Lizzie Doron ist eine von Neugier getriebene Schriftstellerin. Mit eigenen Augen wollte sie sehen, was die Besatzung des Westjordanlandes mit den Palästinensern macht. So pendelte die jüdisch-israelische Autorin drei Jahre von Tel Aviv, wo sie lebt, ins Westjordanland, das ihr fremd war, und quartierte sich zwei Tage pro Woche bei einer palästinensischen Familie ein. Dann hatte sie Stoff für ihr Buch und auch einen Titel: "Sweet Occupation", süße Besatzung.
Doron rief ihre Verlegerin an. "Weißt du was? Ich bin nicht mehr nur in meiner eigenen Geschichte verhaftet, ich habe eine Geschichte über die anderen geschrieben." Über die anderen? Die Verlegerin war befremdet. "Lizzie, das geht nicht, du bist die Ikone des Holocaust. Du musst über den Holocaust schreiben, das erwarten deine Leser. Ein Buch über Palästinenser kann ich in Israel nicht veröffentlichen." Bis heute gibt es Dorons Buch nicht auf Hebräisch und auf Arabisch auch nicht.
Das Logo von BDS hat ein Zeichner entworfen, der Israelis gern mit Hakennase malt
Spätsommer 2018. Lizzie Doron sitzt in der Kulturbrauerei in Berlin, weit weg von den besetzten Gebieten. Zusammen mit Berlins Kultursenator Klaus Lederer soll sie diskutieren, Thema: Boykott von Kulturveranstaltungen. BDS, das weltweite anti-israelische Netzwerk, hat zur Ächtung eines Popkulturfestivals aufgerufen, weil dort auch israelische Künstler auftreten, deren Flugtickets von der Kulturabteilung der israelischen Botschaft bezahlt wurden.
Im Publikum sitzen junge Menschen, Spanier, Palästinenser, jüdische Israelis, ältere Briten. Sie lassen Doron nicht ausreden. Sie sei eine "Unterstützerin des israelischen Besatzungsregimes". Sie brüllen im Namen von BDS. Dass Doron drei Jahre lang bei Palästinensern gelebt hat? Tut nichts zur Sache.
Das Kürzel BDS steht für Boycott, Divestment and Sanctions, zu Deutsch: Boykott, Abzug von Investitionen und Sanktionen. BDS ist ein Zusammenschluss von 171 Initiativen und Gruppen, im Juli 2005 gegründet, ein Jahr nach dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs, wonach Israels Trennmauer illegal ist und "unverzüglich" abgebaut werden müsse. Das Logo von BDS ist ein Strichmännchen namens Handala. Die populäre Comicfigur hat ein palästinensischer Zeichner erfunden, in dessen Geschichten jüdische Israelis mit Hakennase dargestellt werden. Sie verführen arabische Frauen und können nur durch Maschinengewehre gestoppt werden.
Der Bewegung gehören palästinensische Frauengruppen an, NGOs, Flüchtlingsorganisationen, politische Parteien, Linke, Religiöse - es ist ein schwer durchschaubares Geflecht. Die 171 Gruppen fordern ein Ende der israelischen Besatzung, Gleichheit für die palästinensischen Bürger Israels und ein Rückkehrrecht für alle palästinensischen Flüchtlinge. Vorbild für BDS ist die Anti-Apartheid-Bewegung gegen Südafrikas rassistisches Burenregime in den Achtzigerjahren. BDS-Anhänger bezeichnen Israel als Apartheidstaat - dass Araber in Israel hochrangige Posten an Gerichten und Universitäten innehaben, in Krankenhäusern jüdische und arabische Ärzte gemeinsam jüdische und arabische Patienten versorgen und in der Knesset Vertreter arabischer Parteien sitzen, ändert daran nichts.
Die BDS-Forderung nach einem Rückkehrrecht für alle Palästinenser bedeutet, dass dies auch für deren Kinder, Enkel, Urenkel gelten würde. Die Palästinenser wären dann in der Mehrheit, der jüdische Staat Israel am Ende, so die Sorge vieler Israelis. In seiner Gründungserklärung fordert BDS, "die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes" zu beenden. Sind mit "allen arabischen Landes" die Grenzen von 1948 oder die nach dem Sechstagekrieg 1967 gemeint? In seiner internationalen Erklärung bleibt BDS in diesem Punkt unklar.
