BR-Studiobau in München:Da wird ein erstklassiges Kulturgut vernichtet

Lesezeit: 3 Min.

Seit Monaten wird immer wieder gegen den geplanten Abriss des BR-Studiobaus protestiert. Hier eine Szene vom September 2023. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

SZ-Leser stimmen in Hans Wells Kritik ein und vergleichen den geplanten Abriss des geschichtsträchtigen Gebäudes mit der Zerstörung einer Stradivari.

"Denk mal, Amt!" vom 13./14. April, Kolumne von Hans Well:

Lohnender Einsatz fürs Alte

Hans Well hat mir aus der Seele gesprochen. Auch ich bin der Ansicht, man muss nicht immer alles dem Erdboden gleichmachen, aber es erfordert halt mehr Gehirnschmalz, sich mit den Bestandsbauten auseinanderzusetzen. Auch die Ausführungen von Herrn Well über das neue Sendekonzept des Bayerischen Rundfunks (BR) finden meine volle Zustimmung.

Benno Wagner, München

Stichhaltige Warnung

Als Bayern-2-Hörerin kann ich nur hoffen, dass Hans Well mit seinen großartigen, stichhaltigen Argumenten zum Erhalt des Studiobaus des BR noch Gehör findet bei den maßgeblichen Stellen. Da jedoch mit der Programmreform die Gefahr des Dudelfunks droht, fürchte ich auch hier nichts Gutes ...

Gudrun Keller, Höchst

Stradivari zertrümmern

Dieses Gebäude zu zerstören ist, als würde man eine Stradivari mit einem Hammer zertrümmern - mit dem Hinweis, es gebe ja auch heute genug Geigenbauer.

Da muss man sich fragen, ob die Täter überhaupt die Kompetenz besitzen, den einmaligen und unwiederbringlichen Wert solcher, ja, Kunstwerke zu erkennen. Ganz zu schweigen vom mangelnden Respekt - früher hätte man gesagt: Ehrfurcht.

Ludwig Hahn, Violinist, München

Kurs auf billig und beliebig

Man muss es klar so sehen: Hier würde unnötigerweise Kulturgut vernichtet, denn für Kulturneubauten (siehe die Konzertsaalplanung am Ostbahnhof) ist keine Lobby vorhanden. Die "Aldisierung" der Gesellschaft - alles muss billig und beliebig sein - würde damit weiter fortschreiten. Kultur fördert kritisches Denken und unterstützt Diskurs über kontroverse Themen in gegenseitiger Achtung und Toleranz. Und genau das braucht einen Ort, das braucht die Gesellschaft heute mehr denn je!

Wolfram Graul, Rieseby

Kurzsichtig

Hans Well hat es vorbildlich geschafft, einen Münchner Zustand zu beschreiben, für den noch ein Begriff gefunden werden muss. In ihm müssen Ignoranz, Unvermögen, das Fehlen von Vernunft und Weitblick, die Ablehnung von Verantwortung und Wertschätzung enthalten sein. Vielleicht wird man bei ähnlichen Vorkommnissen künftig von "BR-haftigkeit" sprechen.

Claus Biegert, Uffing am Staffelsee

BR-Sprachlosigkeit

Viele ältere deutsche Studiobauten, etwa in Köln oder Bremen, stehen unter Denkmalschutz. Das kann man noch im Deutschlandfunk in einem hörenswerten Feature über die Zukunft der Rundfunksäle (Titel "Der Saal ist mein Freund") nachhören. Es wäre seltsam, wenn die bayerischen Behörden für das Münchner Funkhaus zu einem anderen Ergebnis kommen würden. Für das Feature kam "ein Interview mit der Intendantin Wildermuth (...) trotz mehrfacher Anfragen nicht zustande (gemeint: BR-Intendantin Katja Wildermuth; d. Red.)". Entweder zeugt das von Arroganz oder Bequemlichkeit, oder sie ist selbst unzureichend informiert beziehungsweise steht gar nicht zu dem Abriss des Studiobaus, den sie (warum?) meint, vertreten zu müssen. Alles keine guten Voraussetzungen für eine so verantwortungsvolle Tätigkeit.

Dirk Homburg, München

Entscheidung überdenken

Mit uns sind zahlreiche Freunde und Bekannte entsetzt über die Pläne der Führungskräfte im BR, das Rundfunkgebäude abreißen zu lassen, weil die Sanierung zu teuer käme. Es handelt sich um einen sehr großen Studiobau mit funktionsfähigen Konzert- und Aufnahmestudios, Proberäumen, Wortstudios, Konzertsälen et cetera - alle von einer Qualität, um die München von bedeutenden Dirigenten und Musikern beneidet wird. Zahlreiche Fachleute sprechen sich vehement für den Erhalt des Studiobaus aus, besonders der Bund deutscher Architekten. Ist der Intendantin und dem Programmdirektor entgangen, dass sich in letzter Zeit immer mehr Architekten und Bauämter gegen den Abriss funktionsfähiger Gebäude aussprechen, nicht nur aus historischen Gründen, sondern weil viel sogenannte graue Energie verloren geht? Die ökologischen Schäden und Kosten werden meist nicht bei der Kostenberechnung von Neubauten einbezogen.

Wir haben als Lehrer so manche Sendung in unseren Unterricht einbezogen. Wir appellieren an die Leitung des BR: Bitte hören Sie auf die Experten und überdenken Sie Ihre Entscheidung!

Udo und Roswitha Helmholz, Grafing

Ein Haus für den guten Ton

Ich bedanke mich für den Musik-Fachmannsblick von Hans Well. Er erinnert mich an die besonderen Begegnungen mit den Schöpfern des Bayerischer-Rundfunk-Studiobaus vor fast 60 Jahren, mit den Professoren Werner Eichberg, Josef Wiedemann und Robert Lippl. Und jetzt soll alles weg? Nur weil eine nicht nachprüfbare, offensichtlich verführerische Kalkulation vorliegt, Sanierung des Bestandes wäre teurer als Abriss und Neubau? Ich staune nicht schlecht über den Mut und letztlich über die Verantwortungslosigkeit, diesen grenzüberschreitend hochgeschätzten Rundfunk-Studiobau auf der Grundlage dieses Wackel-Gutachten-Fundaments zu opfern.

Ich meine sogar, falls tatsächlich ein Neubau inklusive Abriss des Altbestandes billiger als die Sanierung des Bestandes käme, dann wäre die Sanierung allein wegen des Erhalts der unbezahlbaren, besonders geschätzten Werte und der vielen von Herrn Well genannten besonderen Ausstattungen trotzdem fast schon verpflichtend. Ich meine, allein die Tatsache, dass hier mit unvergleichbarem Erfolg ein voll passendes, schon geschichtsträchtiges Haus für den wirklich guten Ton gebaut wurde, wie es damals stolz in der Presse stand - da gibt's nur eins: Bitte zieht alle Register für den Erhalt dieses wunderbaren Erlebnisortes.

Stephan Hansen, Ergolding-Piflas

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