Minderjährige Studienanfänger:Mit Mama zur Einschreibung

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In diesem Herbst schreiben sich erstmals die Absolventen des achtjährigen Gymnasiums an den Unis ein. Weil viele von ihnen unter 18 sind, dürfen sie offiziell einiges noch nicht selbst regeln. Das sorgt für Probleme - für die Abiturienten, aber auch für die Hochschulen.

Jasmin Off

Das Abi in der Tasche, das Studentenleben vor sich: Tagsüber mit den Mitbewohnern Theorien von Habermas diskutieren, abends durch die Kneipen ziehen, niemandem Rechenschaft über Tun oder Nichtstun ablegen müssen - vor allem nicht den Eltern. Dieser Lebenswandel wurde dank der Bologna-Reform, also durchstrukturierten Studiengängen, seltener - aber er galt im Grunde bis zu diesem Wintersemester. Jetzt gilt: An der Hand von Papa zur Unterzeichnung des ersten Mietvertrages, an der Hand von Mama zur Einschreibung. Denn in diesem Herbst drängen erstmals Absolventen des achtstufigen Gymnasiums (G8) an die Universitäten und damit Studenten, die noch keine 18 Jahre alt sind.

Minderjährige Studenten haben es nicht leicht. (Foto: dapd)

Streng genommen dürfen diese recht wenig. Minderjährige dürfen keinen Mietvertrag unterzeichnen, keinen Bibliotheksausweis beantragen, keinen Studienkredit aufnehmen, auch in der Wahl eines möglichen Nebenjobs sind sie arbeitsrechtlich beschränkt. Goodbye große Freiheit, willkommen elterliche Vollmacht.

Die Minderjährigkeit vieler Erstsemester wirkt sich auf viele Bereiche des Studentenlebens aus. So müssen die Jugendlichen etwa auf Uni-Partys extra kontrolliert werden, da sie noch keinen Alkohol trinken dürfen. Auf Computern der Unis müssen Sperren installiert werden, die sicherstellen, dass keiner der minderjährigen Nutzer Zugang zu pornografischen Inhalten bekommt.

Viele Unis umgehen all dies mit einer Art Blanko-Vollmacht, einer einzigen Unterschrift zu Beginn des Studiums, etwa auf einem Schreiben namens "Elterninformation zum Studium ihrer minderjährigen Kinder". Das klingt wie ein Elternbrief im Kindergarten, erfüllt aber einen entscheidenden psychologischen Zweck.

Viele Studenten würden sich wohl schämen, mit den Eltern zusammen zur Einschreibung kommen zu müssen, da ist das ganz wichtig, dass man das vorab zu Hause erledigen kann", so Jürgen Gündel von der Studienberatung der Uni Erlangen-Nürnberg. Und was kommt dann? Immatrikuliert, integriert? So einfach ist das bei den jungen Erstsemester-Studenten wohl nicht. Professor Wolfgang Schneider betreut an der Uni Würzburg das sogenannte Frühstudium, in dem schon jetzt Minderjährige, meist hochbegabte Schüler, nebenbei an der Hochschule lernen.

Mit Blick auf die steigende Zahl minderjähriger Studenten sieht er Probleme im sozialen Bereich: "Viele der 17-jährigen könnten an den Hochschulen schnell ins Schleudern kommen. Gerade die zu erwartenden Massenveranstaltungen führen möglicherweise zu großer Überforderung." Auch für Anerkennung bei den "Großen" müsse erst einmal gekämpft werden, punkten könne man da mit fachlicher Kompetenz. Wer was weiß, gehört dazu. Und auch das Problem mit der Minderjährigkeit löst sich bei den meisten während der ersten beiden Semester von selbst.

Hoffentlich wissen die jungen Studenten sich auch ein wenig persönliche Freiheit zu bewahren. Das geht aber nur dann, wenn nicht überall so streng reglementiert wird wie an einer großen deutschen Uni, bei der im Programm des Hochschulsports steht: "Die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist nur an Veranstaltungen möglich, die explizit als Kinder- und Jugendsportkurse ausgewiesen sind."

© SZ vom 12.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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