Diesel-Fahrverbot:Münchner Regel-Monster mit Praxis-Defiziten

Lesezeit: 3 min

Erregt die Gemüter von Autofahrern mit älteren Dieselfahrzeugen: Das neue Münchner Diesel-Fahrverbot. (Foto: Florian Peljak)

Werden auswärtige Handwerker Münchens Innenstadt meiden? Und ist die neue Regel fair zu Berufspendlern, die aus Regionen ohne starkes ÖPNV-Netz kommen?

"Ausnahmen vom Diesel-Fahrverbot" vom 2. Februar und "Diesel-Fahrverbot tritt in Kraft" vom 31. Januar:

Aus für Möbelbastler

Jetzt darf ich also mit meinem Diesel nicht mehr in die Stadt und auf den Mittleren Ring. Alle anderen dürfen, die Handwerker, die Anwohner, die Taxis, Feuerwehr und Polizei sowieso. Deshalb wird sich die Luftqualität auch nicht ändern. Nur ich darf nicht mehr. Dabei ist es mir eh' wurscht, weil ich in die Stadt mit dem Rad oder MVV fahre. Aber ein oder zweimal muss ich mit langen schweren Brettern zum Haus für Eigenarbeit am Ostbahnhof fahren, um mir ein Möbelstück zu basteln. Da führt am Auto kein Weg vorbei. Dann werde ich mich wohl über den Mittleren Ring schwindeln. Hoffentlich erwischt mich keiner.

Hans Bittermann, München

Fiasko für auswärtige Handwerker

Als Architekt mit Bürositz im Landkreis München bin ich wegen verschiedener Bau-Projekte, Gebäudemanagement et cetera vom Fahrverbot für Dieselfahrzeuge mit meinem neun Jahre alten VW Tiguan betroffen und in der Berufsausübung behindert. Als Bauleiter ist man täglich in einem logistisch abgezirkelten, kürzest möglichen Turnus vom Büro auf die verschiedenen Baustellen, Behörden et cetera und zurück ins Büro oft zehn Stunden täglich unterwegs. Mit Zuhilfenahme öffentlicher Verkehrsmittel würde sich diese Zeitbeanspruchung auf 14 bis 16 Stunden ausdehnen und Bauüberwachung wegen der reglementierten Arbeitszeiten der Baufirmen und Handwerker von 7 bis 17 Uhr teilweise obsolet werden lassen. Ein neues Fahrzeug kommt für mich als Selbständiger aus finanziellen Gründen nicht in Betracht.

Als ehemaliger Bürger der Landeshauptstadt München würde ich mir von der politischen Leitung der Stadt und der Exekutive in den Verwaltungen sinnvoller abgestimmte Vorgehensweisen und Verordnungen wünschen, als dies derzeit geschieht. Einige meiner von mir betreuten auswärtigen Handwerksbetriebe haben schon mitgeteilt, dass sie wegen des bürokratischen Aufwands künftig nicht mehr in München tätig sein wollen. Wer repariert dann verstopfte WCs, wenn diesen eigentlich nicht arbeitsscheuen Leuten so viele Hürden in den Weg geworfen werden? Ganz bestimmt nicht die Juristen der Deutschen Umwelthilfe oder die Klebstoff-Fraktion der verquer behaupteten Umweltschützenden.

Bernhard Steiner, Unterföhring

Verbohrter Dogmatismus

Der Aussage, dass die anstehende Allgemeinverfügung Missbrauchspotenzial biete, kann nicht widersprochen werden. Dagegen zu klagen, zeugt jedoch von verbohrtem Dogmatismus. De Facto werden sehr viele Fahrzeuge nicht mehr in die Innenstadt fahren dürfen. Die Auswirkung der dadurch erzielten Schadstoffreduktion kann durchaus das Einhalten der Grenzwerte zur Folge haben. Das Ergebnis abzuwarten liegt Deutscher Umwelthilfe und Verkehrsclub Deutschland jedoch fern, man besteht auf begründete Individual-Ausnahmen.

Um die Allgemeinheit zu entlasten, schlage ich vor, dass die beiden Vereine dann doch bitte die Kosten für diese Ausnahmen und die damit verbundenen Kontrollen im Alltag übernehmen.

Josef Feuerstein, Markt Schwaben

Lebensferne Bürokratie

Wie das gehen soll, fließenden Verkehr zu kontrollieren, ist mir schleierhaft, denn die Plakette alleine ist nicht aussagekräftig. Das Beste an dem Artikel ist folgende Information: " (...) kann man gebührenpflichtige Einzelausnahmen beantragen. Die gibt es etwa bei (...) Behebung von Gebäudeschäden oder Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern wie Lebensmitteln oder Medikamenten." Ist das ein Witz? Im Ernstfall erst mal eine Genehmigung beantragen? Wer denkt sich so was aus? Im Ernstfall wird dann wohl eher kein Gebäudeschaden gerichtet und kein Medikament geliefert. Ich wünsche den Bewohnern innerhalb des Mittleren Rings schon mal starke Nerven.

Gisela Kranz, Oberschleißheim

Unfair für Berufspendler

Ich bin der Meinung, dass zuerst der ÖPNV der umliegenden Pendler-Regionen verbessert werden muss, bevor man anfängt, Mautgebühren für München zu verlangen. Ich wohne zum Beispiel in Altötting, sehr viele Menschen wohnen etwa im Bereich Mühldorf/Altötting und fahren mit dem Pkw ins Zentrum von München. Und das nicht aus Bequemlichkeit, sondern auch aus zeitlichen und Kostengründen. Mit dem Pkw benötigt man von Altötting bis nach München circa eine bis maximal eineinhalb Stunden. Mit dem Zug benötigt man fast zwei Stunden und mehr, und das Ticket ist genauso teuer wenn nicht sogar teurer. Denn zum Zugticket (Monatsticket) kommt ja noch zusätzlich das MVG- Monatsticket. Das heißt, ich zahle extrem viel mehr, als ich mit dem Pkw benötige - für das doppelte an Zeit: Hinzu kommen ja noch die ganzen Zugausfälle.

Immer mehr Menschen wohnen außerhalb von München, arbeiten aber in München, weil Wohnraum knapp ist und die Mieten in München unbezahlbar sind. Da liegt das Problem. In München selbst ist der ÖPNV sehr gut, aber sobald man 30 Kilometer außerhalb wohnt, ist es vorbei.

Sebastian Wülferth, Altötting

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung , gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de . Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: