Musical-Adaption "Cyrano" im Kino:Dichter der Herzen

Lesezeit: 2 min

Haley Bennett als Roxanne und Peter Dinklage als Cyrano vor der Kulisse des sizilianischen Noto. (Foto: Peter Mountain/Universal)

Joe Wrights "Cyrano" ist eine Musical-Adaption des Theaterklassikers um den großnasigen Cyrano de Bergerac - hier gespielt vom kleinwüchsigen "Game of Thrones"-Star Peter Dinklage.

Von Anke Sterneborg

Ganz weich und fließend gestalten sich hier die Übergänge. Vom Sprechen zum Singen, vom Leben zur Kunst, von alltäglichen Arbeitsabläufen zur mitreißenden Tanzchoreografie. Mit größter Selbstverständlichkeit und zugleich tänzerischer Eleganz nimmt die Kamera die Arbeitsabläufe in der Bäckerei auf, das Kneten und Formen des Teigs, das Backen und Sortieren der Brotlaibe, während das Gespräch am Tresen völlig ungekünstelt in Gesang übergeht. So funktioniert Joe Wrights "Cyrano", eine Musical-Adaption des Theaterklassikers von Edmond Rostand um den großnasigen Dichter der Herzen, Cyrano de Bergerac. Die Schauspieler haben live am Set gesungen, nicht hundertprozentig perfekt, dafür umso wahrhaftiger.

In Wrights Filmen herrscht immer ein Spannungsverhältnis zwischen der Kunst und dem Leben, dem Märchen und der Wirklichkeit, der Überhöhung und dem Alltäglichen. Zusammen mit seinen Stammteam, vom Kameramann Seamus McGarvey bis zur Kostümdesignerin Jacqueline Durran, kreiert er auch hier wieder einen Bilderrausch aus Farben, Formen und Bewegungen, in dem die Helden Cyrano de Bergerac, Roxanne und Christian immer zugleich märchenhafter und moderner wirken als im Versdrama von 1897.

YouTube

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Schon viele Male wurde das Stück verfilmt, unter anderem mit José Ferrer und Gérard Depardieu in der Titelrolle, und vor einigen Jahren gab es eine deutsche Verfilmung mit dem Titel "Das schönste Mädchen der Welt" als Mobbing-Story auf einer Klassenfahrt. Jetzt wagt Joe Wright eine Neuinterpretation des Stoffes, der ihn schon als scheuen, ängstlichen Teenager mit Lese- und Schreib-Lernschwäche besonders berührt hat. Grundlage seiner Neuinterpretation von Cyrano de Bergerac ist die Musicalbearbeitung von Erica Schmidt, die als Ehefrau des kleinwüchsigen "Game of Thrones"-Stars Peter Dinklage gleich ihren Mann als Cyrano mitbrachte.

Es geht um das universale Gefühl, manchmal nicht liebenswert zu sein

Gemeinsam gibt das Trio von Drehbuchautorin, Hauptdarsteller und Regisseur dem luftigen Spiel der Verwechslungen um zwei Männer, die in der symbiotischen Verbindung von stattlichem Körper und poetischem Geist um dieselbe Frau werben, neue Tiefe, Universalität und Frische. Sie kappen die alberne Nase, die einem attraktiven Schauspieler sonst als theatralische Make-up-Prothese angepappt wird, ersetzen sie aber auch nicht einfach durch Kleinwüchsigkeit, wie Peter Dinklage betont: Viel universeller gehe es um jeden Menschen, der sich, aus welchen Gründen auch immer, einmal nicht liebenswert gefühlt hat. Das spürt man in jedem Moment in der Intensität seines Spiels.

Das sizilianische Barockstädtchen Noto als Schauplatz ist ein Weltkulturerbetraum, in dessen Kalktuffsteinbauten die Wirklichkeit zur Bühne wird und die Realität der Szenerien fließend in die Künstlichkeit des Musicals übergeht. Joe Wright zelebriert die Kunst des Schreibens, den Schwung einer Federspitze, die Tintenspuren, die sich zu Worten und Sätzen fügen, das Papier, das malerisch schwerelos durch den Raum flattert oder von zarter Hand gerückt wird. Vor allem aber ist "Cyrano" eine Hommage an die Künste und die Kreativität, an die Poesie der Liebe, an Verkleidung und die Illusion, angefangen schon mit der großen Eröffnungsszene im Theater, dem Joe Wright durch seine Kindheit im Puppentheater der Eltern besonders verbunden ist. Als kleine Hommage an diese Welt der Wunder, die ihn bis heute inspiriert, sind ganz kurz zwei von seinem Vater gefertigte Holzmarionetten zu sehen.

Cyrano , GB, Kanada, USA, 2021 Regie: Joe Wright. Buch: Edmond Rostand, Erica Schmidt. Kamera: Seamus McGarvey. Mit: Peter Dinklage, Haley Bennett, Kelvin Harrison Jr., Ben Mendelsohn. Verleih: Universal Pictures Germany, 124 Minuten. Filmstart: 3. März 2022

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: