Hollywood:Herrlich unberechenbar

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Die Matriarchin der "Addams Family", Oberhexe in "Hexen hexen" und Oscarpreisträgerin Anjelica Huston. (Foto: Adrian Sanchez-Gonzalez/AFP)

Anjelica Huston, Model, Filmstar und Regisseurin, wird siebzig.

Von Fritz Göttler

Das Fest ist vorüber, die letzten Gäste sind am Gehen. Auch Gretta steigt langsam die Treppe hinab, kurz nach dem Treppenabsatz hält sie inne, wendet den Blick nach oben. Ein Lied, das erklingt, zieht sie zurück in die Vergangenheit, in die Jugend. Die Zeit steht still ...

Es ist "The Lass of Aughrim", eine alte irische Weise. Es geht um eine Liebe, die sich nicht erfüllen kann. Ein Junge starb, den Gretta liebte, mit siebzehn. Die Reaktionen auf ihrem Gesicht sind kaum wahrnehmbar, ein leichtes Hochziehen der Augenbrauen, ein vages Kopfschütteln. Anjelica Huston ist Gretta, in "The Dead", 1987, dem letzten Film ihres Vaters John, nach James Joyce. Der Moment auf der Treppe dehnt sich, reines Kino, so viel stärker als jede melodramatische Turbulenz.

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Anjelica Huston wurde geboren am 8. Juli 1951, als John gerade "African Queen" drehte, zum ersten Mal war sie dann auf einem Filmset bei seiner Verfilmung von "Moby Dick", 1956, ihren ersten Film machte sie mit siebzehn, unter Johns Regie, "A Walk with Love and Death". Auch Franco Zeffirelli hatte damals ein Auge auf sie geworfen, wollte sie als Julia in seinem Shakespearefilm. Der Vater sagte ihm kategorisch ab, Anjelica war wütend, ihr kam der Film des Vaters altmodisch vor. Später schenkte John ihr dann die Rolle der Maerose, der ordinären Mafiaprinzessin in "Prizzi's Honor", an der Seite von Jack Nicholson, mit dem sie viele Jahre liiert war. "Der Regisseur ist ihr Vater, der Star ist ihr Geliebter, und sie kann nicht spielen", wurde gelästert. Dann bekam sie den Oscar als beste Nebendarstellerin, das dritte Glied der Huston-Familie, das diese Auszeichnung erlangte, nach Vater John und Großvater Walter.

Die Bewegung ihres Lebens: von der Naturmädchen-Agilität in die Pose

Ihre Kindheit verlebte sie in Irland, auf dem Landsitz, den John in den Fünfzigern kaufte, und sie hat viele Sachen gemacht, die ihr Vater in seiner Robustheit erwartete, im Damensattel reiten zum Beispiel. Irgendwann hatte sie genug davon und begann als Model zu arbeiten, ihre Mutter Enrica Soma, eine Ballerina, kannte Richard Avedon, der fotografierte sie für Vogue, Anjelica arbeitete (und lebte) mit Bob Richardson, wurde abgebildet von David Bailey oder Helmut Newton. Das ist die Bewegung ihres Lebens, von der Naturmädchen-Agilität, wie sie dem Vater gefiel, in die Pose.

"Be careful, honey, you're out-irishing the Irish", mahnte John bei "The Dead". Ähnlich hatte er sie bei Prizzi gewarnt, mit den Italienern. Ich fange immer mächtig an, sagt sie, und fahre dann zurück. Sie konnte sich lösen von einem dominanten Vater und dann von einem launischen Liebhaber (der ein Kind mit einer anderen hatte). Das macht die Mütter so angenehm unberechenbar, die sie in drei Filmen für Wes Anderson verkörpert, zuletzt in "The Darjeeling Limited". Eine irische Mutter war sie in "Agnes Browne" (den sie selbst inszenierte), sieben Kinder allein erziehend. Ein direkter Weg führt dann zu Morticia Addams, die Matriarchin der legendären Family. Und zur absoluten Übermutter, der Grand High Witch in "The Witches" von Nicolas Roeg.

Die Subtilität der Pose: Anjelica Huston ist wunderschön madonnenhaft als Gretta, das dunkle Kleid, das weiße Kopftuch locker drapiert, hinter sich das helle bunte Glasfenster. Am Donnerstag wird sie siebzig Jahre alt.

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