Klimaschutz:Wo bleibt die Kohle?

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Ein Aktivist schwimmt am 30. Januar bei einer Demo von Verdi, Awo, dem Paritätischen und Greenpeace in Berlin in der Spree. (Foto: Britta Pedersen/DPA)

Der Staat verteuert Öl, Gas und Kohle - und gibt die Einnahmen den Bürgern zurück. Das ist das Versprechen des Klimageldes. Dass die Ampelkoalition sich mit der Umsetzung schwertut, irritiert viele Leserinnen und Leser.

Kommentar "Noch eine vertane Chance" vom 26. Januar:

Sozialverträglicher Klimaschutz

Ich war bestimmt nicht die Einzige, die sich gefreut hat, dass das Klimageld es in den Koalitionsvertrag geschafft hat - und die entsprechend ernüchtert war, als plötzlich im Gespräch war, die Einführung zu verschieben. Ich kann mir keinen besseren Weg für sozialverträglichen Klimaschutz vorstellen. Genau das ist es, was wir brauchen: ein Instrument, das die richtigen Anreize zum Klimaschutz schafft und dabei nicht nur für die Einkommensstärksten funktioniert. Österreich und die Schweiz machen vor, wie einfach die nötigen Mechanismen eingeführt werden können.

Wenn der CO₂-Preis steigt, wird ein konsequent umgesetztes Klimageld nötig, um zu verhindern, dass sich Menschen plötzlich das Heizen nicht mehr leisten können. Ein höherer CO₂-Preis ist notwendig, damit die Preise der Waren auch deren Kosten für unsere Umwelt abbilden. Das Klimageld käme dann vor all denen zugute, die einen vergleichsweise kleinen CO₂-Fußabdruck haben. Ich denke, wir sollten diese Chance nutzen, das Klimageld als einfaches, sozialverträgliches und wirkungsvolles Instrument einzuführen - und das unbedingt noch in dieser Legislaturperiode.

Dr. Elisa Lohfink, Mainz

Anreiz zum CO₂-Sparen

Welchen Politikerinnen ist noch nicht klar, dass wir mit stetig steigenden CO₂-Preisen rechnen müssen? Weltweit besteht die Aufgabe, Treibhausgase zu verringern. Es wäre völlig unverständlich, wenn bei uns das Klimageld immer weiter auf die lange Bank geschoben würde. Teile der Bevölkerung, die sich jetzt schon abgehängt fühlen, würden womöglich auf die Barrikaden gehen, wenn ihr Haushaltsbudget immer knapper würde. Wie wohltuend wäre es hingegen, wenn die Einnahmen des CO₂-Preises pro Kopf in gleicher Höhe rückerstattet würden. Wir würden gern an der Energiewende mitwirken, hätten mit dem Klimageld einen größeren Anreiz, den eignen CO₂-Ausstoß im Alltag zu verringern. Eine Trendumkehr könnte damit angestoßen werden, wenn wir wüssten: Der Staat nimmt nicht nur, sondern gibt auch zurück.

Ich denke immer wieder an die verheerenden Waldbrände und die schockierten Menschen in Griechenland, wo ich meinen Urlaub verbrachte. Da müssen wir alle zusammen mit dazu beitragen, dass wir die Klimakrise eindämmen.

Annette Schulze, Weilheim

Unsoziale Steuer

Für mich ist es keine "vertane Chance", dass die Regierung noch keine Lösung für die Rückerstattung des CO₂-Preises hat. Es ist jetzt die große Chance, diese unsoziale Steuer auf Heizöl und Gas ersatzlos zu streichen und die unsäglichen Diskussionen über die Rückerstattung zu beenden. Das wäre wirklich die sozial gerechteste Lösung.

So wie das Klimageld geplant ist, kommen auch die Bürger, die ihr Haus mithilfe der steuerfinanzierten Subventionen saniert haben, auch noch in den Genuss der Rückzahlung. Ein Klimageld pro Kopf ist unverständlich.