Ist BDS wirklich nur israelischkritisch oder antisemitisch?
Der Abend in der Kulturbrauerei endet unversöhnlich. Über eine Stunde brüllen sich die Kontrahenten gegenseitig an. Der israelische Regisseur Udi Aloni, der sich für BDS engagiert, wirft den Veranstaltern vor, dass sie keinen palästinensischen Vertreter eingeladen haben. Die Organisatoren des Festivals hatten Künstler gebeten, an dem Podiumsgespräch teilzunehmen, die BDS unterstützen und das Festival boykottiert haben - doch niemand sagte zu. Als der Kultursenator BDS "strukturellen Antisemitismus" unterstellt, gerät Aloni in Wut. Wie Lederer ihn, den Sohn von Holocaustopfern, als Antisemiten bezeichnen könne? Die Veranstaltung wird abgebrochen.
Ein paar Tage später gibt es in Bochum eine Diskussion über die "Freiheit der Künste", nachdem ein Streit um die Ruhrtriennale eskaliert war. Die Intendantin der Ruhrtriennale, Stefanie Carp, hatte die schottische Pop-Band Young Fathers zunächst ein-, dann aus- und schließlich wieder eingeladen, weil die Band die BDS-Kampagne unterstützt haben soll. Spätestens da war unübersehbar, wie sehr der Streit um BDS die deutsche Kulturlandschaft polarisiert, ja, dominiert. Und es stellten sich Fragen: Hat dieses Wechselspiel aus Boykott und Gegenboykott etwas mit der deutschen Geschichte zu tun, oder ist es die Verlagerung des Nahostkonflikts nach Deutschland? Ist BDS wirklich nur israelischkritisch, wie Aktivisten selbst beteuern, oder antisemitisch?
Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, hat zur zweiten Frage eine klare Meinung: "Wer wie BDS das Existenzrecht Israels abstreitet und die israelische Politik mit den Nazis gleichsetzt, der übt keine legitime Kritik an Israel mehr, sondern agiert im Kern antisemitisch." Diese offizielle Haltung haben sich inzwischen Städte wie Berlin, Frankfurt und München zu eigen gemacht. Sie stellen Veranstaltern keine Räume mehr zur Verfügung, bei denen für die Forderungen von BDS geworben werden könnte. Inzwischen, das zeigt der Fall der Ruhrtriennale, reicht schon der Verdacht, jemand könne mit BDS sympathisieren, um im Abseits zu landen.
Die israelische Regierung nimmt BDS sehr ernst. Die Hauptstrategie des Ministeriums für strategische Angelegenheiten ist der Kampf gegen BDS, sein Etat wird jedes Jahr erhöht und liegt zur Zeit bei rund 60 Millionen Euro. Yossi Kuperwasser, bis 2014 Generaldirektor dieses Ministeriums, sagte dem britischen Guardian: "Die Kernfrage ist nicht, ob BDS uns boykottiert oder nicht. Die Kernfrage ist, ob es BDS gelingen wird, im internationalen Diskurs eine Debatte zu initiieren, dass Israel als jüdischer Staat unrechtmäßig ist."
Die Angst muss groß sein. Sie erklärt womöglich, weshalb Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu Bundeskanzlerin Angela Merkel im Herbst aufgefordert hat, die Zuschüsse zum Jüdischen Museum Berlin und für die Berlinale zu streichen: Beide Kulturinstitutionen, so behauptete Netanjahu, unterstützten BDS. Das Strategie-Ministerium arbeitet mit einem Programm, das Social-Media-Kanäle auf der ganzen Welt scannt und innerhalb von Sekunden an das Strategie-Ministerium meldet, wenn beispielsweise an einer Universität in San Francisco oder im Jüdischen Museum Berlin eine Veranstaltung mit BDS-Bezug stattfindet.
Es gibt nicht den einen typischen BDS-Anhänger
Dass sich eine Regierung von einer Graswurzelbewegung derart bedroht fühlt, hat nach Ansicht mancher Beobachter auch einen banaleren Grund als die Sorge um die Existenz Isreals: Mit seinem Kampf gegen BDS lenke Netanjahu von Vorwürfen gegen sich selbst ab. In mehreren Fällen wird gegen den Regierungschef wegen Korruption und Bestechung ermittelt und bald womöglich Anklage erhoben.
