Cornelius Dornier:"Ein technischer Beruf ist richtig sexy"

Lesezeit: 11 min

Flugzeugbauer Claude Dornier hinterließ seinem Enkel tiefe Fußstapfen: Cornelius Dornier über Pioniere, Ferrari-Wetten und Steve Jobs.

Harald Hordych

Sein Großvater war einer der berühmtesten Luftfahrtpioniere des 20. Jahrhunderts: Claude Dorniers Flugboote wie der Dornier Wal oder die "Do X", das kurzzeitig größte Passagier-Flugzeug der Welt, sind legendär. Cornelius Dornier hat den Bau des neuen Dornier-Museums in Friedrichshafen verantwortet. Ob "Do 228" oder "Do 335" oder "Do 27" - Cornelius Dornier kennt jeden der fast hundert Typen. Er war lange in der Werbung, aber was das Wissen über Dornier angeht, ist er nie von zu Hause weg gewesen. SZ: Herr Dornier, gab es Zeiten, in denen Sie Meier oder Müller heißen wollten?

Cornelius Dornier, Enkel des Firmengründers Claude Dornier und Projektleiter des Dornier-Museums, vor einem alten Aufklärungsflugzeug der Bundeswehr auf dem Gelände des Dornier-Museums in Friedrichshafen. (Foto: Foto: ddp)

Cornelius Dornier: Ja. Auch wenn das Thema mit dem bekannten Namen eher das Problem anderer Leute ist: Man hat einfach mit Vorurteilen zu kämpfen, die nicht zutreffen, weil irgendwelche Dinge in den Namen reinprojiziert werden.

SZ: Ist es für ein Kind schwieriger als für einen Erwachsenen, damit umzugehen?

Dornier: Früher hätte ich lieber getauscht. Heute ist der Name ein Teil meiner Geschichte. Ich würde nicht mehr wechseln wollen.

SZ: Dornier ist der Name eines legendären Luftfahrtpioniers, dessen Flugzeuge Geschichte geschrieben haben. Viele Leute beneiden Sie sicherlich. Sie denken, dass einer mit diesem Namen nur Vorteile hat.

Dornier: Das sehe ich nicht so. Man steht viel mehr unter Beobachtung. Und man wird immer nur auf den Namen reduziert. Bei allen Sachen, die man gut macht, heißt es: Das hat er nur hingekriegt, weil er aus der Familie kommt. Und wenn Sachen schlecht sind, heißt es: Guck mal, nicht mal das kriegt er hin, obwohl ihm so geholfen wird!

SZ: Was hat Sie besonders genervt?

Dornier: Eine Blödheit, mit der ich mehrmals konfrontiert wurde, war die Frage, ob ich mit der Lufthansa umsonst fliegen dürfe. Oder Situationen, wenn man ganz normal in seinem Beruf arbeitet. Mein früherer Chef zum Beispiel. . .

SZ: Der Chef der Werbeagentur Springer & Jacoby?

Dornier: Ja. Der sagte plötzlich in irgendeinem Meeting zu mir: Dann wette ich mit dir um einen Ferrari!

SZ: Und was haben Sie zu der Wette gesagt?

Dornier: Lass mich bloß in Ruhe! Wissen Sie, was ich damals fuhr? Einen Golf.

SZ: Und wie war es in der Schule?

Dornier: In einem meiner Zeugnisse stand mal nicht Cornelius als Vorname, sondern Claudius.

SZ: Ist das der Name Ihres Onkels oder Ihres Großvaters?

Dornier: Claudius ist die eingedeutschte Form von Claude, dem Namen meines Großvaters.

SZ: Hat Sie das getroffen?

Dornier: Es hat mich eher amüsiert, weil man sich an solche Situationen gewöhnt.

SZ: Aber die Lehrer schenken einem schon besondere Aufmerksamkeit?

Dornier: Viele fanden das interessant. Ich habe mich manchmal gefragt, ob das auch so wäre, wenn ich aus einer Familie von Wurstfabrikanten stammen würde.

SZ: War all das der Grund, warum Sie etwas ganz anderes gemacht haben und als Art Director in die Werbung gegangen sind?

Dornier: Auf jeden Fall. Sicherlich hat mich das Thema Werbung immer schon gereizt. Aber ich wollte auch irgendwohin, wo mir mein Name nichts bringt. Da waren einfach viele junge Leute, und es interessierte niemanden, wo ich herstamme.

SZ: Ihre Berufsentscheidung war jedenfalls für Ihre Familie ungewöhnlich: Von den sieben Kindern Ihres Großvaters haben fast alle hohe Posten in Dornier-Firmen übernommen. Haben Sie je bereut, nicht in die Firma gegangen zu sein?

