Geiseln der Hamas:Leise Verzweiflung

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Bringt sie nach Haus! Offelia und Natalie Madmon (rechts) erzählen von ihrer entführten Mutter Ofilia Rotman. (Foto: Screenshot/BringThemHomeNow)

Ari Folman und andere israelische Filmemacher haben ein Videoprojekt mit den Angehörigen von Geiseln der Hamas ins Netz gestellt: "Bring Them Home Now".

Von Susan Vahabzadeh

Vor vier Wochen hat die Hamas mehr als 200 Geiseln genommen, für jede Einzelne von ihnen und jeden Einzelnen ihrer Angehörigen sind das mehr 40 000 Minuten Angst. Eine Gruppe von israelischen Filmemachern und Filmemacherinnen arbeitet dagegen an, das in Vergessenheit geraten zu lassen.

Ari Folman ist dabei, die Dokumentarfilmerin Jasmine Kainy und eine Reihe israelischer Produzenten. Zusammen haben sie das Videoprojekt "Bring Them Home Now" ins Leben gerufen, auf der dazugehörigen Website kann man Videos ansehen, herunterladen und teilen, die sie in den vergangenen Wochen mit Angehörigen der Geiseln aufgenommen haben. Kurze, einprägsame, aufwühlende kleine Filme, in denen Mütter und Väter, Töchter und Brüder erzählen, wie sie erfahren haben, dass jemand aus ihrer Familie zu den Geiseln gehört; und wer sie sind.

Einprägsam und aufwühlend sind diese Filme vielleicht vor allem deswegen, weil sie so leise sind. Und weil viele dieser Angehörigen erstaunlich ruhig und gefasst bleiben - nur manchmal bricht die Verzweiflung aus ihnen heraus. Man wolle, steht im Statement der Intitiative "Bring Them Home Now", sicherstellen, dass diese "Familien ein wenig Trost in dem Wissen finden, dass sie mit dem Bitten um die sichere Heimkehr ihrer Lieben nicht allein sind".

Sein Bruder sei ein schrecklicher Optimist, sagt Dani Engel über seinen Bruder Ronan, der mit seiner Frau und seinen Kindern am 7. Oktober verschwunden ist. Von seiner Entführung erfuhr der Bruder, als er Ronans Facebook-Seite öffnete. Die Eltern von Inbar Heiman erzählen, wie sie noch von ihr hörten, als sie auf einer Party vom Raketenalarm überrascht wurde - später entdeckten sie sie in einem Video.

Ari Folman, der zu den Initiatoren gehört, ist einer der bekanntesten israelischen Regisseure, sein Zeichentrickfilm "Wo ist Anne Frank?" wurde 2021 in Cannes gezeigt. Bekannt wurde er 2008 mit einem dokumentarischen Trickfilm: den Oscar-nominierten "Waltz with Bashir", in dem er seine Erlebnisse als Soldat im Libanon und seine eigene Traumatherapie aufarbeitet.

Schon am 12. Oktober wurden die "Bring Them Home Now"-Filme gedreht, immer vor dem selben schwarzen Hintergrund aufgenommen, etwa eine Minute lang und von der Website aus auf sozialen Medien teilbar, mit Untertitelungen des hebräischen Originals in unterschiedlichen Sprachen. Er würde sich wünschen, sagte Folman dem britischen Branchenblatt Screen, dass sie in Kinos vor dem Hauptfilm gezeigt würden. Ursprünglich waren es vierzig Filme, die Angehörigen hatten die Filmemacher selbst ausfindig gemacht. Es werden weniger. Mehrere Videos hat die Initiative bereits von der Website genommen, weil der Tod der Geisel, um die es darin ging, inziwbestätigt wurde.

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