Es gibt nicht den einen typischen BDS-Anhänger. Manche skandieren auf der Berliner Tourismusbörse vor dem Israel-Stand "Kindermörder Israel". Auf Demonstrationen in Berlin hört man BDS-Aktivisten "Israel, Apartheidschwein" rufen, und wer am Rande dieser Demonstrationen eine Israel-Fahne schwenkt, wird bespuckt. Vor Kurzem haben zwei internationale Starköche auf Druck von BDS das Tel Aviver Food Festival abgesagt. Auch die Eurovision soll boykottiert werden - das Songfestival findet in diesem Frühjahr in Jerusalem statt. In Kaufhäusern bekleben Aktivisten israelische Produkte mit Boykott-Stickern. Keine Erdbeeren, keinen Hummus aus Israel zu kaufen, klingt in deutschen Ohren wie: Kauft nicht bei Juden.
Aber es gibt auch die leiseren, nachdenklicheren Unterstützer. Die US-Autorin Alice Walker ("Die Farbe Lila") weigerte sich, ihr Buch auf Hebräisch zu veröffentlichen. Die Sängerin Lana del Rey sagt auf BDS-Druck ein Konzert in Israel ab. Die US-Philosophin Judith Butler sagt: "Es ist nicht hinnehmbar, im Angesicht von Ungerechtigkeiten zu schweigen." Allerdings ist auch Butler dagegen, einzelne Personen "wegen ihrer Staatsangehörigkeit zu diskriminieren". Ähnlich denkt der amerikanische Linguist Noam Chomsky. Er sympathisiert mit der Bewegung - und kritisiert sie. Die 171 Gruppen agierten zwar "im Namen des palästinensischen Volkes". Aber dieselben Anhänger "fühlen sich auch sehr wohl damit, an der Tel Aviv Universität zu studieren".
Chomsky könnte Omar Barghouti gemeint haben, einen der Gründer von BDS. Barghouti, ein eloquenter Elektroingenieur, hat mehrmals einen Palästinenserstaat auf dem Gebiet des heutigen Israel gefordert. In Interviews sagt er, Israel sei "ein Schurkenstaat", Zionismus sei "Rassismus", westliche Demokratien seien keine Demokratien. Jedoch: Barghouti hat in Tel Aviv studiert und jahrelang in Akko gelebt.
Der Konflikt zwischen Israel und BDS kennt keine neutralen Positionen
BDS will stören, spalten, Wut säen. Er profitiert davon, dass sich alle Hoffnung auf eine Zweistaatenlösung nach Jahrzehnten erfolgloser Gipfeldiplomatie als Illusion erwiesen hat. Mit ihren drei zentralen Forderungen zielt die Bewegung auf all jene, die die rechtsnationale Politik der israelischen Regierung ablehnen. Die BDS-Initiative ist auch ein Ventil für diese Wut. Nur eben keine konstruktive. Ihre Anhänger sind gegen die Besatzung, wer wäre das nicht? Aber statt politischer Lösungen bieten sie medienwirksame Coups, etwa dass Airbnb keine Zimmer mehr im Westjordanland anbietet und die Hollywood-Schauspielerin Scarlett Johannson sich rechtfertigen musste, dass sie für den israelischen Sprudelhersteller Sodastream Werbung machte. Sodastream betrieb eine Produktionsstätte im Westjordanland, die es nach den BDS-Protesten schließen musste. 500 Palästinenser verloren ihre Jobs.
Arabische Israelis, die sich für die Integration der Araber in die israelische Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einsetzen, kritisieren ohnehin, dass ein Boykott israelischer Hochschulen, Firmen und Kulturveranstaltungen ihnen schadet. Aber der Konflikt zwischen Israel und BDS kennt keine neutralen Positionen, keine Unbeteiligten. Als vor drei Jahren der von jungen Israelis gegründete Verein "HaBeit" am Spreeufer in Berlin eine Tel-Aviv-Beach-Party veranstaltete, sprengten BDS-Aktivisten das Fest und skandierten "Israel mordet palästinensische Kinder". Sie beschimpften einen Palästinenser, der auf dem Fest Falafel verkaufte. In den sozialen Medien posteten sie Foto und Namen des Mannes - danach erhielt er Morddrohungen aus dem Gazastreifen.