Dornier: Die Faszination für das Thema Luftfahrt war natürlich immer da. Meine Geschwister und ich haben aber sehr viele kritische Sachen in der Familie gesehen, auch Schwierigkeiten in der Großfamilie, was gemeinsame Entscheidungen für die Zukunft der Firma angeht.

SZ: In den 80er Jahren gab es zwei Gruppen in der Familie: die Claudius-Gruppe. . .

Dornier: . . .zu der mein Vater gehörte. Und die Justus-Gruppe.

SZ: Hat man die Spannungen zwischen diesen beiden Parteien als Heranwachsender mitbekommen?

Dornier: Ja, natürlich. Und das war sehr unangenehm. Aus diesen Spannungen resultierte wohl auch die Empfehlung meines Vaters: Geht euern eigenen Weg. Macht, was euch Spaß macht. Und darin werdet ihr auch erfolgreich sein. Weil er aus eigener Erfahrung wusste, wie schwierig das ist, in einem Familienunternehmen Gesellschafter zu sein, und die Mitgesellschafter sind die eigenen Geschwister, die unterschiedliche Vorstellungen haben.

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Claude Dornier
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SZ: Sie haben mal gesagt: Überall wo ich in der Firma hingegangen wäre, hätte schon ein Dornier gesessen.

Der Flugzeugkonstrukteur Claude Dornier hinterließ tiefe Fußstapfen für seine Kinder und Enkel. (Foto: Foto: dpa)

Dornier: Hätte. Wäre. Wenn. Ich bin jedenfalls nicht traurig nach dem Motto: Oh, es ist etwas schiefgelaufen in meinem Leben. Es ist einfach generell sehr schwierig, wenn man eine so außergewöhnliche Persönlichkeit in einer Familie hat, wie es mein Großvater war, der diese Firma gegründet hat. Da kann alles, was danach kommt, im Grunde nichts mehr werden.

SZ: Klingt nach Geld, das niemanden glücklich macht.

Dornier: Nichts mehr werden ist falsch ausgedrückt. Sagen wir: Jeder wird automatisch mit ihm und seinem Werk verglichen. Und mit diesen Vergleichen tut sich keiner einen Gefallen.

SZ: Das Genie ist allgegenwärtig und lastet auf allen Familienmitgliedern?

Dornier: Ich glaube, dass das für einige Mitglieder in der Familie die Schwierigkeit ihres Lebens war. Für jemanden wie mich aus der dritten Generation ist das natürlich einfacher. Aber wenn der eigene Vater derjenige ist, der so etwas Unglaubliches vollbracht hat, dann muss das eine Bürde sein, die man eigentlich kaum stemmen kann. Um daran dann vielleicht Schaden zu nehmen. Oder zu verzweifeln.

SZ: Warum haben sich denn dann trotzdem so auffallend viele Familienmitglieder für die Firma entschieden?

Dornier: Weil man wahrscheinlich irgendwann mit all diesen Dingen vertraut ist. Man ist damit aufgewachsen, und dann erfüllt man die Aufgaben, die sich eben je nach persönlicher Qualifikation stellen, sei es als Geschäftsführer oder als Ingenieur.

SZ: Sind Sie Ihrem Vater dankbar, dass er gesagt hat: Mach' was anderes?

Dornier: Dankbar? Vielleicht. Aber das war schon mein eigene Entscheidung. Er hat ja nicht gesagt: Geh in die Werbung! So richtig toll fand er das mit der Kommunikationsbranche nämlich gar nicht . . .

SZ: Das verbindet Sie mit Ihrem Großvater. Als er zur Luftfahrt ging, war dieser Bereich bei weitem nicht so hoch angesehen wie heute. Eher was für Hasardeure.

Dornier: Damals war die Luftfahrt etwas absolut Neues. Als er 1910 zum Zeppelin-Konzern gegangen ist, kam er aus einer anderen Anstellung.

SZ: War nicht eine seiner ersten technischen Aufgaben, ein Krematorium zu bauen?

Dornier: Ja, er hat eigentlich sein ganzes Leben die Menschen in den Himmel befördert, nur auf unterschiedliche Art. Wie auch immer, als er seinem damaligen Chef mitteilte, dass er zu Zeppelin wechseln würde, sagte der: Dann können Sie ja gleich zum Zirkus gehen.

SZ: Mit anderen Worten: Dort gingen nur die Spinner hin!

