Studenten nach Wehrpflicht-Reform:Angst vor der Warteschleife

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Wegen der Aussetzung der Wehrpflicht strömen im nächsten Jahr bis zu 60.000 zusätzliche Studenten an die Unis. Die Studienplätze werden knapp. Für zwei Bundesländer könnte die Lage besonders dramatisch werden.

T. Schultz

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will den Hochschulen helfen, die Folgen der Bundeswehr-Reform zu bewältigen. "Wichtig ist, dass wir Studienbewerber nicht in die Warteschleife schicken", sagte Schavan der Süddeutschen Zeitung. Die Ministerin kündigte an, gemeinsam mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Vorschläge zu machen, die sowohl der Bundeswehr als auch den Hochschulen gerecht würden. Strittig ist derzeit offenbar der genaue Zeitpunkt, zu dem die Wehrpflicht ausgesetzt wird. Schavan sagte, es müsse außerdem der Hochschulpakt, den Bund und Länder zum Ausbau der Universitäten geschlossen haben, "weiterentwickelt" werden.

Nach der Wehrpflicht-Reform strömen bis zu 60.000 zusätzliche Studenten an die Universitäten. Ob alle einen Platz bekommen, ist ungewiss. (Foto: ddp)

Hochschulen und Kultusminister rechnen mit 40.000 bis 60.000 zusätzlichen Studienbewerbern, wenn die Wehrpflicht und der Zivildienst wie geplant im kommenden Jahr entfallen. Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) forderte, dass der Bund finanziell einspringt. Die Kosten für zusätzliche Studienplätze sollten nach dem "Verursacherprinzip" primär vom Bund getragen werden, sagte Heubisch. Er verwies darauf, dass im Jahr 2011 der Andrang an den Hochschulen auch wegen der verkürzten Gymnasialzeit (G8) besonders groß sein werde. In Bayern und Niedersachsen verlassen 2011 jeweils zwei Abiturjahrgänge die Schulen. Für Bayern sei deshalb die Aussetzung der Wehrpflicht "von besonderer Brisanz", sagte Heubisch.

Die Folgen des G8 und der Wehrreform betreffen aber auch die anderen Länder. Brandenburgs Wissenschafts-Staatssekretär Martin Gorholt (SPD) sagte, die Länder müssten bei den Studienplätzen "nachrüsten". Dafür sei es notwendig, dass die Bundesregierung rechtzeitig Geld aus dem Hochschulpakt bereitstelle. In dem Pakt haben Bund und Länder vereinbart, bis 2015 insgesamt 275.000 Studienplätze zu schaffen.

Je Student wird mit Kosten von 26.000 Euro kalkuliert, die sich Bund und Länder teilen. Die Folgen der Wehrreform wurden bei dem Pakt noch nicht berücksichtigt. Nach einer neuen Prognose des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (Fibs) in Berlin wird der Hochschulpakt den steigenden Zahlen von Studienbewerbern nicht gerecht. Das Institut rechnet damit, dass bis 2015 doppelt so viele Studienplätze benötigt werden wie derzeit von den Wissenschaftsministern geplant.

Bei den Prognosen gibt es mehrere Unwägbarkeiten. Zwar steht die Zahl der Schüler weitgehend fest, unsicher ist aber, wie viele am Ende die Hochschulreife erwerben, zumal die Wege zum Abitur nicht auf Gymnasien beschränkt sind. Zudem kann der Anteil der Abiturienten, die studieren wollen, schwanken. Offen ist derzeit auch, wie viele Schulabgänger sich in Zukunft für einen der freiwilligen Dienste entscheiden werden, die die Wehrpflicht und den Zivildienst ersetzen sollen.

© SZ vom 24.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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