Misfits, das sind Leute, für die es eigentlich keinen passenden Platz gibt auf der Welt. In der Europäischen Union sind derzeit 5,5 Millionen Menschen unter 25 Jahren arbeitslos - und es dürfte ziemlich schwer sein, sich ohne Perspektive seinen Platz zu erkämpfen in der Gesellschaft.
Danke für die Eingebung: Beim Besuch einer Whisky-Brennerei entwickelt Robbie (Paul Brannigan) den Plan für einen genialen Coup.
(Foto: Prokino Filmproduktion)Im Kino kommen arbeitslose Jugendliche nur als Zuschauer vor: Zu deprimierend. Und wenn einer wie Ken Loach, der große Arbeiterführer des britischen Kitchen-Sink-Films, sich des Themas annimmt, könnte man natürlich befürchten, dass ein larmoyanter Lehrfilm draus wird, der am Ende nur Ausweglosigkeit illustriert. Loachs Film "The Angels' Share" ist alles andere als das - es ist der leichteste, vergnüglichste, hoffnungsvollste Film, den Ken Loach je gemacht hat. Und das, obwohl seine Protagonisten Robbie, Albert, Rhino und Mo ziemlich authentische Verlierer des Kapitalismus sind: um die zwanzig, keiner von ihnen hatte je einen richtigen Job noch eine Ausbildung, ein richtiges Zuhause haben sie auch nicht.
Die vier, die sich Ken Loach und Paul Laverty, seit vielen Jahren sein Stamm-Drehbuchautor, ausgedacht haben, lernen sich in Glasgow vor Gericht kennen. Vier waschechte Vollidioten: Albert wird dort wegen besoffenen Torkelns auf Gleisen angeklagt, Rhino hat ein Problem mit Statuen, und Mo, die überhaupt alles klaut, was sie in die Finger kriegt, hat einen Papagei eingesteckt und ist ob des Gefieders überführt worden, das aus ihrer Tasche herausschaute. Der Einzige, dessen Vergehen nicht zum Schreien komisch ist, ist Robbie - der gerät immer wieder in tätliche Auseinandersetzungen.
Vier junge Schotten, die allesamt vorher noch nie vor der Kamera gestanden haben, hat Loach in diesen Rollen besetzt, echte Natur-Talente, im Original mit einer frechen Klappe und einem schottischen Akzent, der für sich genommen schon lustig klingt.
Alle werden zu gemeinnütziger Arbeit verdonnert, ein echter Glücksfall, denn betreut werden sie nun von Harry (John Henshaw) einem Sozialarbeiter, der seinen Job richtig ernst meint. Loach war ursprünglich mal Jurist, und vor allem der Schotte Laverty war Anwalt, bevor er mit dem Schreiben anfing: Vielleicht deswegen sind die vier Kids nicht zu Klischees geraten. Robbie, Rhino, Albert und Mo hatten es nie leicht, aber sie sind auch komplett unfähig, sich selbst zu helfen. Sie handeln sich immer nur ein bisschen mehr Ärger ein, als nötig gewesen wäre.
Geld für's Verschwinden
Wie ungelenk sie sich in der Welt bewegen, das hat viel komisches Potenzial - es verleiht dem Film einen Tonfall, der leicht und authentisch ist und vor allem dafür sorgt, dass man nie vergisst, dass man nur Menschen helfen kann, die sich helfen lassen.
"The Angels' Share" ist eine Komödie, aber eben eine sehr kluge, wie man sie von Loach erwarten würde: Einem wie Robbie hat keiner je eine Chance gegeben, selbst der Vater von Robbies schwangerer Freundin will ihm, als er mit Prügelattacken nicht weiterkommt, lieber Geld geben, damit er verschwindet, als ihn in die Familie aufzunehmen. Aber Robbie muss sich auch selbst stellen - dem, was er anderen angetan hat, und dem, was er selbst aus sich machen könnte, wenn er es wirklich versuchte.