.

"Das Versprechen eines Lebens" heißt der Film, "The Water Diviner" im Original, Joshua hat eine Begabung für die Wünschelrute und das Aufspüren von Wasser. Es ist 1919, und als Joshua zurück ins Haus geht und seine Frau ihm erzählt, dass er seinen Söhnen ,Gute Nacht' sagen soll, sieht man in seinem Gesicht, dass in dem Zimmer keine Söhne mehr sind. Alle drei sind als Soldaten zur selben Einheit gegangen und aus Gallipoli nicht zurückgekehrt. Und als seine Frau sich bald darauf das Leben nimmt, fährt Joshua in die Türkei, die gerade entsteht aus den Überresten des Osmanischen Reichs. Er hat versprochen, die Kinder heimzuholen, dazu muss er sie finden. Er fährt allein an die Küste und stößt schließlich zu der Mannschaft, die versucht, Tausende und Abertausende Leichen auszugraben und halbwegs zuzuordnen - die Gefallenen jener berühmten Niederlage auf der Gallipoli-Halbinsel 1915, in der die Alliierten vor allem australische Divisionen verheizten.

Am besten geraten ist Crowe die Männerfreundschaft zu einem türkischen Major

Es sind ein paar schöne Szenen dabei, und einige sehr bewegende - Joshua findet tatsächlich die Stelle, an der die Jungen in den Kugelhagel geraten sind, und das, was sich dann abspielt, als Rückblende oder in seiner Vorstellung, wie man es nimmt, ist eine qualvolle Sequenz, in der das Wimmern der Sterbenden auf dem Schlachtfeld immer leiser wird. Das ist kaum auszuhalten - und genau so sollte eine solche Szene auch sein. Insgesamt verstrickt sich Crowe dann aber ein wenig in eine Liebesgeschichte, im Hin und Her zwischen Erinnerung und Gegenwart, im Übersinnlichen. Er setzt an zum ganz großen Epos über den Ersten Weltkrieg - und da verhebt er sich ein wenig; auch David Lean hat mal klein angefangen. Am schönsten geraten ist Crowe dabei eine Männerfreundschaft, die spontane Solidarität, die Major Hasan empfindet, der einer der türkischen Befehlshaber war bei der Schlacht von Gallipoli, und der nun von Vater zu Vater Verständnis dafür hat, dass man diesem Mann, den außer dem Versprechen nichts mehr am Leben hält, helfen muss bei seiner Mission.

Der Film ist Russell Crowe in den USA, merkwürdigerweise aber nicht daheim in Australien um die Ohren gehauen worden - weniger der dramaturgischen Unordnung wegen, sondern wegen historischer Einordnungen, die bei einem türkischen Regisseur nicht sehr überraschend wären, die man aber von Russell Crowe nicht erwarten würde. Der wichtigste Punkt dabei ist, dass "The Water Diviner" ja nicht nur zum Jahrestag der Schlacht im April ins Kino kam, der in Australien immer noch Gedenktag ist, sondern sich da auch der Genozid an den Armeniern jährte. Und den im Film einfach gar nicht zu erwähnen, war wirklich keine sehr weise Entscheidung.

Was aber nun die politischen Implikationen, die ihm da unterstellt wurden, angeht - da geht es schon um prinzipielle Fragen: Muss jede Figur immer gleich allgemeingültig sein, für ihre Nationalität einstehen? Hasan ist eine positiv besetzte Figur - aber steht er gleich für die ganze Türkei ein? Heißt Crowe den Völkermord der Türken an den Armeniern gut, nur weil er einen positiven türkischen Charakter zeichnet? Da gingen manche Kritiker in den USA vielleicht ein bisschen zu weit; eigentlich hält sich "Das Versprechen eines Lebens" mit politischen Einordnungen zurück. Es geht Crowe eher um eine grundsätzliche Haltung: dass diese australischen Jungs in diesem Krieg gar nichts verloren hatten, ach, dass überhaupt alle Soldaten unbewaffnet auf dem heimischen Sofa am besten aufgehoben wären. Das ist vielleicht naiv. Unehrenhaft ist es nicht.

The Water Diviner, AUS/Türkei 2014. Regie: Russell Crowe. Buch: Andrew Anastasios, Andrew Knight. Kamera: Andrew Lesnie. Mit Russell Crowe, Olga Kurylenko, Yilmaz Erdoğan. Universal, 111 Min.

© SZ vom 07.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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