In den Vereinigten Staaten hat Kirn dieses Nachfolgemodell kennengelernt, das es, sagt er, in Deutschland so noch nicht gibt. Es funktioniert so: Ein Hochschulabsolvent sucht sich private Geldgeber und bietet sich so finanziell gestärkt Unternehmern als Nachfolger an. Kirn hat als Geldeinsammel-Vehikel Atrion gegründet. In den USA heißen diese Erwerbergesellschaften "Search Fund", was übersetzt Suchfonds heißt. Dort gibt es sie schon seit Mitte der 80er Jahre. Ein Renner sind sie nicht.
MBA-Absolventen ziehen Festanstellung vor
Viele MBA-Absolventen ziehen eine Festanstellung mit hohem Einstiegsgehalt und deftigen Boni dem gerade in der Anfangsphase eher dürren Verdienst eines Suchfonds-Chefs vor, fanden Wissenschaftler der Universität Stanford 2008 in einer Studie heraus. 95 Search Funds hatten sie sich angesehen. Mehr als die Hälfte der Search Funds war aufgegeben worden, weil sich kein geeigneter Kandidat für eine Übernahme fand oder die übernommene Firma wieder weiterverkauft oder zugemacht wurde.
Immerhin, das Finanzierungsproblem - sonst die größte Hürde für übernahmewillige Existenzgründer - hat Kirn schon gelöst. Er hat schnell Geldgeber für seinen Suchfonds Atrion gefunden. "Am Ende musste ich sogar welche ablehnen", sagt Kirn. Es sind ausschließlich private Investoren, darunter viele Familienunternehmer, insgesamt ein Dutzend etwa. Sie halten zusammen 49 Prozent des Stammkapitals von Atrion in Höhe von 49.000 Euro. Kirn, der die Mehrheit hält, will sich nicht abhängig von Banken machen. In der ersten Phase hat jeder Geldgeber rund 25.000 Euro investiert, um die Suche und das laufende Geschäft zu finanzieren. Kirn bekommt als Geschäftsführer von Atrion 50.000 Euro Gehalt jährlich. Er selbst hat in der ersten Phase ebenfalls 25.000 Euro investiert.
Alle zwei Monate erstattet Kirn seinen Investoren Bericht. Er bekommt von ihnen nicht nur Geld, sondern auch Ratschläge. "Sie sind meine Sparringspartner", sagt er. Einer davon ist der Bonner Unternehmensberater Hermann Simon, ein anderer Siegfried Müller, Mitgründer des Online-Spiele-Entwicklers Travian Games. Die anderen wollen nicht genannt werden. "Atrion ist alles andere als ein klassischer Finanzinvestor", beteuert Kirn: "Meine Geldgeber haben keine festen Renditeerwartungen. Es gibt auch keinen Exitdruck. Natürlich erwarten sie, dass sich ihr Geld vermehrt. Aber primär geht es ihnen um etwas anderes: Sie wollen etwas wachsen sehen."
Er will bleiben
Das will auch Kirn. Er hat kein Interesse daran, nur zwei, drei Jahre in dem Unternehmen zu bleiben und es dann zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Kirn will bleiben.
In den vergangenen Monaten hat der Unternehmer-Anwärter viele Gespräche geführt und drei Dutzend Unternehmer in ganz Deutschland besucht. Konkrete Ergebnisse gibt es noch nicht, man brauche auch Geduld, sagt Kirn. "Viele hängen an ihrem Lebenswerk und wollen es in guten Händen wissen". Immerhin habe sich herumgesprochen, dass Kirn auf der Suche ist. Im Falle einer Beteiligung oder einer Übernahme würden die Investoren das Kapital von Atrion noch einmal kräftig erhöhen. Bis zu sechs Millionen Euro Eigenkapital könnte Kirn aufbringen. Zwei bis drei Jahre gibt er sich Zeit. Eines ist vorbei. Und wenn es nicht klappt? "Meiner Karriere wird das nicht wehtun. Die Zeit ist nicht verloren."