Mitarbeiter, Teamleiter, Abteilungsleiter, Geschäftsführer - der Großteil aller Unternehmen wird in einer klaren Hierarchie geführt. Egal, ob Familienbetrieb oder Großkonzern, entschieden wird in festgelegten Strukturen. Doch ist es im 21. Jahrhundert überhaupt noch sinnvoll, Unternehmen wie Militäreinheiten aufzustellen? Was wäre die Alternative? Und die spannendste Frage: Funktioniert die in der Praxis?
Ein Unternehmen, das eine Antwort auf diese Fragen geben kann, ist Traum-Ferienwohnungen. Über das Portal vermarkten private Ferienwohnungsbesitzer und größere Anbieter ihre Wohnungen und Häuschen. Noch als Studenten haben die Gründer vor 15 Jahren das Portal entwickelt, über die Jahre ist es gewachsen. Mittlerweile hat das Bremer Unternehmen mehr als 100 Mitarbeiter. Damit steht Traum-Ferienwohnungen typisch für eine ganze Reihe Firmen, die der Start-up-Phase entwachsen sind.
Vor knapp zwei Jahren, so erinnert sich Nicolaj Armbrust, einer der Gründer und Geschäftsführer, kamen die ersten Zweifel auf, ob die Organisationsstruktur noch passt: "Das Geschäft lief gut, die Mitarbeiterzahl hat sich innerhalb weniger Jahre vervierfacht. Und gerade deshalb hatten wir das Gefühl, es muss sich etwas verändern." Die lockere Jeder-kennt-jeden-Atmosphäre der Anfangszeit war verflogen, die Strukturen wurden komplexer, die Entscheidungswege behäbiger.
"Hierarchie wird zum Schimpfwort"
Dem Soziologen und Organisationsberater Stefan Kühl zufolge ist das eine typische Entwicklung, gerade in Unternehmen der Digitalbranche, die einem immer schnelleren Wandel und immer neuen Anforderungen gegenüberstehen. Mehr und mehr Organisationen lösten die bislang bestehenden, starren Strukturen auf. "Begriffe wie Hierarchie, Zentralisierung und Arbeitszerlegung sind unter Managern immer mehr zu Schimpfwörtern geworden", sagt Kühl, der als Professor an der Uni Bielefeld lehrt.
Anfang 2015 ist es so weit. Ein Ausschuss wird eingesetzt, der klären soll, wie genau es bei Traum-Ferienwohnungen weitergeht. Mitglieder sind insgesamt acht Personen, die beiden Geschäftsführer und sechs Vertreter aus dem Mitarbeiterkreis, die von der Belegschaft gewählt worden sind.
Einer von ihnen ist Achim Hensen, noch relativ neu im Unternehmen, aber mit einem passenden Hintergrund: Er hat Wirtschaftspsychologie studiert, als Berater gearbeitet und sich mit Unternehmenskultur befasst. Hensen erinnert sich, wie zäh es anfangs voranging, wie wichtig es aber auch war, sich Zeit zu nehmen. "Da saßen plötzlich Leute aus ganz unterschiedlichen Abteilungen zusammen. So banal das klingt, aber wir mussten erst einmal daran arbeiten, uns überhaupt richtig zu verstehen und Vertrauen zu fassen."