Aus für Rammstein-Konzert:Grober Münchner Unfug, der Fragen aufwirft

Lesezeit: 3 min

Traten gerade im dänischen Aarhus auf - kommen an Silvester aber doch nicht nach München: die Band "Rammstein". (Foto: IMAGO/Gonzales Photo)

SZ-Leser sind erleichtert, dass das Silvester-Event geplatzt ist. Sie rügen die Stadtratsmehrheit - und hätten gerne klare Regeln für die Nutzung der Theresienwiese.

"Rumoren um Rammstein" vom 20. August, "Rammstein hatte nie zugesagt" vom 19. August und "Rammstein-Konzert auf der Theresienwiese abgesagt" vom 17. August:

Vernunft statt Ausverkauf

Die Münchner, insbesondere die Anwohner der Theresienwiese, sollten sich bei KVR, der Polizei und dem Veranstalter bedanken für die Vernunft, an welcher es der Stadtratsmehrheit aus SPD und CSU gefehlt hat. Und wenn es nicht der Mangel an Vernunft war, dann die politische Feigheit vor den Investoren. Die Münchner sollten den Vorgang auch im Gedächtnis behalten und erkennen, dass die Stadträte aus SPD und CSU bereit sind, den Ausverkauf Münchens ohne Rücksicht auf die Bewohner voranzutreiben.

Harald Daeschler, München

Baumgärtners seltsame Rolle

Herr Baumgärtner, ach, wie waren wir erleichtert zu lesen, dass die von Ihnen, dem Münchner Wirtschaftsreferenten, in die Welt gesetzten Informationen zum geplanten Rammstein-Konzert nur ein netter Scherz waren und Sie den geschätzten Stadtrat nur "veräppeln" wollten. Wir zweifeln wirklich an der Seriosität der Stadtratsmehrheit, die diesem Irrsinn zugestimmt hatte in einer Zeit, in der wir alle zum Energie- und Ressourcensparen aufgerufen werden. Ja, geht's noch? Wir fragen uns, ob die gewählten Befürworter dieser Sause in einer spätpubertären Phase hängen geblieben sind, bei welchem Teil der Münchnerinnen und Münchner sie sich anbiedern wollten oder ob es sich einfach um plumpen Populismus handelt. Jedenfalls fiel uns ein Stein vom Herzen, dass dieser Kelch zumindest erst einmal an uns vorüberging.

Gisela Hutter, Kirchheim bei München

Entsetzlicher Missgriff

Auf der ersten Seite des München-Buchs berichtet die SZ am 8. August unter der Überschrift "So eine Krise war noch nie da" von den Problemen verschiedener Handwerksbetriebe bei der kommenden beziehungsweise schon existierenden Gas- und Energieknappheit respektive Lieferkettenknappheit, woraus sich Preissteigerungen von 100 bis 150 Prozent ergeben werden. Es sollte nicht schwer sein, sich die massiven sozialen Probleme, die das bringen wird, vorzustellen.

Oder will man sich das alles einfach nicht vorstellen? Denn gleichzeitig findet im Herbst das - mit Verlaub - größte Massenbesäufnis der Welt statt, mit ein paar Fahr- und Fressgeschäften dazwischen. Und jetzt beinahe - am selben Ort, aber mit 150 000 (!) Zuschauern - an Silvester auch ein sogenanntes "Konzert" einer Band, die sich nach der größten Flugkatastrophe in der Bundesrepublik Deutschland benannt hat (70 Tote, 370 Schwerverletzte). Schon das eine Geschmacklosigkeit sondersgleichen.

Die Musik von Rammstein (und ich kenne als ehemaliger Musikredakteur des Bayerischen Rundfunks diese Musik) strotzt vor sinnloser Aufgeblähtheit und lautem Gepose und Geröhre: Laut, lauter - brutal, noch brutaler - gigantisch, noch gigantischer - besoffen, noch besoffener. Kurz: tierisches Protzgehabe. Künstlerisch ein Nichts.

Und wem nützt das Ganze? Am meisten wohl den Kontoständen der Musiker und ihrer Agenturen. Man konnte nur darum beten, dass die Stadtverwaltung einer Stadt, die sich einen eben dafür verantwortlichen Wirtschaftsreferenten leistet, der das alles nur mit "geil - geiler" kommentiert und fördert (Gabalier und andere rechne ich derselben Kategorie zu), diesen endlich zur Vernunft bringt und derartige Monster-Events rigoros streicht. Das nicht zuletzt vor dem anfangs geschilderten Hintergrund, mitten in einem sinnlosen Sterben in der Ukraine, corona- und grippebedingten Krankenständen ohne Ende, in einer Zeit der Klimakatastrophe mit Dürre, Trockenheit, Wasserknappheit, Hunger, in der sowieso nur noch wenig so funktioniert, wie es sollte. Welch eine entsetzliche Botschaft, die diese Stadt in die Welt damit hinausgebrüllt hätte. Von den logistischen Problemen und den Belästigungen für die Bevölkerung in München mal ganz abgesehen. So etwas gehört sich einfach nicht. Schon gar nicht in diesen Zeiten.

Walter Meier, München

Weiterem Unfug vorbeugen

Nach meiner Erinnerung dürfte diese Rammstein-Geschichte der früheste Wahlkampfauftakt zur OB- und Stadtratswahl (März 2026) gewesen sein, den es in der Münchner Stadtpolitik der Nachkriegszeit jemals gegeben hat. Aber ich erinnere an dieser Stelle gerne an die vorletzte Münchner Kommunalwahl (2014) und an die quasi historischen Diskussionen über die Theresienwiese als öffentliche Grünanlage in der Münchner Innenstadt, etwa an die Veranstaltung "Wem gehört die Theresienwiese?" des Münchner Forums am 17. Januar 2013. Damit solch eine Unfugsgeschichte mit Rammstein an Silvester oder einem anderen Radau auf der Theresienwiese nicht mehr passieren kann, sollte der Münchner Stadtrat endlich ein verbindliches Handbuch "Pflege und Nutzung der Theresienwiese als öffentliche Grünanlage der Landeshauptstadt München" beraten und beschließen.

Herbert Gerhard Schön, München

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung , gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de . Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: