Jawlensky-Archiv:Wiesbaden wird zum Forschungszentrum

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Die Enkelin des Malers verfügt, dass der schriftliche Nachlass bis 2025 nach Hessen umzieht.

Von Johanna Pfund

Wiesbaden ist auf dem besten Wege, Zentrum der Alexej-von-Jawlensky-Forschung zu werden. Zur Eröffnung der neuen Ausstellung im Museum Wiesbaden gab Direktor Andreas Henning bekannt, dass in den kommenden vier Jahren das Alexej-von-Jawlensky-Archiv von Muralto in der Schweiz nach Hessen umziehen wird. Damit verfügt das Haus bald nicht nur über die - neben dem Norton Simon Museum in Pasadena, Kalifornien - größte öffentliche Sammlung von Jawlenskys Werken, sondern zudem über umfangreiche schriftliche Quellen. Im Archiv befinden sich unter anderem 500 Briefe, Adressbücher, Werkstattbücher sowie Unterlagen zu den Arbeiten des russischen Künstlers.

Ende der Fünfziger zog die Jawlensky-Familie von Wiesbaden in die Schweiz

Damit schließt sich ein Kreis. Jawlensky lebte von 1921 bis zu seinem Tod 1941 in Wiesbaden. Seine Witwe Helene blieb dort wohnen, der Sohn Andreas wurde kurz nach dem Tod seines Vaters zur Wehrmacht einberufen. 1945 geriet er in Gefangenschaft und kehrte erst nach zehn langen Jahren zurück nach Wiesbaden, wo er endlich seine Verlobte Maria heiraten konnte, die er noch während des Krieges in seine Heimatstadt geschickt hatte. Hier hatte sie auch Tochter Lucia zur Welt gebracht. Zunächst sah es so aus, als würde die wieder vereinte Familie in Wiesbaden bleiben, auch mit dem Museum stand man in guten Verbindungen. Doch der Aufstand in Ungarn 1956 löste Verunsicherung in der Familie aus - und einmal mehr wurde die Schweiz zum sicheren Hafen und Zufluchtsort.

In der Schweiz gründeten die Nachkommen des Malers 1988 das Alexej-von-Jawlensky-Archiv: Schwiegertochter Maria sowie die beiden Enkelinnen Lucia Pieroni-Jawlensky und Angelica Jawlensky Bianconi. Das Archiv besitzt zum einen Bilder - und dieser Teil wird in der Schweiz bleiben. Doch der gesamte schriftliche Nachlass wird in den kommenden vier Jahren nach Wiesbaden umziehen. Darin befindet sich beispielsweise eine Werkliste, auf der Jawlensky den Wert seiner Bilder einschätzte und selbstkritisch auszeichnete, etwa mit 1a oder 1ab. Auch die Lebenserinnerungen, die der Maler in seinen letzten Lebensjahren seiner Vertrauten Lisa Kümmel diktierte, liegen im Archiv. Dazu kommen historische Fotos und die Verkaufslisten, die Lisa Kümmel ab etwa 1930 angelegt hat.

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