Naher Osten:Sticken gegen Israel
Vor 30 Jahren wurde das unabhängige Palästina ausgerufen. Das gibt es bis heute nicht, doch das Nationalmuseum, das identitätsstiftend wirken soll, zeigt jetzt seine zweite Ausstellung.
Vor wenigen Tagen bilanzierte die israelische Zeitung Haaretz, dass BDS keines seiner Ziele erreicht habe, weder wurde die Besatzung beendet noch Israel außenpolitisch isoliert oder wirtschaftlich in die Knie gezwungen. Im BDS-Gründungsjahr 2005 lebten 247 000 Siedler im Westjordanland, heute sind es mehr als 420 000. Israels Wirtschaft floriert, Netanjahus Regierung hat Kontakte zu einstigen Erzfeinden wie Oman, Abu Dhabi, selbst Saudi-Arabien.
Erstaunlicherweise ist es gar nicht so einfach, mit BDS-Aktivisten in Deutschland darüber zu sprechen. Entweder weigern sie sich, interviewt zu werden, weil sie für eine staatliche Institution arbeiten und ihren Job nicht verlieren wollen. Oder sie stehen nur für Hintergrundgespräche zur Verfügung und wollen nicht mit Namen zitiert werden, weil sie befürchten, bei der Einreise nach Israel zurückgeschickt zu werden.
Sophia Deeg leitet die Berliner BDS-Facebookgruppe . Man könne ihr Fragen per Mail stellen, schreibt sie, aber ein Treffen sei nicht möglich. Warum? Die 66-jährige ehemalige Lehrerin und Übersetzerin schreibt, Interviews seien zu zeitaufwendig und das Ergebnis "meist kümmerlich bis kontraproduktiv. Unsere Zitate wurden oft in einen sinnentstellenden Kontext gestellt."
Argumente gegen BDS gebe es "kaum", schreibt Deeg in einer Mail, "allerdings eine starke Gegnerschaft", was "nicht verwunderlich" sei "bei den Erfolgen der Kampagne". BDS behindere nicht den Dialog, sondern sei in Wahrheit ein "globales Gespräch". Ist sie für die Zweistaatenlösung? Deeg weicht aus. "Ich habe nicht das Recht, mich an der Stelle der Betroffenen für irgendeine Form der Staatlichkeit einzusetzen, die diese anstreben sollten."
In Israel und den besetzten Gebieten war Deeg zuletzt vor 16 Jahren. "Ich brauche es nicht darauf ankommen zu lassen, als relativ bekannte BDS-Aktivistin womöglich an der Einreise nach Israel gehindert zu werden", mailt sie.
Ein Opfer des BDS-Boykotts ist das von Daniel Barenboim gegründete West Eastern Divan Orchester, dem Musiker aus Israel, den Palästinensergebieten, Syrien, Jordanien und Spanien angehören. 2005 spielte das Orchester Beethoven in Ramallah. "Heute ginge das nicht mehr", sagt Barenboim. Denn das wäre für Palästinenser "ein Akt der Normalisierung". Zwar werde Normalisierung "auf der ganzen Welt eigentlich als etwas Positives" verstanden, sagt Barenboim, aber im Nahen Osten hieße das, "den Status quo der Besatzung fortzusetzen". BDS-Aktivisten hätten Musiker seines Orchester unter Druck gesetzt, sagte Barenboim in einem Dokumentarfilm des BR. Er könne verstehen, wenn eine Regierung boykottiert werde. Wofür er aber kein Verständnis habe: Wenn Menschen boykottiert würden.
