Krankmeldung:"Er kann sich tot stellen"

Lesezeit: 2 min

Wer ruft denn da an? Ach nee, der Abteilungsleiter... (Foto: imago images / Panthermedia)

Ein Mitarbeiter ist krank - darf die Chefin ihn trotzdem anrufen? Darf sie sein E-Mail-Postfach öffnen? Arbeitsrechtler Manfred Schmid erklärt, was zulässig ist - und was nicht.

Interview von Ina Reinsch

Die Krankschreibung liegt vor, doch die Arbeit muss trotzdem weitergehen. Was Vorgesetzte in diesem Fall von ihren Mitarbeitern verlangen dürfen und wie sie sich am besten verhalten, weiß Manfred Schmid, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Pinsent Masons in München.

SZ: Es soll ja vorkommen, dass Chefs sich telefonisch bei ihren krankgeschriebenen Mitarbeitern melden, um noch etwas Dienstliches zu klären oder um mal zu gucken, ob jemand wirklich krank ist. Dürfen Arbeitgeber das?

Manfred Schmid: Das ist eine Ermessensentscheidung. Der Arbeitgeber braucht ein überwiegendes Interesse an einem solchen Anruf. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn er dringend eine Information für einen Kunden benötigt, der ein Angebot erwartet. Soweit ein solches Interesse ersichtlich ist, muss der Arbeitnehmer das Telefonat auch bei Krankheit führen. Was nicht geht: Dass der Anruf nur erfolgt, um den Arbeitnehmer unter Druck zu setzen.

Muss der kranke Mitarbeiter denn überhaupt ans Telefon gehen?

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer bei Krankheit gar nicht telefonisch erreichbar sein, er kann sich tot stellen. Er muss auch keine Fragen zu seiner Krankheit beantworten. Wenn der Arbeitgeber die Frage "Wie geht es?" aber ernst meint, ist es eine nette Geste.

Kann der Chef verlangen, dass man trotz Krankmeldung Aufgaben erledigt, etwa wichtige Mails weiterleitet?

Ganz klare Ansage: Krank ist krank. Das heißt, ich muss gar nichts machen, was mit dem Geschäft zu tun hat. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist absolut, ich bin eben ganz krank oder gar nicht. Der Arbeitgeber muss Vorsorge treffen, um das Geschäft trotzdem am Laufen zu halten.

Manfred Schmid, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Pinsent Masons in München. (Foto: ap fotografie)

Muss ein kranker Mitarbeiter beis pielsweise zu einem Personalgespräch im Betrieb erscheinen?

Personalgespräche sind für gesunde Mitarbeiter verpflichtend, soweit es nicht um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht. Das gilt aber nicht bei Krankheit. Auch hier gilt: Das Bundesarbeitsgericht differenziert nicht zwischen ein bisschen krank und ganz krank. Der Arbeitnehmer ist eben krank und muss nicht erscheinen. Sein Fernbleiben darf auch nicht sanktioniert werden. Gibt es ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers, eine bestimmte Frage zu klären, ist er auf das Telefonat verwiesen.

Gesetzt den Fall, dass ich krank bin und wichtige Mails eintreffen könnten: Darf der Chef in mein Postfach schauen?

Das ist ein diffiziles Thema, das zu der Frage führt, ob die Privatnutzung des beruflichen E-Mail-Accounts erlaubt oder verboten ist. Hat der Arbeitgeber sie untersagt, darf er hineinschauen. Es ist dann nichts anderes als das Postkörbchen vor 20 Jahren. Private Post sollte da nicht enthalten sein. Ist die Privatnutzung dagegen gestattet oder geduldet und hat der Mitarbeiter sein Einverständnis nicht erteilt, darf der Chef auch nicht reinschauen. Allerdings kann es die Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber gebieten, dass der Mitarbeiter in wichtigen Fällen den Zugriff auf sein Postfach erlauben muss.

© SZ vom 07.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusGesundheit
:Wie Sie sich richtig krankmelden

Am ersten oder am dritten Tag? Am Telefon oder per Whatsapp? Mit Angabe des Grundes oder ohne? Eine Handreichung für eine korrekte Krankmeldung.

Von Ina Reinsch

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: