Claudia Pichler:Kabarett-Talent im Lustspielhaus

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Die Kabarettistin Claudia Pichler, hier bei einem Auftritt im Mai 2022. Pichler ist zudem promovierte "Poltologin", sie hat eine Doktorarbeit über Gerhard Polt verfasst. (Foto: Florian Peljak)

Leser empfinden eine Premierenbesprechung als kritikwürdig und verteidigen die Künstlerin.

"Braver Plausch" vom 16. April:

Unangemessene Süffisanz

Mit Verblüffung habe ich die Kritik zum Kabarett-Abend von Claudia Pichler im Lustspielhaus gelesen. Mir ist nicht ganz klar, was uns der Autor eigentlich mitteilen will:

Ist er angewidert von Claudia Pichlers Omnipräsenz abseits des samstäglichen Premierenabends? Darauf weist zumindest die Aufzählung all ihrer beruflichen Tätigkeiten hin. Selbstredend verdient die Künstlerin so ihren Lebensunterhalt - finde ich eher bemerkenswert und nicht verwerflich. Oder hat er sich einen Abend mit Kabarett aus der "guten alten Zeit" von Dieter Hildebrandt und Co. erhofft. Worauf gründet diese Erwartungshaltung, die so bitter enttäuscht wurde? Wo kündigt sich Claudia Pichler als politische Kabarettistin an? Genauso wenig nennt sie sich "Claudi" - diese Bezeichnung hat etwas paternalistisch abwertendes. Käme Thomas Becker auch auf die Idee, von "Didi" Nuhr zu sprechen? Nein, denn der ist ja wahrscheinlich in seinen Augen politisch genug. Mit keinem Wort ist erwähnt, dass das Lustspielhaus gesteckt voll war und dass sich das Publikum 90 Minuten lang scheinbar fantastisch amüsiert hat. Die Süffisanz, mit welcher der Autor das Fehlen wichtiger Themen wie den drohenden Niedergang der Demokratie, den maroden Sozialstaat und dicke politische Bretter bemängelt, lockt in mir das Bedürfnis, ihm einzelne Gags im Programm von Claudia Pichler zu erklären. Aber das wäre womansplaining (eine herablassende Art der Bevormundung durch Frauen; d. Red.) - das spare ich mir lieber.

Margreth Außerlechner, Dachau

Voll lustig und voll kritisch

Ich kann die Kritik zu Claudia Pichlers Premiere im Münchner Lustspielhaus nicht teilen. Ich habe mich amüsiert, fand sie gut und ja, auch politisch. Es ist überhaupt nicht notwendig, sich abendfüllend immer explizit Rassismus oder den Niedergang der Demokratie vorzunehmen. Es schadet nicht, über die Dörfer zu gehen - auch dort kann es politisch sein. Was mich an der Kritik stört, ist nicht, dass Sie Pichler als glatt, brav und sauber abtun, sondern, dass es Sie scheinbar ärgert, was "die alles anstellt", obwohl Pichler nicht Ihrem kabarettistischen Idealbild entspricht. Sie schreiben von der "fleißigen" Claudia Pichler. Diese ist eben gerade nicht fleißig, denn mit Fleiß können Sie keine Bühne und kein Studio bespielen. Keine Moderatorin, keine Podcasterin, keine München-Botschafterin erarbeitet sich dies mit Fleiß. Nur routinierte, professionelle Kabarettistinnen bespielen das Lustspielhaus und begeistern das Publikum. Pichler ist nicht fleißig, sie ist talentiert. "Mei die Claudi! Voll lustig, gell?" Mei der Tommi Becker! Voll kritisch, gell?

Klaus Petri, München

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