Frauen und Karriere:Frauen sind im Netz schwieriger zu finden

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Freiberuflerinnen, die über Webseiten und Karrierenetzwerke Kunden gewinnen wollen, sollten sich auch mit der männlichen Berufsbezeichnung und neutralen Schlagworten beschreiben, um leichter auffindbar zu sein. (Foto: imago/Westend61)

Die Online-Suche nach Fotografen, Ärzten und Steuerberatern liefert selten Expertinnen. Schuld ist ein Algorithmus - der sich austricksen lässt.

Von Larissa Holzki

Viele Freiberuflerinnen versuchen, im Internet Kunden zu gewinnen - zum Beispiel über Karrierenetzwerke oder eine eigene Webseite. Für potentielle Kunden sind Rechtsanwältinnen, Berufsberaterinnen und Musiklehrerinnen aber schwieriger zu finden als männliche Kollegen. Schuld daran sind die Algorithmen von Suchmaschinen. Denn die Begriffe Architekt und Architektin sind für viele von diesen nicht als Synonyme erkennbar.

Eine Bloggerin hat sich darüber jetzt öffentlich bei dem Karrierenetzwerk Xing beschwert: "Dass die Suche so ausgrenzend funktioniert, das ist den meisten User*innen gänzlich unbekannt. Und, seien wir ehrlich, kaum jemand wird beim Suchen auf den Gedanken kommen, dass die Xing-Suche Expertinnen des gleichen Berufszweigs komplett ausschließt", schreibt Lisa Ringen auf ihrer Webseite. Darunter leiden unter Umständen nicht nur die direkt betroffenen, sondern das gesellschaftliche Ansehen aller Frauen. Denn, so schreibt Ringen, beim Scrollen durch die Ergebnisliste manifestiere sich "der unterschwellige Eindruck, Männer seien die erfolgreicheren, kompetenteren Fotografie-, Beratungs- und Grafik-Spezialisten."

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Wie viele Menschen bei der Suche nach einem Experten lediglich die männliche Berufsbezeichnung verwenden, lässt sich mithilfe von Google-Trends nachvollziehen. Die zeigen: Der Begriff "Architekt" wurde in Deutschland in den letzten zwölf Monaten über 22 mal häufiger via Google gesucht als der Begriff "Architektin".

Das Karrierenetzwerk hat umgehend auf die Kritik reagiert. "Unsere Entwickler arbeiten bereits daran, die Algorithmen so zu ändern, dass Frauen künftig auch mit den männlichen Begriffen gefunden werden", sagt Xing-Sprecher Marc-Sven Kopka. Dass die Suchfunktion Männer bevorzuge, sei nicht im Interesse des Unternehmens. "Für Nutzer, die bei uns Fotografen suchen, ist es egal, ob eine Frau oder ein Mann für sie fotografiert, Hauptsache die Bilder sind gut", sagt Kopka. Ihm selbst sei das Problem bisher nicht bewusst gewesen.

Wie lange es dauern wird, bis Frauen und Männer im Karrierenetzwerk gleichermaßen zu finden sind, vermag Kopka noch nicht zu sagen. Das Problem sei nicht trivial. Denn bei einigen Berufsbezeichnungen unterscheidet sich nicht nur die Endung (wie bei Designer und Designerin), sondern das ganze Wort (Arzt und Ärztin, Hebamme und Entbindungshelfer). Auch bei vielen anderen Portalen ist daher davon auszugehen, dass die Suchfunktionen deshalb Männer bevorzugen. Da viele Programme, die von Deutschen verwendet werden, im Ausland entwickelt werden, fehlt bei den Urhebern ein Bewusstsein für das Problem: Denn die englische Sprache beispielsweise unterscheidet bei Berufsbezeichungen nicht zwischen den Geschlechtern.

Auch verschiedene Schreibweisen erhöhen die Auffindbarkeit

Frauen, die im Netz gut auffindbar sein wollen, sollten deshalb selbst aktiv werden und auf Blogs, Webseiten und Profilen in sozialen Netzwerken zumindest vereinzelt auch die männliche Form ihrer Berufsbezeichnung verwenden. Bei Xing ist dies zum Beispiel in der Rubrik "Ich biete" möglich. Dort können beispielsweise Grafikerinnen neben der neutralen Angebotsbeschreibung "Grafik" auch "Grafiker" eingeben. Dadurch werden sie auch für Nutzer sichtbar, die die männliche Form der Berufsbezeichung in die Suchleiste getippt haben.

Dass Frauen aufgrund der diskriminierenden Suchalgorithmen von Personalern großer Unternehmern übersehen werden, ist nach Aussage von Marc-Sven Kopka eher unwahrscheinlich: "Recruiter suchen üblicherweise nach Skills, bevor sie weiter filtern. Also nach 'Public Relations', 'Journalismus', 'Content Marketing', 'Accounting', 'Steuerberatung' etc pp. Und die sind geschlechtsneutral."

Allerdings: Was für die Geschlechter gilt, ist analog auch für unterschiedliche Schreibweisen zutreffend: Ein Photograph mit Vorliebe für die veraltete Schreibung seiner Zunft wird von jungen Kunden möglicherweise nicht gefunden - und umgekehrt. Abhilfe schaffen Fotografierende, wenn sie beide Schreibweisen verwenden. Und wie sich in den Beispielen von Kopka zeigt, erhöhen auch englische Begriffe in vielen Branchen die Auffindbarkeit.

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