Autor Martin Amis:"Euthanasiehäuschen" an jeder Straßenecke

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Furcht vor dem "Silbertsunami": Der Schriftsteller Martin Amis schlägt "Euthanasiehäuschen" gegen die Überalterung der Gesellschaft vor.

Alexander Menden

Sein Talent für ebenso kontroverse wie PR-wirksame Meinungsäußerungen hat der britische Schriftsteller Martin Amis in den letzten Jahren immer wieder bewiesen. Vor ein paar Jahren lieferte er sich mit dem nicht weniger zeigefreudigen Christopher Hitchens einen Schlagabtausch über dessen trotzkistische Vergangenheit. Später geriet er wegen seiner überaus scharf formulierten Islamkritik mit dem Literaturwissenschaftler Terry Eagleton aneinander.

Autor Martin Amis plädiert für eine Lockerung der Euthanasiegesetze: "Es sollte einen Ausweg für Menschen mit klarem Verstand geben, die entscheiden, dass sie im Minus sind." (Foto: Foto: dpa)

Jetzt hat er die britischen Senioren aufs Korn genommen. In einem Interview mit der Sunday Times regt der Autor von "Koba der Schreckliche" an, "Euthanasiehäuschen" an jeder Straßenecke aufzustellen, wo sich alte Menschen "mit einem Martini und einem Orden" verabschieden könnten.

"Wie eine Invasion schrecklicher Immigranten"

Großbritannien müsse sich dem "Silbertsunami" stellen, der auf das Land zu rolle, so Amis: "Es wird eine Bevölkerung aus dementen, sehr alten Menschen geben, wie eine Invasion schrecklicher Immigranten, die Restaurants und Cafés und Läden vollstinken." Er könne sich in zehn bis 15 Jahren einen "Bürgerkrieg zwischen Alt und Jung" vorstellen.

Die einzige Lösung ist nach Meinung des 60-jährigen Großvaters Amis, die Euthanasiegesetze zu lockern: "Es sollte einen Ausweg für Menschen mit klarem Verstand geben, die entscheiden, dass sie im Minus sind."

Die empörten Reaktionen haben nicht lange auf sich warten lassen. So hat Alistair Thompson von der "Care Not Killing Alliance" im Guardian gefragt: "Was sind das für Todeszellen? Sollen sie so eine Art Superklo sein, wo man ein paar Pfund einwirft und dafür einen tödlichen Cocktail bekommt?"

Mit dem Verstand geht die Würde

Amis hat seine Bemerkungen mittlerweile als "satirisch" verteidigt. Aber er beharrt auf seiner Ansicht, dass es "keinen Grund" gebe, das Leben zu verlängern, wenn der Verstand verschwunden sei: "Man hat dann keine Würde mehr."

Der Anstoß zu dieser Euthanasiedebatte durch Martin Amis erfolgt anderthalb Wochen vor der Veröffentlichung seines neuen Romans "The Pregnant Widow". Dieser wird in der gleichen Sunday-Times-Ausgabe, in der das Interview erschien, als "lang erwartet" bezeichnet.

Wer nicht mehr bis zum Erscheinungstermin am 4. Februar warten will, kann übrigens am kommenden Wochenende einen "exklusiven Auszug" lesen - ebenfalls in der Sunday Times.

© SZ vom 26.01.2010/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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