Hubert Klemenjak, Mindelheim

Unbedingt einführen

Ich bin der Meinung, dass die Regierung das Klimageld noch in dieser Legislaturperiode einführen muss. Dazu sollte sie sich auf eine tragfähige Finanzierungslösung mit der FDP einigen. Das Klimageld ist ein wichtiges Versprechen der Ampelkoalition, das sie unbedingt einhalten sollte. Ich halte es für sinnvoll, das Klimageld sozial zu staffeln: Menschen mit geringen Einkommen sollten einen höheren Anteil des Klimageldes erhalten als Menschen mit höheren Einkommen. Dies würde dazu beitragen, dass das Klimageld seine Wirkung als soziale Entlastung entfalten kann. Die Höhe des Klimageldes sollte sich an den tatsächlichen Kosten des Klimaschutzes orientieren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat eine Jahressumme von 139 Euro pro Person vorgeschlagen. Dies erscheint mir angemessen, um die Kostensteigerungen für Energie und Mobilität abzufedern. Die Auszahlung des Klimageldes sollte direkt auf das Konto der Bürgerinnen und Bürger erfolgen. Dies würde die Verwaltung vereinfachen und den Bürgerinnen und Bürgern eine schnelle und unkomplizierte Entlastung bieten.

Stefan Pachmayr, Dachau

Deutschlandticket als Klimageld

Es steht fest: Zur Auszahlung des Klimageldes wird es so schnell nicht kommen, weil der Staat nicht die Bankverbindung seiner Bürger kennt. Das kann man nun beklagen oder nach einer anderen, vielleicht sogar besseren Lösung suchen. Dieser Weg wird schon beschritten: Die EEG-Umlage wurde gestrichen und damit eine sinnvolle, finanzielle Entlastung für alle Haushalte geschaffen - nicht nur für Strom-Großverbraucher, wie das ungerechterweise vorher der Fall war.

Auch das Deutschlandticket sollte als eine Art Klimageld fungieren: Es bringt eine erhebliche und relativ zielgenaue Entlastung. Man könnte den Effekt noch verstärken, etwa durch ein bundesweites Sozialticket für 29 Euro. Damit würde das Klimageld indirekt, zeitnah und ohne Verwaltungsaufwand gewährt - nicht mit der Gießkanne an alle, sondern bedarfs- und umweltgerecht.

Hermann Krafft, Villingen

Einfach und genial

Die Kombination aus CO₂-Steuer und Klimageld ist einfach und genial: Erstens werden durch steigende Preise für fossiles Heizen und Co. Anreize für klimafreundliches Verhalten geschaffen. Zweitens werden soziale Ungleichheiten abgeschwächt, weil ärmere Menschen tendenziell einen weniger CO₂-intensiven Lebensstil haben und deshalb oft mehr Geld zurückerhalten als sie einzahlen. Diese Vorzüge haben alle Regierungsparteien erkannt und das Klimageld (teilweise unter anderen Namen) in ihre Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2021 geschrieben und später als gemeinsames Ziel im Koalitionsvertrag verankert. Mittlerweile wird das Klimageld sogar aus den Oppositionsreihen gefordert.

Dass die Ausgleichszahlung sozial notwendig und moralisch geboten ist, scheinen also alle Beteiligten verstanden zu haben. Dass die Auszahlung technisch umsetzbar ist, zeigen die funktionierenden Modelle der Schweiz und Österreichs. Wie kann es sein, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner die Einführung trotzdem auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt - wenn der FDP-Chef seiner Klientel das SUV-Fahren nicht madig machen will. Demgegenüber sollte die SPD den vehementen Einsatz für das Klimageld als ihre Chance begreifen. Damit könnte sie beweisen, dass Gerechtigkeit immer noch zum Kerngeschäft der Sozialdemokratie gehört.

Julia Weinheimer, Düsseldorf

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