Rappenalpbach:Erst Naturgemetzel, dann Allianz des Schweigens

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Massiver Eingriff, von dem keiner etwas mitbekommen haben will? Das Rappenalpbachtal im Allgäu nach der Bagger-Aktion der Almbauern. (Foto: Udo Schmitz/Bund Naturschutz)

SZ-Leser fordern eine harte Bestrafung des Allgäuer Umweltfrevels und wundern sich, wieso niemand die massiven Baggerarbeiten stoppte.

"Alpbauern graben Gebirgsbach um" vom 17. November und "Alpbauern im Visier der Staatsanwaltschaft" vom 23. November:

Geldstrafe reicht da nicht

Ich bin sehr froh darüber, dass der Naturfrevel am Rappenalpbach aufgedeckt wurde und strafrechtlich verfolgt wird. Die Anmut dieses wunderbaren Tals darf nicht denen geopfert werden, die ohne jeden Skrupel die Natur zerstören, um sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Eine große Gefahr sehe ich darin, dass die Frevler mit einer Geldstrafe davonkommen. Sie sollten neben einer saftigen Geldbuße auch dazu verurteilt werden, den Bach in seiner ursprünglichen Form wiederherzustellen. Dieses geschändete Natur-Juwel darf nicht verloren gehen!

Dr. Hans-Joachim Schemel, München

Fall für Aiwangers Portokasse

Als Hubert Aiwanger, seines Zeichens Wirtschaftsminister und selbsternannter Schutzpatron der bayerischen Bauern, im Sommer von einem oberbayerischen Landwirt hörte, gegen den wegen der wiederholten Verunreinigung von öffentlichen Straßen ein Bußgeld verhängt worden war, besuchte Aiwanger diesen Landwirt, um ihm seine Anerkennung auszusprechen und um ihm medienwirksam das Bußgeld in Höhe von 130 Euro aus seiner privaten Portokasse zu erstatten. Aiwangers nächste Solidaritätsreise zu geschurigelten landwirtschaftlichen Berufskollegen führt ihn voraussichtlich in das Oberallgäu. Dort sind die Landwirte einer Alpgenossenschaft bei der Umwandlung der Naturlandschaft in eine von Menschenhand geschaffene Kulturlandschaft offensichtlich etwas über das Ziel hinausgeschossen. Das illegale Ausbaggern eines Gebirgsbachs hat in der Landschaft eine kilometerlange Schneise der Verwüstung hinterlassen, die bereits Gegenstand von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ist. Für die Fahrt mit der Dienstlimousine ins Allgäu sollte Aiwanger daher seine XXL-Brieftasche einpacken, denn die Strafzahlung, die den Älplern droht, dürfte sich im fünfstelligen Bereich bewegen.

Roland Sommer, Diedorf

Und alle schauen weg

Ich war im September/Oktober wieder als Tourist in Oberstdorf, auch im Rappenalptal. Was da passiert ist, habe ich als Wanderer gesehen: Ich habe die Bagger gesehen und vor allem gehört. Selbst wir - meine Frau und ich als Touristen - haben uns gewundert und gefragt: "Was machen die denn da? Was passiert da? Schön sieht das ja nicht aus." Aber wir dachten, dass es vielleicht als Folge irgendeines Naturereignisses, Regen, Unwetter zum Beispiel, zu notwendigen Korrekturen kommt. Was ich aber nun in der Folge in diversen Zeitungen und Sendungen lese und höre, verschlägt mir die Sprache und macht mich wütend: Niemand will irgendwas von diesem Naturgemetzel bemerkt haben?

Niemand, kein Einheimischer. Geht keiner von denen in diesem an und für sich wunderbaren Tal wandern? Kein Almbauer, niemand? Wirklich niemand? Am Talanfang stehen Almen, die bewirtschaftet sind. Und die Straße von Oberstdorf durch das Stillachtal bis zum Beginn des Anstiegs in das Rappenalptal führt durch bewohnte Bereiche. Die Straße hoch ins Rappenalptal ist eng und steil. Ohne aufzufallen, wurden da nie und nimmer die Bagger hoch gekarrt. Ganz in der Nähe steht die Schwarze Hütte. Deren Besitzer, die wir als sehr freundliche und gesprächige Menschen kennengelernt haben, hilfsbereit, aber sie haben das alles nicht bemerkt? Haben die Bagger nicht gehört? Haben mit niemanden darüber gesprochen, und das obwohl, als wir Anfang Oktober dort waren, die Arbeiter bei der Hütte gevespert haben?

Wenn die Touristen, die da jeden Tag durchgehen, nicht darüber gesprochen haben, ist das noch nachvollziehbar.

Aber all die Einheimischen? Nicht nur die Schwarze Hütte ist bewirtschaftet, weiter hinten im Tal steht die Hofhütte Alpe Haldenwang, auch bewirtschaftet. Dann sind da noch die Betreiber der Materialseilbahnen zur Enzianhütte und Rappenseehütte, die kurz vor dem unteren Schandleck installiert sind, und weiter im Tal drin die Materialseilbahn zur Mindelheimer Hütte. Gerade als wir da waren, war die Materialseilbahn zur Enzianhütte in Betrieb. Dort schon haben wir die Bagger bei der Arbeit gehört. Nur noch nicht gesehen.

Dann die Behörden in Oberstdorf? Die Firma, die die Gerätschaften (Bagger, Transportfahrzeuge) vermietet hat? Die wollten allen Ernstes nicht gewusst haben, wo und wofür ihre Geräte verwendet werden? Echt niemand, der nicht frühzeitig etwas von diesem Landschaftsfrevel mitgekommen haben will? Bergführer aus Oberstdorf, Bergwacht? Ich kann es nicht glauben, dass allen entgangen ist, was da passiert.

Ich kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen ordentlich zur Verantwortung gezogen werden: die Besitzer, Pächter oder wem auch immer das Land gehört, die Verantwortlichen bei den Behörden, die hier ihre Plicht verletzt haben. Ich hoffe, dass nichts irgendwo unter den Teppich gekehrt wird, und dass die Justiz in diesem Fall so lange ermittelt, bis die Verursacher, die, die das in Auftrag gegeben haben, und die, die das seitens der Behörden und Institutionen abgenickt oder geduldet haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Irgendjemand außer den Auftraggebern hat noch davon gewusst. Und genau diese Leute müssen gefunden werden.

Warum schändet man das Land so derartig? Ist manchen Menschen alles egal, geht es nur noch ums Geld? Denkt keiner an die nachkommenden Generationen? Muss der Gesetzgeber noch härtere Maßnahmen ergreifen und alles unter Naturschutz stellen und ganze Gebiete absperren? Dürfen manche ungestraft alles machen, was ihnen in den Sinn kommt? Leider fehlen mir persönlich die finanziellen Mittel. Sonst würde ich sofort einen Prozess anstrengen mit dem Ziel, die ganzen nicht wirklich ahnungslosen Ahnungslosen zu belangen und zu bestrafen. Hoffentlich tun das andere.

Roland Hauer, Wismar

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