Fatale Eil-Reparatur am Pharao
Wenn Tolpatschigkeit auf Kunst trifft, kann das im Desaster enden. Zu sehen beispielsweise im Film "Bean" von 1997, in dem Protagonist Mr. Bean auf das Gemälde "Whistler's Mother" von James McNeill Whistler niest. Beim Versuch, das Nasensekret mit einem Taschentuch zu entfernen, beschmiert er das Bild auch noch mit Tinte. Im Verlauf der weiteren Rettungsversuche verliert die gestrenge Lady dann endgültig ihr Gesicht, im wahrsten Sinne des Wortes.
So ähnlich muss es sich auch im vergangenen Jahr im Ägyptischen Museum in Kairo zugetragen haben. Leidtragender diesmal: der jung verstorbene ägyptische Pharao Tutanchamun. Dessen weltberühmte blau-goldene Totenmaske kam nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP bei Reinigungsarbeiten zu Schaden. Wann genau sich der Unfall ereignete und wie der Spitzbart des früheren ägyptischen Herrschers abbrach, dazu gibt es widersprüchliche Informationen.
Klar scheint aber zu sein, was danach passierte: Anstatt den Schaden von professionellen Restauratoren beheben zu lassen, wurden die Reinigungskräfte auf Anweisung von Vorgesetzten selbst tätig. Mit einem baumarktüblichen Kleber auf Harzbasis sollen sie den Bart wieder am mehr als 3000 Jahre alten Artefakt befestigt haben.
Der Schaden sei vermutlich nicht mehr rückgängig zu machen, sagte ein Museumsrestaurator dem Guardian. "Leider wurde Kleber verwendet, der sich kaum entfernen lässt. Epoxi hat hervorragende Klebeigenschaften und wird bei Metall und Stein verwendet, aber für ein unbezahlbares Artefakt wie Tutanchamuns goldene Maske ist es absolut ungeeignet", sagte der Experte, der aus Angst vor Repressalien anonym bleiben möchte. "Sie hätte in das Labor für Konservierung gebracht werden müssen. Aber man hatte es eilig damit, sie möglichst schnell wieder auszustellen, und deswegen nutzte man einen schnelltrocknenden Kleber", fügte er an.
Entsetzte Experten
An der Abbruchstelle soll nun eine gelbe Schicht zu sehen sein. Offenbar tropfte auch Kleber auf das Gesicht von Tutanchamun. Beim Versuch, die Kleberspuren mit einem Spachtel zu entfernen, sollen Kratzer auf dem Artefakt entstanden sein.
Das bestätigt auch der international gefragte Ägyptologe Tom Hardwick. "Auf den Bildern, die unter internationalen Restauratoren kursieren, kann man klar erkennen, dass die Maske repariert wurde. Aber etwas so Altes braucht besondere Aufmerksamkeit. Die Art der Reparatur der Totenmaske ist mehr als fragwürdig", sagte er dem Guardian.
Der Totenschatz des Tutanchamun wurde 1922 von den britischen Archäologen Howard Carter und George Herbert gefunden. Er zählt zu den wichtigsten archäologischen Funden weltweit, da Tutanchamuns Grab bei seiner Öffnung noch fast vollständig intakt war.
Kunstbanausen at work
Der Vorfall in Kairo erinnert nicht nur an Mr. Beans Missgeschick - schon häufiger hat in der Vergangenheit die Realität die Fiktion an Skurrilität übertroffen.
So nahm 2012 eine Spanierin Schönheitsreparaturen an einem Jesus-Fresko aus dem 19. Jahrhundert vor. Ergebnis: Der Gottessohn glich nach den groben Pinselstrichen der Über-80-Jährigen in seiner Haarigkeit einem Affen in schlecht sitzender Robe. Ein Jahr zuvor ereignete sich ein ähnlicher Vorfall in einem Dortmunder Museum: Dort säuberte eine Putzfrau einen schmutzigen Trog - nicht wissend, dass dieser zu einer Installation des renommierten Künstlers Martin Kippenberger gehörte.
Josef Beuys wurde gleich mehrmals Opfer von Kunstbanausen. So reinigten zwei Frauen 1973 bei einer geselligen Feier des SPD-Ortsvereins Leverkusen-Alkenrath eine von Beuys mit Mullbinden und Heftpflastern versehene Badewanne für Babys - um darin Gläser zu spülen. Und die Installation "Fettecke" von Beuys wurde in der Düsseldorfer Kunstakademie 1986 bei Putzarbeiten einfach weggewischt.
Anm. d. Red.: Regierungskreise haben den angeblichen Schaden an der Tutanchamun-Maske am Freitag dementiert und Museumsdirektor Mahmud al-Halwagy bestätigte der SZ , dass es keine Restaurierungsarbeiten an der Maske gegeben habe, seit er im Oktober 2014 sein Amt übernahm. Bleibt die Frage, ob bereits bei früheren Restaurierungsarbeiten, vor al-Halwagys Zeit, gepfuscht wurde oder die Fehler tatsächlich nun geschehen sind.