Für ein Studium ist längst nicht mehr das Abitur notwendig - in Niedersachsen sollen nun auch Elektriker, Arzthelferinnen oder Buchhalter Zugang zur Hochschule bekommen. Die Landesregierung beschloss in Hannover, die Novelle des Hochschulgesetzes in den Landtag einzubringen. Eine wesentliche Neuerung: Wer eine Berufsausbildung hat und danach drei Jahre Berufspraxis, kann auch ohne Abi fachbezogen studieren.
Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) sagte, er könne es sich gut vorstellen, dass die Arzthelferin Medizin studiere. Der Elektriker etwa darf dann den Studiengang Elektrotechnik belegen, der Kaufmann Betriebswirtschaftslehre studieren. Das neue Hochschulgesetz soll nach dem Willen Stratmanns vor der Sommerpause in Kraft treten. Bislang war es nur Meistern, Technikern und Betriebswirten bereits möglich, zu studieren. So ist etwa eine Friseurmeisterin Lehrerin geworden, schilderte Minister Stratmann.
Nach der Gesetzesänderung soll der Hochschulzugang noch mehr Menschen ohne Abitur offen stehen. Bei der Durchlässigkeit zwischen beruflicher Bildung und Hochschulen sieht Stratmann erheblichen Nachholbedarf: "Wir sind in Deutschland hier wirklich noch vorvergangenes Jahrhundert." In anderen Ländern wie den USA sei das längst normal, sagte der Minister. Er hält die Änderungen als Folge des Fachkräftemangels für notwendig. Zudem seien Studiengänge unter anderem im Bereich Elektrotechnik nicht ausgelastet.
Stipendium für Ehrenamt
Das neue Gesetz sieht auch vor, dass Hochschulen künftig Stipendien für ehrenamtliches Engagement vergeben können. Bisher ist das vor allem für besondere Hochschul-Leistungen von Studenten möglich.
Bei den Studiengebühren von 500 Euro je Semester wird eine sogenannte Familienkomponente eingeführt: Studierende mit mindestens zwei Geschwistern erhalten das Studiendarlehen zinsfrei. Das Land rechnet hier mit Kosten von jährlich rund 2,5 bis 3 Millionen Euro. Die SPD im Landtag bezeichnete die Regelung als "Lachnummer", weil in anderen unionsregierten Bundesländern studierende Geschwister gar keine Studiengebühren zahlen müssten.
Professor ohne Ausschreibung
Als weitere Neuerung will Wissenschaftsminister Stratmann die Besetzung von Professorenstellen erleichtern. Wenn eine Eignung von Kandidaten zweifelsfrei feststehe, sei künftig keine Ausschreibung mehr notwendig. "Das verbessert weiter unsere Wettbewerbssituation." Die SPD-Opposition sieht das skeptisch und beklagte, das neue Gesetz greife die Selbstverwaltung der Hochschule an.