Es wird ein gemächlicher Montag. Autobahnen und Züge sind leerer als sonst, in den meisten Büros, in Werkstätten und Betrieben landauf und landab herrscht Ruhe. Es ist nichts los, weil viele freigenommen haben und ihr Wochenende über den Brücken- auf den Feiertag verlängern. Warum auch nicht? Ist ja sowieso niemand da. Nur die Klugen, die kommen zur Arbeit.
Die vermeintliche Erholung des langen Wochenendes ist teuer erkauft. Allein der Stress und das Gezänk mit den Kollegen, wer denn nun diesmal dran ist mit Freimachen. Die einen sind hinterher enttäuscht, weil sie sich nicht durchgesetzt haben, die anderen sind genervt vom Zorn der Dableiber. Und der Chef? Ist gestresst, weil er sich unbeliebt macht, wenn er eine Stallwache für das ach so begehrte Datum bestimmt. Brückentage sind der reinste Stimmungskiller. Wer da freiwillig auf den Urlaub verzichtet und arbeitet, kann nur gewinnen.
Arbeitsmarkt:Sie sind zu unflexibel
Firmen beschäftigen ihre Mitarbeiter nur noch nach Bedarf, gerne auch nach Feierabend. Das hätte Vorteile - wenn die Arbeitgeber ebenso anpassungsfähig wären.
Sowieso ist der Erholungswert so eines Brückentags gering. Selbst in der Industrie, wo der Schichtbetrieb oft weiterläuft, sinkt die Produktion und damit die Wertschöpfung an solchen Tagen um etwa ein Drittel im Vergleich zu "normalen" Arbeitstagen, haben Ökonomen der Bundesbank errechnet. Allerdings fällt das Minus der Wirtschaftsleistung aufs ganze Jahr betrachtet viel geringer aus, als es sich allein durch die Zahl der Brückentage ergeben würde. Der Grund ist einfach: Was an diesem Tag liegen bleibt, muss zum großen Teil eben vor- oder nachgearbeitet werden. Wer freinimmt, erkauft sich sein langes Wochenende also mit zusätzlichem Stress an den Tagen davor oder danach.
Die brückentägliche Ruhe im Betrieb ist im Vergleich dazu die reinste Erholung - und trotzdem unheimlich produktiv. Allein der Weg ins Büro ist viel angenehmer, weil all die Freinehmer und Wegfahrer nicht da sind - die stellen sich lieber zum Beginn und zum Ende des langen Wochenendes gemeinsam in den Stau.
Am Brückentag dagegen geht es auf der Straße und in der Bahn merklich ruhiger zu. An Ort und (Arbeits-)Stelle angekommen, dasselbe Bild: Kaum einer ist da, das Telefon klingelt seltener als an normalen Tagen, und die Kollegen stören auch nicht bei der Arbeit. Das setzt ungeahnte Kräfte frei. Statt noch mehr liegen gebliebene Arbeit zu produzieren, bietet sich endlich die Chance, etwas davon abzuarbeiten. Und das erledigt sich plötzlich auch noch ganz leicht, alles geht viel schneller als gedacht. Auf dem Heimweg schließlich: wieder alles ganz ruhig. So endet ein guter Tag. Es herrscht Friede.
Kollegen und Chefs sind dankbar
Und der gesparte Urlaub, die nicht abgebauten Überstunden, sie sind ja nicht verloren. Im Gegenteil! Sie kann der Kluge dann nutzen, wenn sich all die Wochenendverlängerer wieder durch die ganz normalen, viel zu langen Fünftagewochen quälen. Dann, wenn die Büros wieder voll und laut sind und alle genervt. Das ist die Zeit, in der der Brückentagsarbeiter freinimmt und ausspannt. Natürlich, sein Wochenende hat dann zwar nur drei statt vier Tage - die aber kann er in vollen Zügen genießen, statt sie auf vollen Autobahnen zu vergeuden. Im Biergarten, auf dem Wandersteig, am Baggersee, überall herrscht Ruhe, wenn er sich seinen Tag nimmt, nirgends muss er anstehen und warten. Und das Beste: Niemand daheim nimmt es ihm übel, schließlich holt er sich ja nur den gerechten Ausgleich für seinen heldenhaften Einsatz am Brückentag. Die Kollegen und der Chef sind ihm ja dankbar.
Für den Klugen wäre es deshalb das Schönste, es gäbe viel mehr dieser Tage, eingeklemmt zwischen Wochenende und Feiertag: Er käme erholt und entspannt zur Arbeit, erledigte seine Aufgaben und verabschiedete sich wieder in die Freizeit. Ach, wäre doch immer Brückentag!
Autor Stephan Radomsky arbeitet gern an so ruhigen Tagen. Diesmal hat er aber frei.