Man hört und liest es immer wieder: Dass es die Oma in ihrem arthritischen Knie spürt, wenn ein Gewitter aufzieht. Dass der Rücken schmerzt, sobald ein Tiefdruckgebiet sich dem Wohnort nähert. Doch offenbar lässt sich die Vorstellung, dass Muskeln und Gelenke quasi Sensoren für Wetterumschwünge seien, nicht halten, wie eine aktuelle Metaanalyse zeigt.
Für diese Arbeit hatten australische Forscher und Forscherinnen um Manuela Ferreira von der University of Sydney elf Studien aus sieben verschiedenen Ländern ausgewertet. Eingeschlossen waren etwa 15 000 Menschen, die an Erkrankungen der Muskeln oder Knochen wie Rheuma oder Rückenschmerzen litten. In den meisten der ausgewerteten Arbeiten wurden die Symptome der Patienten über längere Zeit beobachtet. In anderen einbezogenen Studien wurden Arztbesuche und Klinikeinweisungen ausgewertet. Alle Anzeichen dafür, dass sich das Leid der Patienten verschlechterte, wurden mit den Wetterdaten des jeweiligen Zeitraums abgeglichen.
In der Gesamtschau der Studien zeigte sich kein Zusammenhang zwischen größerer Pein und einer speziellen Witterung. Weder Luftfeuchtigkeit noch Luftdruck, weder Temperaturen noch Niederschlag offenbarten irgendein Muster, das mit stärkeren Schmerzen in Knien, