"Miss you" vom 6./7. August:
Empfindsamer Journalismus
Ich habe länger - aber bei Weitem nicht so lange wie Hubert Wetzel - in den USA gelebt. Beim Lesen seines wunderbaren Artikels kamen bei mir alte Erinnerungen hoch, ich wurde wehmütig und sentimental. Bei mir war es nicht Baseball, sondern (College-) Football (damals war "Texas No. One in the Nation"). Dieser Artikel ist - jedenfalls nach meiner laienhaften Meinung - ein Meisterstück eines ebenso kenntnisreichen wie empfindsamen Journalismus.
Dr. Knut Suhr, Hamburg
Next "Aschfahrt" München
Mein Mann und ich lieben Amerika, seitdem wir 1983 unseren ersten Haustausch nach Long Beach, einem Vorort von Los Angeles gemacht haben. Dort erlebten wir hautnah, wie die Mitglieder einer Kirchengemeinde wie eine große Familie zusammenlebten und somit Sozialleistungen wie in Deutschland unnötig machten. Die ganze Gemeinde kümmerte sich liebevoll darum, uns einen schönen Urlaub zu bereiten. Wir lernten in einer Familie den Schwiegersohn kennen, der ein bekannter Baseball-Coach war. Er war der Held in der Familie und der Gemeinde und war stolz darauf, einmal in München gewesen zu sein, ohne darüber mehr sagen zu können, als dass ihm der "Aschlese"-Wein (Auslese) sehr gut geschmeckt habe, und dass in Deutschland so viele Städte den gleichen Namen, nämlich "Aschfahrt" hätten, was ich richtigstellen konnte.
Wir haben etwa 40 Haustausche in den USA gemacht, jeweils drei bis vier Wochen in New York City, auf Hawaii, bei Boston, in North California, den Rocky Mountains, Maine, New Mexico, und haben immer abseits vom Touristenrummel wie Einheimische gelebt. Haben so herausragende Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft von Freunden unserer Tauschpartner und deren Unkompliziertheit genossen. Sofort wurden wir wie alte Freunde behandelt.
In den ersten 20 Jahren waren unsere amerikanischen Tauschpartner oft Menschen, die in Deutschland nach ihren Wurzeln suchen wollten, oder ehemalige Besatzungsmitglieder, die neugierig waren, was aus Deutschland geworden ist.
Amerika ist nicht nur durch die extremen Landschaftsunterschiede ein Land der Gegensätze, das Leben in den Großstädten und das auf dem "flachen Land" ist wie auf zwei verschiedenen Planeten. Wir sind durch Kleinstädte gefahren, die heute noch ohne Umbauten als Kulissen für alte Westernfilme dienen könnten.
Mein Mann und ich haben sogar eine Art "Heimweh" nach Amerika, weil wir wegen der Pandemie gefühlt viele Jahre nicht dort gewesen sind. Aber wir kennen Familien, die berufsbedingt einige Jahre in den USA gelebt haben und dann, nach einigem Zögern doch wieder zurück nach Deutschland gezogen sind, obwohl es ihnen in Amerika sehr gut gegangen ist. Gründe dafür gibt es vielfältige.
Christel Klemenjak, Mindelheim
Thema verfehlt
Ich bin als Deutscher seit fast 30 Jahren mit einer US-Amerikanerin aus Chaska (eine Stadt im Bundesstaat Minnesota; d. Red.) verheiratet. Wir leben familienbedingt auf beiden Kontinenten und ich habe - auch beruflich bedingt - einen durchaus ausgewogenen und jahrzehntelangen Einblick in die US-amerikanische Gesellschaft.
Wenn man diverse SZ-Artikel ansieht, herrscht dort eine durchwegs negative Berichterstattung über die USA vor. In guter deutscher Manier wird belehrend über die Probleme der US-amerikanischen Gesellschaft geschrieben. Auch der oben genannte Artikel ist eine nahezu groteske Beschreibung der US-Gesellschaft, zusammenhangslos, lediglich ausschnittsweise wiedergegeben und völlig verfehlt.
Auch der immer wieder heftig kritisierte Ex-Präsident Trump wurde von einer demokratischen Mehrheit in gerade denjenigen Regionen gewählt, die Sie engstirnig und überheblich mit Baseball- und Country-Glücksmomenten beschreiben. Sie haben trotz sechsjährigen Aufenthalts in den USA in keiner Weise den Spirit, die Emotionen und die Einstellung der Bevölkerung abseits der Großzentren der West- und Ostküste erfasst, geschweige denn verstanden.
Thomas Sedlmair, Puchheim
Home Run
Der Artikel "Miss you" von Hubert Wetzel ist das Beste, was ich seit Langem in Ihrer Zeitung gelesen habe. Bei den Referenzen zum Baseball fehlt "Unterwelt", das Opus magnum von Don DeLillo, bei dem gleich zu Beginn der Baseball aus dem Feld auf die Tribüne geschlagen wird.
Manfred Boscolo, München
Hinweis
Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung , gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de . Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.