Fondsmanager:Gut entlohnter Dauerstress

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Sie müssen das Geld der Anleger vermehren und jonglieren tagtäglich mit Millionenbeträgen. Fondsmanager stehen unter enormem Druck, verdienen viel Geld - doch sie profitieren nur, wenn ihre Kunden gewinnen.

Jörg Billina

Die Auswahl ist groß: 6815 verschiedene Publikumsfonds haben Investmentgesellschaften wie die DWS, Deka, Allianz Global Investors und Pioneer in Deutschland aufgelegt. Privatanleger haben mehr als 660 Milliarden Euro in diese Fonds gesteckt. Wie das Geld investiert wird, darüber entscheidet der Fondsmanager. Sein Gehalt ist hoch, der Druck enorm. Er muss Renditechancen und Risiken rechtzeitig erkennen. Ansonsten verlieren die Anleger Geld, die Konkurrenz zieht vorbei. Und ihm droht Jobverlust.

Die Finanzmärkte seien gierig, sie spekulierten gegen den Euro, untergrüben den Primat der Politik und gefährdeten das Gemeinwohl - in den vergangenen Monaten stellten die Occupy-Bewegung, der Vatikan und Europas Regierungschefs die Finanzmärkte an den Pranger. Doch wen meinen sie eigentlich, wenn sie von den Märkten sprechen?

Auf den Märkten tummeln sich viele: Börsenhändler, Banken, Unternehmen, Staaten, Kleinanleger und auch Fondsmanager. Die aber fühlen sich zu Unrecht kritisiert. "Wir profitieren doch nicht, wenn Werte vernichtet werden", sagt Jörg de Vries-Hippen. "Unsere Fondsmanager wollen das Geld der Kunden vermehren. An wirtschaftlichen Krisen und abstürzenden Börsenkursen sind sie daher nicht interessiert."

De Vries-Hippen ist Chief Investment Officer bei Allianz Global Investors (AGI) und Chef von 22 in Frankfurt tätigen Fondsmanagern. Er beklagt den Imageverlust seiner Zunft, ausgelöst durch undifferenzierte Vorwürfe gegen die Finanzindustrie. Das Interesse, für ein Investmenthaus zu arbeiten und vielleicht eines Tages die Verantwortung für einen millionenschweren Fonds übertragen zu bekommen, sei dennoch hoch. Tatsächlich gehen für das Assessment Center, das AGI einmal im Jahr veranstaltet, mehrere hundert Bewerbungen ein. Meist sind es Hochschulabsolventen aus den Bereichen Betriebs- oder Volkswirtschaft. Aber auch andere Disziplinen haben durchaus eine Chance, sogar Physiker und Philosophen.

Der Ausleseprozess ist hart. Nur zwei oder drei Kandidaten schaffen es bis ins Trainee-Programm. Nämlich solche, die ein außergewöhnliches Interesse für die Kapitalmärkte zeigen. "Sie müssen brennen", sagt de Vries-Hippen. Gefragt ist auch internationale Orientierung, Mehrsprachigkeit, Entscheidungsfreude und die Fähigkeit, die Gesellschaft nach außen hin zu repräsentieren. Nicht gefragt sind dagegen Egomanen oder Typen, die meinen, sie müssten den Investmentbanker Gordon Gekko aus dem Film "Wall Street" kopieren.

Während des 18 Monate dauernden Trainee-Programms lernt der angehende Börsenprofi die verschiedensten Abteilungen von AGI kennen, inbegriffen sind Auslandseinsätze in London und San Francisco. Danach folgt eine Phase von drei bis fünf Jahren "learning on the job", zum Beispiel als Analyst für Automobilaktien, Staatsanleihen oder bereits als Mitglied eines Fondsteams. Doch nur, wer überdurchschnittliche Leistungen zeigt und kontinuierlich hochmotiviert arbeitet, bekommt schließlich die Verantwortung für einen Fonds übertragen. "Wir können es uns nicht leisten, diesen Topjob nicht an Topleute zu vergeben", sagt de Vries-Hippen.

Die Konkurrenz ist groß. Fast alle führenden Gesellschaften haben Fonds aufgelegt, die das gleiche Investmentthema verfolgen, etwa deutsche Aktien, Rohstoffe oder Unternehmensanleihen. Die Wertentwicklung des Deutschland-Fonds der DWS lässt sich daher täglich, wochenweise oder auf Sicht von drei Jahren mit etwa der des Deutschland-Fonds von Pioneer vergleichen. Zudem werden die Fonds an einem Vergleichsindex gemessen. Bei Aktien aus den Schwellenländern ist dies zum Beispiel der MSCI Emerging Markets, bei US-Aktien der S&P 500. "Wer nicht überzeugt, gerät schnell in den Lichtkegel des Vorstandes und wird abgelöst", sagt Thomas Schüller von der Personalberatung Junges & Schüller.

Der tägliche Druck wird aber gut bezahlt. "Ein Fondsmanager mit ungefähr sieben Jahren Erfahrung verdient im Schnitt ein Fixum von 112.000 Euro im Jahr. Der variable Anteil, die Boni, liegt bei 60.000 Euro", sagt Schüller. Die Stars der Branche, die nicht selten Fonds mit einem Volumen von weit mehr als einer Milliarde Euro managen, erhalten ein Fixum von 150.000 Euro und mehr, der variable Anteil kann bis zu 100 Prozent betragen. Die jüngste Talfahrt an den Börsen bleibt jedoch nicht ohne Folgen. "2012 werden die Boni deutlich geringer ausfallen als noch im vergangenen Jahr", sagt Schüller.

Auch dürfte die Anspannung in den kommenden Monaten nicht sinken. Aller Voraussicht nach werden die Kurse weiter stark schwanken. Wer den Job ergreifen will, sollte sich daher fragen, ob seine Psyche für das tägliche Jonglieren mit riesigen Vermögensmassen unter schwierigen Bedingungen stabil genug ist.

© SZ vom 14.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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