Dornier: Man muss bedenken, dass es erst sieben Jahre her war, dass die Gebrüder Wright 1903 den ersten Motorflug absolviert hatten. Es war eine völlig neue Technologie, die von vielen sehr kritisch beäugt wurde.

SZ: Claude Dornier war also nicht nur Konstrukteur, Erfinder und Geschäftsmann. Er war auch ein Spieler?

Dornier: Das wäre falsch. Er hatte aber mit Sicherheit Mut zum Risiko. Er hatte allerdings auch persönlich eine sehr schwierige Zeit, nach der vergleichsweise unbeschwerten Zeit als Student in München geriet seine Familie plötzlich in große wirtschaftliche Schwierigkeiten und er musste in Windeseile sein Studium beenden. Ich glaube, ihm blieb gar nichts anderes übrig, als sich auf ein solches Wagnis einzulassen.

SZ: Sie waren drei, als Ihr Großvater gestorben ist. Haben Sie Erinnerungen an ihn?

Dornier: Als Person habe ich ihn nicht mehr kennengelernt. Aber ich habe vor Augen, wie er am Schreibtisch sitzt, wie Fotografien sind diese Erinnerungen. Aber da ist noch mehr: Wenn eine Person zu einer Familie gehört, die etwas Großes geschaffen hat, dann ist diese Person, wenn sie stirbt, nicht einfach weg, sondern sie ist da, weil die Werte, die sie verkörpert hat, da sind. Das ist mir sehr stark vermittelt worden.

SZ: Welche Werte waren das?

Dornier: Mein Großvater hatte ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Mitarbeitern, ohne die diese Erfolge nicht möglich gewesen wären.

SZ: Welche Eigenschaft Ihres Großvaters imponiert Ihnen am meisten?

Dornier: Mit Sicherheit sein Pioniergeist. Aber dazu gehört eben auch die Fähigkeit, nicht aufzugeben und auch in schwierigen Situationen durchzuhalten. Heutzutage findet man immer wieder Leute, die stehen fünf Minuten lang im Rampenlicht, weil sie irgendwas Tolles vollbracht haben, und fünf Minuten später sind sie wieder ganz unten und man hört nie wieder etwas von ihnen. Das wird auch sehr stark von den Medien gesteuert. Mein Großvater hat dagegen mit seinem Unternehmen eine richtige Ehe geführt. Da gab es gute und schlechte Zeiten, und er ist einfach immer dabei geblieben. Er hat hart und viel gearbeitet und er hat nie aufgegeben. Und das ist mit Sicherheit der Charakterzug, der mir am meisten imponiert.

SZ: Glauben Sie, dass dieser Pioniergeist an eine bestimmte Epoche gebunden war, in der enorme technische Fortschritte in ganz kurzer Zeit möglich waren?

Dornier: Ich glaube, dass es immer wieder Zeitfenster geben wird, in denen große Veränderungen anstehen werden. Aber nehmen Sie die Zeiten, als er zum Luftschiffbau Zeppelin gegangen ist oder als der Erste Weltkrieg entflammte - das waren extrem schwierige Zeiten. Wenn man sich die ganze Firmengeschichte anschaut, dann kommt man zu dem Schluss, dass es eigentlich immer schwer war.

SZ: Haben Sie ein paar Beispiele für diese Fähigkeit, Rückschläge wegstecken zu können? Denken Sie auch an das Desaster mit dem ersten Flugboot?

Dornier: Klar, das erste Riesenflugboot RS 1 ist, bevor es überhaupt das erste Mal in die Luft ging, von einem Sturm zerstört worden. Was für ein Drama.

SZ: Und er hat gleich mehrmals sein Werk neu aufbauen müssen . . .

Dornier: Dabei hat es so gut angefangen, als Graf Zeppelin ihm ermöglichte, seine eigene Abteilung zu gründen. Okay, das ging ein paar Jahre ganz gut. Dann kam der Erste Weltkrieg. Er baute die ersten Flugzeuge. Aber am Ende war alles zerstört. Man durfte in Deutschland keine Flugzeuge mehr bauen. Also ist er nach Italien gegangen. In Marina di Pisa hat er den berühmten Dornier Wal gebaut. Und in der Schweiz, auf der anderen Seite des Bodensees, wurde die Do X gebaut. Dann kam der Zweite Weltkrieg. Wieder alles zerstört. Wieder Flugzeugbau verboten. Wieder ins Ausland. Wieder neu angefangen.

SZ: Diesmal in Spanien.

Dornier: Und auch dort gab es wieder reichlich Schwierigkeiten. Worauf ich hinaus will, ist, dass heute ein sehr verzerrtes Bild vom leichten Erfolg geschürt wird. Das trifft einfach nicht die Realität.