Ein Abend in der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Rund 400 Plätze in Hörsaal 118 sind belegt. Michael Meyen, Professor für Kommunikationswissenschaft, kündigt die Veranstaltung "Israel, Palästina und die Grenzen des Sagbaren" an. Sprechen soll der in Genf lebende taz-Journalist Andreas Zumach. Ein gutes Dutzend Organisationen hatte die Absage der Veranstaltung verlangt, unter anderen der Verband der Jüdischen Studenten in Bayern, die Zionistische Organisation München, die Jewish Agency und die "Münchner Bürger gegen Antisemitismus und Israelhass". Zumach werbe für BDS und propagiere Antisemitismus, kritisierten sie.
Seinen Vortrag beginnt Zumach mit einer Drohung: "Wer mich mit der Absicht der Verleumdung falsch zitiert, der bekommt großen Ärger, das sage ich in aller Klarheit, das wird viel Geld kosten." Er habe gute Anwälte. Im Hörsaal sitzt der Vertreter der Jewish Agency in München, Yonatan Shay, und viele Münchner Juden. Einer hat sich in die Israelflagge gehüllt. In ihren Augen ist Zumach Antisemit.
Zumach gehört dem "Bündnis zur Beendigung der Israelischen Besatzung" (BIB) an, das auf seiner Internetseite viel Verständnis für militante Palästinenser zeigt. Die Raketen aus dem Gazastreifen seien "Ausdruck der Verzweiflung und Ohnmacht angesichts der Ausweglosigkeit ihrer Situation". Über eine Stunde liest Zumach vom Manuskript ab, immer wieder gestört von Israel- und Palästina-Sympathisanten. Kritik an der Palästinenserführung übt Zumach nicht.
In Hörsaal 118 der Münchner Uni hofft ein Palästinenser auf die nächste Intifada
Nirit Sommerfeld hat der Vortrag gefallen. Die in Israel geborene Schauspielerin sympathisiert mit der BDS-Bewegung, sagt sie an einem Wintervormittag in einem Münchner Café. Sommerfeld ist Mitgründerin von BIB. Das hat ihr im Freundeskreis Abneigungen beschert. Jüdische Freunde, sagt sie, "mit denen ich vor 15 Jahren noch Party gefeiert habe, wollen nichts mehr mit mir zu tun haben".
Sommerfeld sagt, die beiden Intifadas, die Aufstände der palästinensischen Jugendlichen, hätten gezeigt, dass die Palästinenser mit Gewalt nichts erreichen. Also "haben sie sich für eine gewaltfreie, geistige Bewegung, die BDS" entschieden. Sie findet es "gut, dass es keinen BDS-Verein gibt mit einer Satzung und Mitgliedschaft. BDS ist total divers." Manchmal aber gehe ihr die Diversität zu weit: "Bei BDS tummeln sich womöglich auch antiisraelische Aktivisten, die Juden aus ganz Palästina vertreiben möchten."
In Hörsaal 118, in Reihe acht, saß ein älterer Palästinenser. Seit 16 Jahren lebt der Familienvater in München. Er hat einen Job als Ingenieur. Es gehe ihm gut, hatte er gesagt, nicht aber seinen Verwandten in einem Dorf nahe Hebron im Westjordanland. "Seit es BDS gibt, werden wir Palästinenser endlich wieder gehört." Um ehrlich zu sein, hatte er geflüstert, während Zumach redete, "müsste es eine dritte Intifada geben". Boykott allein helfe nicht. Israel verstehe "nur Gewalt". Mit diesem Satz dürfe man ihn aber nicht zitieren. Am Ende der Veranstaltung hatte er es sich dann doch anders überlegt und gesagt: "Sie dürfen mich sehr gerne mit diesem Satz zitieren. Aber nur ohne Namen."
Gegendarstellung
Zu "Hauptsache, dagegen" BDS in der Kulturszene vom 28.1. 2019
Sie schreiben über mich: "Er zählt auf, was er an BDS gut findet. Israels Regierung sei "die größte Gefahr für Frieden", sagt er."
Dazu stelle ich fest: Ich habe nichts genannt, was ich an BDS gut finde. Ich habe nicht gesagt, dass Israels Regierung die größte Gefahr für Frieden sei.
Gesagt habe ich: "Die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik der israelischen Regierung ist die größte Gefahr für eine gesicherte und auf Dauer unbedrohte Existenz des Staates Israel."
Genf, den 3. Februar 2019
Andreas Zumach
Herr Zumach hat Recht. Die Redaktion.