Sprachlabor:Frauenfrei, frauenlos?

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Ferner: Den Kindern bitte nie den Krieg erklären!

DAS KOMMUNIKATIONSZENTRUM für Frauen zur Arbeits- und Lebenssituation - Kofra - freut sich naturgemäß über solide Texte zur Lage der Frauen. Wenn aber, wie bei uns geschehen, rein männliche Führungsgremien als "frauenfrei" bezeichnet werden, wirkt das auf deren Arbeitskreis Sprache wie ein "Wermutstropfen". Und warum? Weil -frei hinter Negativem stehe ( rauch-, abgas-, zuckerfrei). Hingegen stehe -los hinter Positivem, siehe heimat-, schutz- oder mutterlos, weswegen zu der Variante frauenlos geraten werde. Dem Anliegen wird sich kein einsichtiger Mensch verschließen. Die Begründung aber bedarf der Differenzierung, denn dass -frei hinter Negativem stehe, ist in dieser Unbedingtheit nicht haltbar. Laut Fleischers Wortbildungslehre wird -frei verwendet, wenn das Nichtvorhandensein als Vorzug aufgefasst wird ( miet-, sorgen- oder fieberfrei). Und auch die Komposita mit -los sind nicht durchgehend positiv konnotiert, man denke nur an zügel-, erfolg- oder verantwortungslos.

DIE REDAKTION dieses Blattes steht auf dem Standpunkt, dass sprachlich alles erlaubt ist, was nicht verboten ist oder sich, aus welchen Gründen auch immer, von selbst verbietet. Diese Regel ist auch auf den Fall anzuwenden, den unser Leser G. leicht mokant vorträgt: dass laut unserem Magazin die Schauspielerin Sandra Hüller "selbst in Hollywood" gefeiert wird. "Es wäre doch", schreibt er, "viel zu einfach, von sogar in Hollywood zu sprechen", und der Satz klingt ganz so, als wäre die adverbiale Verwendung von selbst - in der Bedeutung von sogar oder auch - eine Art von sprachlichem Geckentum. Ist es aber nicht, sondern ein Beleg dafür, dass man, wo zwei Ausdrücke zur Verfügung stehen, ruhig mal den ausgefalleneren nehmen kann.

MIT DOPPELDEUTIGEM haben wir es an dieser Stelle öfter zu tun, und in aller Regel erwächst daraus auch allerlei Heiteres. So muss es aber nicht immer sein. Auf die Überschrift "Wie erklärt man Kindern den Krieg?" reagiert Leser B., ein Freund der Präzision, mit vollem Ernst. "Da gibt es", antwortet er, "ja wohl nur eine Antwort: gar nicht, nie!

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