Das ist schön:Im Rollstuhl zum Konzert

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Das Prinze ist nun leichter zu erreichen - viele andere Kulturorte sind es nicht

Von Christiane Lutz

Am Prinzregententheater durchschnitten ein paar Menschen diese Woche feierlich ein Band, das den Zugang zu einem neuen Fahrstuhl öffnete. Feierlich deshalb, weil es ein ganz schöner Akt war, diesen Fahrstuhl zu bauen. Seit vielen Jahren plant das Theater den Lift schon: Erst ging das nicht wegen Denkmalschutz, dann suchte man die richtige Stelle für den Lift (an der Westseite, nicht beim Haupteingang). Dann musste nur noch die Behindertentoilette versetzt, die Garderobe verkleinert und die Hauptheizungsleitung umverlegt werden. Doch nun: Hurra!

Dass das Ganze überhaupt mit Sekt begossen werden will, liegt daran, dass Rollstuhlfahrer immer noch nicht selbstverständlich und unkompliziert in Theater und Museen gelangen. Ein paar Beschwerlichkeiten aus München: Bei den Kammerspielen kommen Rollstuhlfahrer nicht an die Abendkasse, da ist eine Stufe. Bei der Staatsoper ebenfalls nicht. Am Residenztheater gibt es zwar eine Rampe, die ist aber in so mittelprächtigem Zustand, dass sie nicht ganz geschmeidig befahren werden kann. Zur "Schönen Aussicht" in den ersten Stock gibt es gar kein Hinkommen. Und der Gasteig, Europas größtes Kulturzentrum, ist für Rollstuhlfahrer, die mit der Bahn kommen, nur über den falschen, den oberen Ausgang der Rosenheimer Straße erreichbar. Dafür ist zwar nicht der Gasteig direkt zuständig, aber ehrlich: Kann das nicht mal jemand in die Hand nehmen?

Max Dorner, Banddurchschneider vom Prinzregententheater, Autor und Rollstuhlfahrer mit langjähriger Kulturerfahrung, sagt: "Man muss schon abenteuerlustig sein und improvisieren können, um in die Theater zu kommen." Ein Fallstricklein hier, eine versteckter Hintereingang dort, nur vier Rollstuhlplätze in der Oper und somit kaum die Gelegenheit, eine Karte zu ergattern. Er versucht, das Elend mit Humor zu nehmen und fotografiert seit Jahren die regelmäßig kaputten Lifte der MVG. Eine Ausstellung ist in Planung.

Es ist ja gut, dass städtische und staatliche Institutionen sich redlich mühen, Barrierefreiheit zu bieten und gleichzeitig Brandschutz und Denkmalschutz und sonstig Schützenswertes zu gewährleisten. Jedoch geht das nicht schnell genug, es bleibt viel zu viel zu tun, und jeder Rollstuhlfahrer, dessen Theaterbesuch an einem kaputten Lift scheitert, ist einer zu viel. "Ich hoffe ich kann viele solche Bänder durchschneiden", sagt Dorner. Das wäre schön.

© SZ vom 14.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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