Grundsteuer digital:Unfreundlicher Bürokratismus

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Bis 31. Oktober müssen die neuen Grundsteuererklärungen abgegeben sein. Könnte so einfach sein. Ist aber eine einzige Zumutung, findet ein Leser.

"Erst 14 Prozent der Grundsteuer-Daten abgegeben" vom 26. August:

Wie ein Damoklesschwert hängt der Termin zur Abgabe von Grundsteuererklärungen - der 31. Oktober 2022 - über den Eigentümern von Immobilien, und die Finanzverwaltung macht es einem wahrlich nicht leicht. Alles wird ja bekanntlich ganz bequem und einfach, wenn man es digital macht, und dafür haben wir in Bayern den Digitalzugang "Elster".

Wenn man sich dort registrieren möchte, braucht es ein paar Tage, bis man mit Hilfe von Aktivierungs-Code (für gelbe Post), Abrufcode und Aktivierungs-ID (für E-Mail), Benutzername und Passwort eine Zertifikatdatei auf seinen Computer laden kann, mit der man sich zusammen mit dem Passwort bei Elster anmeldet und die Grundsteuererklärung erstellen und einreichen kann.

Alternativ habe ich mir auch die Papierform angesehen. Das Vorgehen dazu ist gar nicht so leicht zu finden, unter anderem geht es mit www.grundsteuer.bayern.de - "am PC ausfüllbar": "Graue PDF-Formulare und Ausfüllanleitungen" zu sechs Formularen mit fünf Anleitungen, die man dann aufrufen und am PC ausfüllen kann. Wenn man das weiß, ist es wirklich ziemlich einfach. Jetzt muss man nur noch wissen, dass man "BayGrSt1-Hauptvordruck" braucht und mindestens "BayGrSt2-AnlageGrundstück". Jetzt kommen noch ein paar Hürden: So steht auch in der Anleitung nicht, ob man das Feld "Gemarkung" leer lassen darf, wenn im Notarvertrag keine Gemarkung angegeben ist, oder ob man dann die Gemeinde eintragen muss. Und beim Aktenzeichen aus dem Anschreiben des Finanzamts und bei der Steuernummer darf man ja nicht die Querstriche eintragen, während beim Anleitungsbeispiel in der Telefonnummer die Vorwahl mit Querstrich abgetrennt wird, bei der Identifikationsnummer muss man die trennenden Leerzeichen weglassen; wird eine Laufnummer oder ein Schlüssel vorgenullt, muss ein Zähler mit fünf Nachkommastellen eingetragen werden...?

Und wenn man als Normalfall nicht zu Land- und Forstwirtschaft gehört oder man keine Grundsteuerbefreiung/-ermäßigung anstrebt, oder wenn nicht mehr als zwei Eigentümer anzugeben sind, ist man schon fertig mit den beiden Formularen. Nur circa ein Prozent der Grundsteuererklärungen betreffen übrigens die Land- und Forstwirtschaft.

Die Ermittlung der Wohn- und Nutzfläche macht natürlich eventuell Arbeit. Hier sind die Anleitungen nur bedingt hilfreich, wie etwa die eigenartige Vorgabe "die Grundflächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte anzurechnen". Was jetzt: ein Viertel oder zur Hälfte? Und wenn ich dann nächstes Jahr meiner Terrasse vier Quadratmeter Bodenplatten zufüge, muss ich dann eine neue Grundsteuererklärung abgeben mit einer Erhöhung der Wohnfläche um einen Quadratmeter?

Für die Wohnflächenberechnung wird die Wohnflächenverordnung gefordert, aber es heißt in der Anleitung: "Die Wohnfläche ist auch in den Bauunterlagen, dem Mietvertrag oder der Nebenkostenabrechnung ersichtlich. Bei Eigentumswohnungen ist die Wohnfläche auch aus der Wohngeldabrechnung ersichtlich." Da stellt sich schon die Frage, ob dies vertrauenswürdige Unterlagen gemäß Wohnflächenverordnung sind. Wunderbar sind auch Sätze wie "Die Nutzfläche kann nach jedem geeigneten Verfahren, z. B. nach der DIN 277, ermittelt werden." Wer legt denn bitte die Eignung fest, wozu gibt es denn eine DIN 277, wenn man sie austricksen kann?

Man hat also alles schön gemacht - und stellt fest, dass der Finanzverwaltung mit Ausnahme der Wohnfläche und der Nutzfläche alle Daten bereits bekannt sind. Warum also im Normalfall nicht einfach die Frage der Finanzverwaltung nach Wohn- und Nutzfläche, die man mit einem Einzeiler beantworten könnte statt mit Datenmüll (bei Papierform auf minimal 6 Seiten, bei digitaler Form mit unverhältnismäßig großem Aufwand).

Dr. Hannes Hutzelmeyer, Planegg

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