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SZ: Inwiefern kann das neue Museum etwas vom Geist Ihres Großvaters vermitteln?

Dornier: Lassen Sie mich eins vorausschicken: Wir werden ganz unterschiedliche Besuchergruppen haben. Und für jede dieser Gruppen muss man etwas Anderes aufbereiten, um sie zu begeistern. Aber: Dass dieses Museum ausgerechnet zu einem Zeitpunkt eröffnen wird, an dem es eine weltweite Wirtschaftskrise gibt, wir es also mit einer ähnlich schwierigen Zeit zu tun haben wie damals, als die Firma gegründet worden ist - das passt zu einem unserer großen Themen: Man muss immer Schwierigkeiten überwinden, wenn man Erfolg haben will - und man kann das schaffen. Diese Einstellung hat für mich sehr viel mit Pioniergeist zu tun.

SZ: Warum ist Ihnen dieser Begriff eigentlich so wichtig?

Dornier: Für mich sind Pioniere Menschen, die etwas probieren, ohne vorher zu wissen, dass es hundertprozentig funktioniert. Menschen, die etwas wagen. Damit meine ich nicht Glücksritter, Leute, die ein Mal in die Luft schießen und gucken, ob sie irgendwas treffen. Nein, ich spreche von Leuten, die eine Vision haben. Und solche Leute brauchen wir gerade jetzt. Über dem Museumseingang soll nämlich nicht stehen: Achtung, Schwierigkeiten!

SZ: Nein, da steht: Werdet Pioniere! - Auf welchem Gebiet könnten denn Pioniere heutzutage noch was bewirken?

Dornier: Es gibt ja auch heute viele Pioniere. Aber die machen irgendwas, nur um sich "Pionier" nennen zu können. Ich glaube, dass man eher zufällig zu einem Pionier wird. Man wird als Pionier erkannt und überlegt sich nicht selbst vorher, was mache ich jetzt, um auf einer Seite eins zu landen. Männer wie mein Großvater haben eine Vision gehabt und sind ihrer Vision gefolgt. Viele von ihnen sind gescheitert. Einige wenige haben es hingekriegt.

SZ: Die Luftfahrt hat uns eine Welt erschlossen, die den Menschen bis dahin nicht zugänglich war. Nochmal: Wo sind die neuen Welten für neue Pioniere?

Dornier: Auf unserem Planeten gibt es in der Umwelttechnik und der Medizin noch reichlich zu tun. Und die Pionierleistung besteht ja auch aus dem großen Sprung in der Entwicklung. 1903 flogen die Wrights 100 Meter weit. 1929 flog die Do X meines Großvaters mit 169 Passagieren.

SZ: Bemerkenswerterweise waren bei diesem Rekordflug alle 169 Passagiere Dornier-Mitarbeiter und ihre Angehörigen. Ganz schön mutig!

Dornier: Sie haben meinem Großvater einfach geglaubt.

SZ: Oh ja, das zeugt wirklich von Vertrauen.

Dornier: Er hat an dieses Projekt geglaubt. Viele, so ist mir berichtet worden, haben gesagt, dieses Flugzeug wird niemals fliegen, das kann nicht funktionieren. Und er musste die fast fünf Jahre, die die Entwicklung gedauert hat, sagen: Das funktioniert.

SZ: Bei allen Rückschlägen, über die wir hier sprechen, sollte man nicht unerwähnt lassen, dass Ihr Großvater einer der erfolgreichsten Rüstungskonstrukteure der Nazis war. Wie schätzen Sie seine Rolle ein?

Dornier: Ich glaube, dass es für ihn als Mensch eine extrem schwierige Zeit war, weil er selbst ja kein, um mal in der Nazi-Terminologie zu sprechen: reinrassiger Deutscher war, er war ein halber Franzose.

SZ: Er ist 1940 Parteimitglied geworden.

Dornier: Als es nicht mehr anders ging. Er hatte so lange wie möglich versucht, diesem ganzen System fernzubleiben, aber irgendwann wurde er gedrängt, in die Partei einzutreten.

SZ: Bei der Entnazifizierung ist er unterschiedlich bewertet worden. Die Briten stuften ihn als "entlastet" ein, die Franzosen als "Mitläufer".

Dornier: Für mich war es bedrückend, mich mit diesem Thema zu befassen. Aber es war mir sehr wichtig, diese Zeit objektiv aufzuarbeiten und ihr ein bedeutendes Kapitel im Museum zu widmen.

SZ: Welche heutige Technologie ist von ihrer Bedeutung mit der Luftfahrt vergleichbar, in die Ihr Großvater 1910 eingestiegen ist?

