Debatte um Fahrverbote:Mal langsam

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Autofreier Sonntag im November 1973: An solche Bilder erinnern sich viele Bürger. Dass damals auch ein Tempolimit verhängt wurde, scheint dagegen weitgehend vergessen zu sein. (Foto: dpa/dpa)

Kurz hat Verkehrsminister Volker Wissing gedroht: Hätte die Ampelregierung sich nicht rechtzeitig auf ein Klimaschutzgesetz ohne harte Einsparvorgaben für den Verkehrssektor geeinigt, hätte es Fahrverbote auf Deutschlands Straßen geben müssen. Und einige SZ-Leser fragen: Wäre das so schlimm?

Artikel "Was Wissing wirklich will" vom 12. April:

Fahrverbote, ja bitte

Hurra, mal ein erster vernünftiger Vorschlag des Verkehrsministers. Wer wie ich die autofreien Sonntage auf Deutschlands Straßen erlebt hat, weiß, welch wunderbares Ereignis das war. Die Leute haben es genossen und gefeiert. Die Straße war ihr Vorgarten für Nachbarschaftsfeste, lange Tafeln, Partys, Tanzen, Sport in jeder Form, sicheres Radfahren, Joggen, Rollerblades, ein neues Miteinander. Liebe Ampel, lasst diese Drohung des Verkehrsministers Realität werden, mindestens einmal im Monat. Ein deutschlandweites Feiern für Klimaschutz.

Ruth Paulig, Herrsching

Vergessenes Tempolimit

Die vier autofreien Sonntage im November und im Dezember 1973 haben sich eingeprägt. Nicht so eingeprägt haben sich die gleichzeitig festgelegten Tempolimits von 80 Kilometern pro Stunde für Landstraßen und 100 für Autobahnen, die jedoch auf Druck der Autolobby im Bundesrat nach etwa vier Monaten wieder aufgehoben wurden. Als Zugeständnis wurde die Richtgeschwindigkeit von 130 auf Autobahnen festgelegt. Obwohl man sich primär an die Sonntagsfahrverbote erinnert, war die Kraftstoffeinsparung durch diese geringer als durch die Geschwindigkeitsbeschränkungen.

In ihrem Parteiprogramm von 1971 ("Freiburger Thesen") erkannte die FDP frühzeitig die Wichtigkeit des Umweltschutzes ("Umweltschutz hat Vorrang vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen"). Wegen der Rolle rückwärts der FDP in den "Kieler Thesen" 1977 wurde 1980 die grüne Partei gegründet, was auch zulasten der FDP ging. Die FDP braucht sich über ihren Bedeutungsverlust nicht wundern.

Wolfgang Maucksch, Herrieden

Welcher Wählerwille?

Wissing hat mit einem totalen Fahrverbot an Wochenenden gedroht, ist aber gegen ein Tempolimit, weil die Wähler es nicht wollen - damit meint er aber wohl nur die FDP-Wähler. Umweltschützer und die Mehrheit der Wähler plädieren für ein Tempolimit. Reisen die FDP-Politiker und Wähler eigentlich auch mal beruflich oder privat mit dem Auto ins europäische Ausland? Wie deprimierend muss es für sie sein, sich dort an Tempo 120 oder 130 halten zu müssen?

Ich würde mir von der SZ eine sachliche Gegenüberstellung aller möglichen Maßnahmen zur CO₂-Reduzierung im Verkehrssektor wünschen. Den parteipolitisch motivierten Aussagen mancher Politiker glaube ich immer weniger.

Jochen Döring, Haar

Entspannt fahren in Österreich

Ein liberaler Minister droht mit Fahrverboten. Fährt man von Kiefersfelden auf der A12 bis Innsbruck, gilt ausnahmslos Tempo 100. Keiner regt sich auf, man kommt entspannt an.

Wieder einmal zeigen uns unsere Nachbarn aus Österreich, wie zeitgemäße Umweltpolitik funktionieren kann. Herr Wissing, fahren Sie wieder mal nach Österreich.

Harald Hülß, Theres

Kaufanreiz für E-Autos

Das Verhalten von Volker Wissing ist schamlos. Es wäre so einfach, eine CO₂-Reduzierung mithilfe von einem Tempolimit zu erreichen. Seine Drohung, ein Fahrverbot am Wochenende einzuführen, schreckt mich nicht, obwohl auch wir einen Verbrenner fahren. Denn das Fahrverbot kann offensichtlich nicht für reine Elektroautos gelten, und dies würde dann erfreulicherweise einen Anreiz für den Kauf eines E-Autos bedeuten.

Ursula Schwemmer, München

Gipfel der Dreistigkeit

Glaubte man, nach Ramsauer, Dobrindt, Scheuer könnte es in puncto Dreistigkeit keine Steigerung mehr geben, hatten wir bisher den Joker Wissing noch nicht im Autoquartett: Wissing sticht sie alle aus und seine Drohgebärden sind die denkbar beste Nebelkerze, um von seinem Nichtstun beim Klimaschutz abzulenken. Stets zu Diensten seines Porsche fahrenden Parteivorsitzenden und der deutschen Autolobby. Er holt ja nun voll aus mit seiner Angstkeule Fahrverbot und es wird ihm damit gelingen, die tempoversessenen Wutbürger auf seine Seite zu bringen. Viele aus dieser Klientel, deren Wahrnehmung vor lauter Benzindunst sowieso vernebelt ist, blasen in das gleiche Horn. Dann eben ungebremst, mit 250 Kilometern pro Stunde in die Klimakatastrophe. Danke, Volker!

Oliver Schulze, Detmold

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