Die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin muss um ihren Doktortitel bangen. Die Universität Heidelberg hat Plagiatsvorwürfe geprüft und diese nach Informationen der Süddeutschen Zeitung für so substantiell befunden, dass sie Koch-Mehrin nun zu einer Erklärung aufgefordert hat.
In Universitätskreisen gab es Andeutungen, dass man mit einer Aberkennung des Titels rechne, sollte Koch-Mehrin nicht noch eine gute Erklärung liefern, die die Vorwürfe ausräumt. Auch der Tagesspiegel berichtete, der Verdacht auf mehrere Plagiate in Koch-Mehrins Dissertation habe sich erhärtet.
In einer offiziellen Mitteilung betonte die Universität, sie befinde sich "nach wie vor im Prüfverfahren". Der Vorsitzende des zuständigen Promotionsausschusses, Manfred Berg, sagte, erst nach einer Stellungnahme Koch-Mehrins würden die Anschuldigungen bewertet. Eine Entscheidung werde es nicht vor Ende Mai geben. Öffentlich schweigt Koch-Mehrin, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments ist, zu den Vorwürfen. Auch am Dienstag teilte ein Mitarbeiter ihres Büros in Brüssel mit, Koch-Mehrin äußere sich nicht.
Die FDP-Politikerin hatte im Jahr 2000 ihre Doktorarbeit "Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: die Lateinische Münzunion 1865 - 1927 " eingereicht. Sie wurde mit "cum laude" bewertet.
Nach der Plagiatsaffäre des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dem die Universität Bayreuth den Doktorgrad aberkannte, untersuchten anonyme Plagiatejäger im Internet auch Koch-Mehrins Dissertation. Sie werfen der Politikerin vor, dass diese sich auf fast einem Drittel der Seiten in der Doktorarbeit aus anderen Quellen bediene, ohne sie korrekt gekennzeichnet zu haben. In Universitätskreisen hieß es, Ausmaß und Art der Funde seien zwar nicht so gravierend wie im Falle Guttenbergs. Verwaltungsgerichte hätten aber auch in weit weniger schweren Fällen bereits eine Aberkennung des Doktorgrads für geboten erklärt.
Derzeit prüfen noch andere Hochschulen mögliche Plagiatsfälle bei Doktorarbeiten, so in Konstanz und Tübingen. Die Universität Tübingen untersucht die juristische Dissertation eines CDU-Politikers, der in den neuen baden-württembergischen Landtag gewählt wurde. Die Universität Bayreuth will an diesem Mittwoch ihren Abschlussbericht zu Guttenbergs Doktorarbeit vorstellen und im Internet veröffentlichen.