Dornier: Computer sind wohl am ehesten vergleichbar mit der Luftfahrt. Das Internet hat den Planeten kleiner gemacht und unser ganzes Leben auf den Kopf gestellt.

SZ: Welche Computer-Pioniere fallen Ihnen denn ein?

Dornier: Wer mir imponiert, ist Steve Jobs, weil er immer einen eigenen Weg gegangen ist. Ich habe mal gelesen, wie schwierig sein Leben zum Teil verlaufen ist, und wie viele Dinge, die er erlebt hat, sich als gut erwiesen haben, als er apple entwickelte.

SZ: Und welche Pioniere des Internets fallen Ihnen noch ein?

Dornier: Schwer zu beantworten.

SZ: Google? Wikipedia?

Dornier: Das sind Konzerne, bei denen man kaum weiß, wer dahintersteckt. Apple dagegen hängt an einer Person und hat folglich etwas Persönliches, was ja auch die Produkte ausstrahlen. Vielleicht war das bei den Dornier-Flugbooten auch so. Sie hatten etwas Persönliches und damit immer etwas Emotionales.

SZ: Was diese Luftfahrtpioniere geschafft haben, war, eine andere Sphäre zu erobern. Dafür wurden sie bewundert. Sind vielleicht die Künstler die Pioniere unserer Zeit, weil sie neue Welten erschließen?

Dornier: Warum nicht? Es gibt viele Künstler, die ihrer Kunst treu bleiben, ohne zu wissen, ob sich diese Kunst jemals durchsetzen wird. Das sind die Pioniere, die ich meine - und eben genau diejenigen nicht, die sich vorher überlegen, was muss ich jetzt tun, um Erfolg zu haben. Die, mit anderen Worten, Effekthascherei betreiben.

SZ: Glauben Sie, es würde Ihrem Großvater gefallen, dass Sie Zigarren unter dem Namen Dornier Do X verkauft haben?

Dornier: Ich weiß, dass er ab und zu Zigarren geraucht hat, weil ich sie als Kind in seinem Arbeitszimmer in einem Berghaus unserer Familie entdeckt habe. Ich weiß nicht, ob er das als blasphemisch bezeichnet hätte. Keine Ahnung.

SZ: War er denn ein Genussmensch?

Dornier: Er war in jedem Fall ein Ästhet. Genuss bekommt schnell die Bedeutung von: sich gehen lassen. Das hat er, glaube ich, nicht getan. Er hat, glaube ich, Dinge bewusst genossen. Man kann ja nicht nur jeden Tag 12 bis 14 Stunden arbeiten.

SZ: Am 24. Juli eröffnet das Dornier-Museum. Wie geht's dann weiter? Kehren Sie der Familie dann wieder den Rücken zu?

Dornier: Ich werde weiter Geschäftsführer der Betreibergesellschaft des Museums bleiben. Und ich habe der Familie nie den Rücken gekehrt, ich bin nur weggegangen, um eigene Erfahrungen zu machen. Um so schöner war es, als ich mit einem anderem Horizont zurückkehren konnte, um dieses Projekt zu machen, das so viel mit meiner Familie zu tun hat. Wissen Sie, dass ich vom ersten Augenblick an eine Vision hatte, wie dieses Museum aussehen muss?

SZ: Erzählen Sie!

Dornier: Nicht, dass ich gewusst hätte, wie die Optik sein wird. Ich wusste, wie das Gefühl sein muss, wenn ich in diesem Museum drin gewesen bin und nach draußen trete.

SZ: Und?

Dornier: Ich habe mir gewünscht, dass man inspiriert rauskommen soll. Ich fände es großartig, wenn junge Menschen danach sagen: Mensch, so ein technischer Beruf, der ist ja doch richtig sexy!

Cornelius Dornier ist hauptverantwortlicher Projektleiter für das am 24. Juli eröffnende Dornier Museum in Friedrichshafen am Bodensee. Dort wurde der Enkel des Luftfahrtpioniers Claude Dornier 1966 geboren. Er studierte in München Grafik-Design und Marketing und war Art Director und Kreativdirektor bei renommierten Werbeagenturen wie Springer & Jacoby in Hamburg. Seit 2002 arbeitet er als Berater unter anderem für die Holding der Familie Dornier. Sein Vater Silvius, der älteste noch lebende Sohn Claude Dorniers, gründete die Dornier Stiftung für Luft- und Raumfahrt, die den Bau des Dornier Museums ermöglichte. Cornelius Dornier lebt in München und ist verheiratet.

© SZ vom 11.7.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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