Jeden Samstag dasselbe Ritual: Der Gatte verabschiedet sich mit dem Hinweis, in den Baumarkt zu gehen. Wenn er nach drei bis vier Stunden gut gelaunt zurückkommt, bringt er mal eine Handvoll Schräubchen mit, mal einen Klebstoff oder andere Kleinteile. Jedenfalls nichts, was einen mehrstündigen Aufenthalt im Baumarkt schlüssig erklärt.
Auf interessierte Nachfrage der Gattin ("Sag doch einfach, wie sie heißt") offenbart er die Ursache seiner ausgedehnten Abwesenheit: Der Baumarkt Stewens in Duisburg beschäftigt Rentner, ehemalige Schlosser, Tischler, Metallarbeiter in der Kundenberatung. Die kennen nach 40 und mehr Berufsjahren jeden Handwerkertrick, wenn es darum geht, das tropfende Rohr abzudichten oder den neuen Bodenbelag streifenfrei zu verkleben. Eine für alle Beteiligten - das Unternehmen, die Kunden und die Ruheständler - gewinnbringende Situation. Auch andere Branchen kommen allmählich auf die Idee, Menschen im Rentenalter einzusetzen.
Otto holte ehemalige IT-Mitarbeiter aus dem Ruhestand
Das Versandhaus Otto beispielsweise hatte vor drei Jahren ehemalige Mitarbeiter aus dem IT-Bereich gefragt, ob sie zeitlich befristet in ihre Abteilung zurückkehren wollen, um bei der Umstellung des IT-Systems zu helfen. Da die amtierenden Senioren das System seinerzeit mitentwickelt hatten, kannten sie seine Besonderheiten aus dem Effeff. "Das war eine prima Aktion", sagt Otto-Sprecher Frank Surholt. Nicht zuletzt die Medienresonanz war erfreulich.
der Männer im Alter zwischen 65 und 74 Jahren waren im Jahr 2013 in Deutschland noch erwerbstätig. Bei den Frauen waren es 5,5 Prozent. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln waren mit knapp neun Prozent fast doppelt so viele Menschen in dieser Altersgruppe berufstätig wie 2005.
Alte werden gebraucht - so etwas kommt an in einer alternden Gesellschaft. Dennoch räumt Surholt ein, dass Rentner seither nur noch von Fall zu Fall eingesetzt werden. Bei dem inzwischen nahezu vollständig auf E-Commerce ausgerichteten Versandhandel ändern sich IT-Systeme und Programme derart schnell, dass diejenigen, die einmal raus sind, bald den Anschluss verlieren.