Beiersdorf: Weibliche Führungskräfte:"Frauen haben ein kleineres Ego"

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Umdenken beim Kosmetikkonzern Beiersdorf: Bis zum Jahr 2020 soll fast ein Drittel der Führungskräfte weiblich sein. Noch herrschen aber sechs Männer über all die Pflegeprodukte des Unternehmens, die überwiegend von Frauen verwendet werden.

Kristina Läsker, Hamburg

Der Kosmetikkonzern Beiersdorf verordnet sich eine Frauenquote für Spitzenjobs. "Wir wollen bis 2020 den Frauenanteil in den drei Führungsebenen unterhalb des Vorstands auf 25 bis 30 Prozent erhöhen", sagte Personalvorstand Ulrich Schmidt der Süddeutschen Zeitung. Der börsennotierte Konzern reagiert damit auf die Forderung der Bundesregierung, mittelfristig mehr weibliche Führungskräfte zu beschäftigen.

In den Vorständen der 200 größten deutschen Firmen liegt der Frauenanteil derzeit nur bei 2,5 Prozent, in den Aufsichtsräten ist nur jedes zehnte Mitglied eine Frau.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) möchte die Konzerne daher auf eine Frauenquote verpflichten. Bis 2013 sollen sie die Zahl der Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten verdreifachen. Das hatte die Ministerin kürzlich gefordert, als sie die Personalchefs derjenigen 30 Konzerne nach Berlin einbestellt hatte, die Mitglied im größten deutschen Aktienindex (Dax) sind - und zu denen auch Beiersdorf gehört.

Sollten die Firmen nicht von allein ihre Chefetagen umbesetzen, droht Schröder mit einer gesetzlichen Quote. Die Ministerin favorisiert eine "Flexiquote", die je nach Branche und Firma variiert. Sie vertritt eine weichere Linie als Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die die Konzerne am liebsten dazu zwingen möchte, bis 2018 oder 2020 den Frauenanteil in Führungspositionen auf 30 Prozent zu steigern.

Bei Beiersdorf arbeiten etwa 230 Führungskräfte in den drei Leitungsebenen unterhalb des Vorstands. Der Anteil von Frauen in diesen Top-Jobs sei in den vergangenen sechs Jahren leicht von 15 auf 19,6 Prozent gestiegen, sagte Schmidt. "Wir hätten gerne einen schnelleren Fortschritt gemacht."

Schuld am langsamen Tempo sei die geringe Fluktuation. "Was wollen Sie denn mit den Männern machen, die heute auf den Posten sind? Die können Sie nicht entlassen." Etwa die Hälfte der Mitarbeiter des Nivea-Herstellers sind Frauen. Viele seien auch genügend qualifiziert, um weiter aufzurücken.

Erst ein gutes Drittel der im Dax 30 notierten Arbeitgeber hat sich bisher eine Quote verordnet. Mit dem Anspruch, mindestens jede vierte Leitungsposition mit einer Frau zu besetzen, gibt sich Beiersdorf ehrgeizigere Ziele als andere. Im Aufsichtsrat ist dies schon gelungen: Vier der zwölf Beiersdorf-Kontrolleure - und damit ein Drittel - sind Frauen.

Allerdings hat der Konsumgüterkonzern bessere Ausgangschancen als andere. Bei Autokonzernen etwa herrschen Berufe vor, die vorrangig von Männern erlernt und studiert werden - und für die es weit mehr männliche Bewerber gibt. Ein Grund, warum Volkswagen bis 2020 nur 15 Prozent weibliche Führungskräfte anstrebt. BMW plant bis dahin einen Frauenanteil von 16 Prozent, Daimler geht von 20 Prozent aus.

Beiersdorf will freie Stellen nun vorrangig mit Managerinnen besetzen. "Heute haben wir die Situation, dass wir Frauen bei gleicher Qualifikation für Führungspositionen noch nicht vorziehen. Das wird sich ändern", so Schmidt.

Damit Frauen sich bald nicht mehr zwischen Nachwuchs und Karriere entscheiden müssen, will der Hersteller außerdem die Kinderbetreuung ausbauen und Mitarbeiterinnen mit Coachings und internen Frauen-Netzwerken unterstützen. "Wir dürfen Frauen in dieser Situation nicht allein lassen", mahnte Schmidt. Beiersdorf betreibt in der Hamburger Zentrale einen Kindergarten mit 56 Plätzen. Insbesondere für Krippenplätze gebe es aber weit einen höheren Bedarf.

Auch deshalb bedeuten Kinder häufig einen Karriereknick: "Es gibt sehr viele Frauen, die Kinder kriegen und sich dann auf Teilzeitjobs zurückziehen", sagte Schmidt. Dabei müssten gerade diese Managerinnen ihre Laufbahnen fortsetzen. "Wir können es uns nicht leisten, irgendwelche Ressourcen zu vergeuden."

Der Personalvorstand ist davon überzeugt, dass gemischte Teams bessere Leistungen bringen. "Viele Frauen können gut diskutieren und einen positiven Teamgeist verbreiten", sagte er. Außerdem hätten Frauen häufig "ein nicht so großes Ego wie manche Männer", die eigene Sichtbarkeit spiele deswegen eine geringere Rolle. "In reinen Männerrunden werden weniger häufig ausbalancierte Entscheidungen getroffen."

Insgesamt braucht es aber - nicht nur bei Beiersdorf - einen Wechsel in der Unternehmenskultur. Weg vom Anspruch, dass Führungskräfte rund um die Uhr verfügbar sind. "Kollegen müssen akzeptieren, dass Mütter und Väter nicht spontan zu nicht abgestimmten Terminen kommen können", meinte Schmidt. "Dann platzen solche Termine eben."

Doch bis die erste Chefin an der Spitze eines Dax-Konzerns steht, dürfte es noch länger dauern. Bei Beiersdorf etwa ist der Vorstand erst kürzlich neu besetzt worden, doch noch immer herrschen sechs Männer über all die Pflegeprodukte, die überwiegend von Frauen verwendet werden. Das dürfte die nächsten drei Jahre so bleiben, meinte Schmidt: "Da wir alle feste Verträge haben, wird man diese Diskussion erst zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll führen können."

© SZ vom 16.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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