Soldatenfriedhöfe:Fürs Verzeihen, nicht fürs Verehren

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Deutsche Grabfelder dienen einem friedlichen, stillen Gedenken, keinem Heldenkult. Deshalb sind sie auch anders angelegt als Friedhöfe in anderen Ländern.

"Der Friedhof der Täter" vom 26./27. November:

Zu spät fürs Aufrechnen

Ein Friedhof ist weder Heldenplatz noch Richtstätte. Mit dem Tod werden alle gleich. Wer jetzt beginnt, die Taten aufzurechnen, ist zu spät dran. Es gibt niemanden mehr, der zur Verantwortung gezogen werden kann. Der Krieg ist vorbei. Die Schuld, die manche auf sich geladen haben, bleibt ungesühnt. Es ist daher ein Streit zur falschen Zeit und am falschen Ort. Die historische Aufrechnung der Kriegsschuld sollte anderswo stattfinden, nicht auf dem Friedhof.

Nicht ohne Grund gibt es an den Gräbern der Soldaten keine einzelnen Kreuze, nur Namenstafeln. Kein militärischer Rang. Keine Orden. Hier liegen die Toten nicht in militärischer Anordnung, sondern in einem weitläufigen Garten. Hier liegen sie alle, ob schuldig oder unschuldig. Man sollte ihre Ruhe achten.

Wer jemals in Verdun war und den niederschmetternden Eindruck der unzähligen Gräber, Kreuze und Gebeine auf dem französischen Ehrenfriedhof erlebt hat, versteht nicht nur den Unterschied in der Architektur, sondern die grundsätzlich andere Sichtweise auf Krieg, Soldatentod und Kriegsschuld, die auf den deutschen Soldatenfriedhöfen zum Ausdruck gebracht wurde. Ich hatte den Eindruck, dass weder die Veranstalter des Gedenkens an die NS-Opfer noch das "Heldengedenken" der politischen Rechten solchen Gedanken folgen.

Ich kann diese Auffassung so formulieren, weil der Soldatenfriedhof in Hofkirchen von meinem Vater, Curt Vogler, zusammen mit seinen Kollegen vom Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge in den fünfziger Jahren geplant und gebaut wurde. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass solche Überlegungen maßgebend waren für diesen und viele andere Soldatenfriedhöfe in Europa. Anders als die damaligen Siegermächte wollten sie keine Heldengedenkstätten bauen. Sie wollten auch der Wut und der Trauer über die vielen schrecklichen Schicksale keinen Vorschub leisten, sondern Orte der Ruhe, des Friedens und des Verzeihens schaffen. Dies sollte man beim Besuch dieser Anlagen beachten.

Kurt Vogler-Ludwig, Gräfelfing

Viele Schuldige

Der NS-Staat wurde von den bis zu acht Millionen Parteimitgliedern getragen. Die bis zu 0,8 Million SS-Angehörigen waren deren Erfüllungsgehilfen. Sehr viele SS-Mitglieder machten sich zum Beispiel bei der Judenverfolgung schuldig, wie auch viele Wehrmachtssoldaten dabei tüchtig mitwirkten. Die Parteimitglieder waren quasi die Mafia-Bosse, und die SS-Mitglieder deren Erfüllungsgehilfen.

Eine pauschale Verurteilung der SS-Angehörigen wie der Wehrmachtssoldaten ist nicht gerechtfertigt, es kommt auf die individuelle Schuld an. Dagegen ist die Schuld an den Untaten des NS-Staates den Parteimitgliedern anzulasten, obwohl sie es geschafft haben, ihre Schuld zum Beispiel auf die Angehörigen der SS abzuwälzen. Ein Friedhof mit NSDAP-Mitgliedern ist logischerweise dann auch als "Friedhof der Täter" zu bezeichnen.

Wolfgang Maucksch, Herrieden

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