Arbeit:Arbeiten auf Abruf - Was bei Teilzeit erlaubt ist

Lesezeit: 2 min

Stuttgart (dpa/tmn) - Auf dem Papier arbeitet manche Teilzeitkraft wenige Stunden pro Woche. Viele machen mehr Schichten. Je nach Einteilung variiert ihr Gehalt. Für die Betroffenen ist die Folge Planungsunsicherheit. Nicht alles müssen sie sich gefallen lassen.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Stuttgart (dpa/tmn) - Auf dem Papier arbeitet manche Teilzeitkraft wenige Stunden pro Woche. Viele machen mehr Schichten. Je nach Einteilung variiert ihr Gehalt. Für die Betroffenen ist die Folge Planungsunsicherheit. Nicht alles müssen sie sich gefallen lassen.

Agnes Rossmüller (Name geändert) kann vorher nie sagen, wie viel Geld sie am Ende des Monats verdient haben wird. Im Juni kam sie auf knapp 1000 Euro brutto - im Monat davor waren es rund 670 Euro. Im April standen 560 Euro auf ihrem Gehaltszettel. Rossmüller arbeitet Teilzeit in einem Kleidungsgeschäft in Stuttgart als Verkäuferin - laut Vertrag 13 Stunden pro Monat. „Der Rest darüber ist flexibel“, sagt sie.

In der Regel ist sie deutlich häufiger im Einsatz als die im Vertrag vereinbarte Stundenzahl. Wie häufig sie im Laden steht und wie viel Geld sie verdient, hängt davon ab, wie groß der Bedarf ihres Arbeitgebers ist. Sie hat sich auf einen Vertrag mit flexiblen Arbeitsstunden eingelassen, weil ihr Mann gut verdient - und sie als Familie nicht zwingend auf das Geld angewiesen sind. „Wäre ich allerziehend und müsste mit einem festen Gehalt planen, ginge das nur schwer“, sagt sie.

Viele Beschäftigte sind froh über die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten. Problematisch sind die Auswüchse: Mancher Arbeitgeber verlangt von seinem Beschäftigten maximale Flexibilität - und setzt seine Mitarbeiter mehr oder weniger auf Abruf ein. Er bietet ihnen einen Teilzeitvertrag mit einer sehr geringen Stundenanzahl pro Woche an - und teilt sie darüber hinaus je nach Bedarf ein.

Für den Arbeitgeber hat das den Vorteil, dass er flexibel auf Schwankungen bei anfallendem Arbeitsvolumen reagieren kann. Für Mitarbeiter ist das jedoch mit großer Unsicherheit verbunden.

„Das Problem ist in vielen Fällen, dass von der garantierten geringen Mindeststundenanzahl niemand leben kann“, sagt Christina Frank, die in Stuttgart für die Gewerkschaft Verdi tätig ist. Gleichzeitig sei es schwierig, einen zweiten Job anzunehmen, da viele nicht wissen, wann und wie viele Stunden sie im nächsten Monat arbeiten müssen und wann der Arbeitgeber sie einteilt.

Teilzeitkräfte seien auf dem Markt längst keine Ausnahme mehr, erläutert Ilona Mirtschin, Sprecherin der Bundesarbeitsagentur in Nürnberg. So war im Einzelhandel Ende Dezember 2013 fast jeder Zweite (46 Prozent) in Teilzeit tätig. 2007 war es nur rund jeder Dritte (35,3 Prozent).

Haben Mitarbeiter einen Teilzeitvertrag mit geringer oder flexibler Stundenzahl, müssen sie sich jedoch nicht alles gefallen lassen. So ist es rechtlich nicht in Ordnung, dass der Arbeitgeber Beschäftigte spontan für eine Schicht einteilt, sagt Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, mindestens vier Tage vor ihrem Einsatz davon zu wissen. Von dieser Regel gibt es jedoch eine Ausnahme: Unter Umständen sieht der Tarifvertrag kürzere Fristen vor. Beschäftigte sollten dort zur Sicherheit einmal nachsehen - oder beim Betriebsrat nachfragen.

Ebenfalls nicht in Ordnung ist es, wenn der Arbeitgeber einen Teilzeitantrag ohne eine feste Stundenanzahl anbietet. Dort steht dann etwa nur: „Teilzeit mit flexiblen Stunden pro Monat“ oder „die Arbeitszeiten richten sich nach den Belangen der Filiale“. In dem Fall haben Beschäftigte einen Anspruch darauf, mindestens zehn Stunden pro Woche eingesetzt zu werden, erklärt Meier.

Setzt der Arbeitgeber sie weniger Stunden ein, können sie dennoch die Bezahlung von zehn Stunden pro Woche verlangen. Allerdings steht es dem Arbeitgeber frei, mit dem Arbeitnehmer zu vereinbaren, dass er etwa nur zwei Stunden pro Woche arbeitet. Unterschreiben Mitarbeiter so einen Vertrag, gilt diese Vereinbarung.

Werden Beschäftigte über einen längeren Zeitraum deutlich öfter eingesetzt, als sie vertraglich mit dem Arbeitgeber vereinbart haben, können sie weiter auf Vertragsanpassung klagen, erklärt Meier. In der Praxis trauen sich viele jedoch nicht, ihre Rechte wahrzunehmen. Das liege etwa daran, dass sie keinen unbefristeten Arbeitsvertrag haben, sagt Frank von Verdi. Kommen sie den Wünschen des Arbeitgebers nicht nach, verlängert der ihren Vertrag nicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: