Kriminalität in der Antike:Die rauben, die Römer

Das alte Rom ist Gegenstand vielfältiger Geschichten, Mythen und Legenden. Die Ausstellung "Gefährliches Pflaster - Kriminalität im Römischen Reich" im Römermuseum Xanten zeigt nun Artefakte, die die dunklen Seiten der Stadt zeigen und von Kriminalität und ihrer privaten Bekämpfung zeugen.

Von Harald Eggebrecht

1 / 10
(Foto: N/A)

Das alte Rom ist Gegenstand vielfältiger Geschichten, Mythen und Legenden. Die Ausstellung "Gefährliches Pflaster - Kriminalität im Römischen Reich" im Römermuseum Xanten präsentiert nun Artefakte, die die dunklen Seiten der Stadt zeigen und von Kriminalität und ihrer Bekämpfung zeugen. Die Bilder. Von Harald Eggebrecht. Text:Harald Eggebrecht/SZ vom 31.08.2011 Am schlimmsten ging es auf dem Forum zu: Taschendiebe, Trickbetrüger, Falschmünzer, gezinktes Würfelspiel - und keine reguläre Polizei, Strafverfolgung ungewiss. Die Bürger mussten also selbst sehen, wie sie Geld, Schmuck und Wertsachen vor Langfingern aller Art bewahrten. Einbrecher verübten meist nachts ihre Taten, auf den Landstraßen lauerten überall Räuber, auf See trieben Piraten ihr Unwesen, Mord und Totschlag waren an der Tagesordnung. Sogar Kaiser Caligula (37 - 41 n. Chr.) betätigte sich laut Sueton als Falschspieler: "Nicht einmal Gewinne aus dem Würfelspiel verachtete er, er machte allerdings mehr Gewinn durch Falschspiel und Meineid." Und der römische Historiker Cassius Dio stellte resigniert fest: "Es gab ja keine Zeit, in der solche Dinge nicht geschahen, und es dürfte damit wohl auch nicht aufhören, solange die menschliche Natur dieselbe ist." Colonia Ulpia Traiana - so hieß einst jene zu Trajans Zeiten gegründete Römerstadt am Niederrhein nördlich von Köln, wo heute das alte, vom Zweiten Weltkrieg verheerte und in den Fünfzigern schmucklos wieder aufgebaute Städtchen Xanten mit seinem mächtigen Dom St. Viktor steht. Der Namenspatron des Doms war Legionär; als bekennender Christ ist er zum Märtyrer geworden; seine Gebeine ruhen unter der Kirche. So entstand eine Wallfahrt, man zog "ad sanctos", zu den Heiligen, so lange, bis aus der lateinischen Richtungsangabe der exotisch klingende Ortsname Xanten wurde. Noch einer stammt daher: der sagenhafte Held oder, je nach dem wie man ihn sieht, der rohe Schlagetot namens Siegfried. Bild: Falschspielerwürfel

2 / 10
(Foto: N/A)

Gleich hinter der Kreuzung von Siegfried- und Trajanstraße erhebt sich ein großer, doch luftiger, mehrgliedriger Glasstahlbau, unter dessen niedrigeren Dächern sich die imposanten Fundamente der großen Thermenanlage befinden, während das mächtige, höhere Kopfgebäude in den Maßen und auf den Grundmauern der einstigen Basilika Thermarum, also der Eingangshalle zu den Thermen, das Römermuseum beherbergt. Über ein System von Rampen und schwebenden Flächen hinweg, die die Dimensionen des riesigen Innenraums nicht durch eingezogene Stockwerke verstellen, kann man barrierefrei die Geschichte der Colonia Ulpia anhand der vielen archäologischen Funde auf dem einstigen Stadtgebiet bis in jene Zeit verfolgen, als der Ort Xanten daraus geworden war. Tatsächlich ist von der Römerstadt mit ihren Tempeln, dem Forum, dem Amphitheater und den Thermen oberirdisch kaum etwas übrig geblieben. Als sich der Rhein verlagerte und der Hafen verlandete, ging es unaufhaltsam bergab, bis Ende des 3. Jahrhunderts die Franken die Stadt überrannten. Germanen und sonstige Völkerschaften begannen bald, die Ruinen als Steinbruch zu nutzen und die einstigen Gebäude als Baumaterial abzutragen. Heute bietet das Areal den Anblick einer weiten grasüberwachsenen Fläche, strukturiert von Baumalleen, die einstigen Straßenzügen folgen und zu manchen freigelegten Grundmauern aus römischer Zeit führen. Nur im archäologischen Park hat man einige Rekonstruktionen riskiert, darunter auch die Ränge des Amphitheaters, so dass dort im typischen Arenaoval wieder Veranstaltungen stattfinden können. Bild: Ausstellungshalle im Römermuseum Xanten

3 / 10
(Foto: N/A)

Die Sonderausstellung "Gefährliches Pflaster" im Untergeschoss des Römermuseums über Kriminalität im Römischen Reich glänzt weniger durch spektakuläre Exponate, vielmehr schafft sie erhellende Einblicke in den römischen Alltag, was die Sorge um die Sicherheit für Leib und Leben anging. Die Bürger wappneten sich defensiv, um Hab und Gut zu schützen: Also gab es kein Haus, in dem nicht Wachhunde anschlugen, wenn einer gewaltsam eindringen wollte. Ein breites geschmiedetes, mit Stacheln bewehrtes Eisenhalsband für den vierbeinigen Wächter ähnelt auch heute gebräuchlichen Halsbändern.

4 / 10
(Foto: ko)

Die vielen Schlüssel in jeder Größe aus der Trajansstadt belegen, dass alles verschlossen wurde - von der kleinen Schatulle über Kästen, Kisten und Schränke bis hin zu Türen und Toren. Im allgemeinen nutzten die Bürger so genannte Schiebeschlösser, bevor sicherere Drehschlösser dazu kamen. Bild: antikes Vorhängeschloss

5 / 10
(Foto: N/A)

Fenstergitter gleichen im Design ihrer spitzstrahligen Sterne heutigen Entwürfen.

6 / 10
(Foto: Stefan Arendt)

Bronzene Medusenhäupter ...

7 / 10
(Foto: Stefan Arendt)

... Löwen- und Greifenköpfe ...

8 / 10
(Foto: N/A)

... und anderes mythisches Getier beschworen als Türgriffe und Möbelbeschläge die erhoffte magische Abschreckungsmacht gegen Diebe. Dazu gehören auch Fluchtäfelchen, mit denen Tätern alles erdenklich Schlechte gewünscht wurde in wüsten Formeln wie: "Auf dass er weder urinieren, kacken, reden, schlafen oder wachen kann, weder Wohlergehen noch Gesundheit hat!" Solche Verwünschungen wurden an Gräbern oder okkulten Orten vergraben. Dabei war aber Schadenszauber dieser Art eigentlich verboten.

9 / 10
(Foto: N/A)

Da es keine Staatsanwaltschaft gab und selbst Kapitalverbrechen nicht von Staats wegen verfolgt wurden, mussten Opfer selbst Anklage beim Magistrat erheben und ihren Fall vor Gericht verhandeln. Sklaven, die Kennmarken um den Hals trugen, und Frauen hatten kein Recht dazu. Gefassten Tätern wurden Hand- und Fußfesseln angelegt.

10 / 10
(Foto: N/A)

Geld- und Prügelstrafen konnte ein städtisches Gericht aussprechen, keine Todesstrafen. Vieles wurde mit Bußgeld abgetan. Hinrichtungen - Kreuzigen, Verbrennen, Zerfleischen durch wilde Tiere - trafen meist Nichtrömer und Sklaven und wurden zur Abschreckung in der Arena vollzogen. Man erfährt in dieser anregenden Präsentation, dass trotz Römischem Recht, trotz Milizen und Gerichten andauernd Wachsamkeit und Selbstschutz vonnöten waren, um nicht Schaden zu nehmen. Austellung: "Gefährliches Pflaster - Kriminalität im Römischen Reich" LVR-RömerMuseum Xanten bis 12. Februar 2012. Telefon 02801 / 7120. apx@lvr.de. Der Begleitband (451 Seiten) kostet 19, 90 Euro

© SZ vom 31.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: