Blaibach:Wie ein Bayerwald-Dorf mit einem Konzerthaus Furore macht

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Blaibach (dpa/lby) - Blaibach kennt genau die Sorgen, die viele andere Dörfer auch haben. Junge Leute ziehen weg, Touristen bleiben aus, Freibad und Schule machen dicht, Geschäfte stehen leer. Dann entwickeln ein Architekt, ein Musiker und einige Lokalpolitiker eine verrückte Idee: Blaibach braucht ein Konzerthaus, und zwar von internationalem Rang. Der Widerstand im Ort ist zunächst groß, doch dann geht der Plan auf. Das Konzerthaus entwickelt sich zum Besuchermagneten und das Dorf lebt wieder.

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Blaibach (dpa/lby) - Blaibach kennt genau die Sorgen, die viele andere Dörfer auch haben. Junge Leute ziehen weg, Touristen bleiben aus, Freibad und Schule machen dicht, Geschäfte stehen leer. Dann entwickeln ein Architekt, ein Musiker und einige Lokalpolitiker eine verrückte Idee: Blaibach braucht ein Konzerthaus, und zwar von internationalem Rang. Der Widerstand im Ort ist zunächst groß, doch dann geht der Plan auf. Das Konzerthaus entwickelt sich zum Besuchermagneten und das Dorf lebt wieder.

Das Konzerthaus gleicht einem vom Himmel gefallenen Quader aus Granit und Beton, mitten im Dorf hineingerammt in den Boden. Futuristisch, avantgardistisch, mutig. Ausgezeichnet mit zahlreichen Kultur- und Architekturpreisen. Aus ganz Deutschland pilgern Kommunalpolitiker herbei, weil sie auch gerne so ein Konzerthaus hätten. Bisweilen ist gar vom „Wunder von Blaibach“ die Rede.

Bürgermeister Wolfgang Eckl ist stolz, dass seine Gemeinde dieses Projekt gewagt hat. „Es war knapp damals“, erinnert er sich. Viele Blaibacher hätten das Konzerthaus nicht gewollt. Aber, so sagt Eckl heute: Es hat unser ganzes Dorf gestärkt. Tourismus, Gastronomie, Unternehmen - alle profitierten davon.

Vor 20 Jahren habe Blaibach noch 85 000 Übernachtungen im Jahr gehabt, berichtet Eckl. „Da kamen Touristen scharenweise mit Bussen aus dem Ruhrpott.“ Dann blieben die Busse weg. Seit 2014 kommen sie wieder. Aus dem ganzen Land reisen Kulturliebhaber in die Oberpfalz, um die vielgerühmte Akustik des Konzerthauses zu erleben. 2019 widmet ihm die Post eine Briefmarke.

Intendant ist der Bariton und Kulturschaffende Thomas Bauer. Gemeinsam mit dem Architekten Peter Haimerl hat er das irrwitzig anmutende Projekt angestoßen und umgesetzt. Auf „Kultur im Stadel“ habe er keine Lust gehabt, sagt Bauer. Das gebe es schon überall. Lieber ein Konzerthaus, das wirkt wie ein UFO - und seit Jahren ausverkauft ist. Drei Millionen Euro kostete der Bau, die Intendanz macht Bauer unentgeltlich. Für das Programm lässt er seine Kontakte in die Musikszene spielen. Etwa 60 Konzerte im Jahr gibt es.

Gut, bei Hotels und Pensionen gebe es durchaus Aufholbedarf, sagt der Intendant. Aber bislang hätten sowohl Künstler als auch Besucher in der Region immer eine Unterkunft gefunden. Gastronom Rüdiger Doerk, der in Blaibach eine Pizzeria betreibt, sieht das auch so. Viele Pensionen seien noch auf dem Stand der 1980er Jahre und nicht gerade für Klassikpublikum geeignet. „Mit Etagenduschen und sowas - aber die Künstler finden das schon wieder lustig.“

Von Anfang an habe er das Projekt unterstützt, sagt Doerk. Er findet die Idee „geil“, mitten im Niemandsland solch ein Konzerthaus zu bauen. Natürlich auch, weil Musiker und Gäste nach den Konzerten zu ihm zum Essen kommen. Für die Gastronomie im Ort sei das „eine absolute Bereicherung“.

Bauer hofft, dass andere Gemeinden nachziehen und dass sich Kooperationen ergeben. Es hätten ja auch andere Orte gute Konzepte oder engagierte Kulturvereine, sagt er. Jedoch fehle es oft an Geld. „Wir haben hier vergleichsweise wenig investiert, aber die Aufmerksamkeit ist riesengroß.“ Kunst und Kultur seien letztlich auch Standortfaktoren. Je mehr eine Region zu bieten habe, desto einfacher sei es für Firmen, Mitarbeiter zu gewinnen. „Das Konzerthaus hat für die Region unheimlich viel gebracht“, sagt der gebürtige Niederbayer.

Das sieht auch Architekt Haimerl so. Der Widerstand sei „eisenhart“ gewesen. Für das Modellprojekt „Ort schafft Mitte“ des bayerischen Bauministeriums hatte Haimerl vor knapp zehn Jahren angeregt, in Blaibach die Gemeindeverwaltung vom Ortsrand zurück in den Kern zu holen. „Das war der erste Schritt.“ Es entstand ein neues Bürgerhaus. Modern, schnörkellose Architektur aus Holz und Beton. Und im Bürgersaal Stühle, die - sehr stylish - mit Kuhfell überzogen sind.

Die Idee mit dem Konzerthaus sei gar nicht so verrückt gewesen, wie sie vielleicht erscheint, sagt Haimerl. „Es gibt hier einen kulturellen Nachholbedarf. Das ist doch genau das, was der Bayerwald braucht.“ Das Konzerthaus sei von Hamburg bis nach Südtirol bekannt. Und Blaibach hat wieder eine lebendige Mitte.

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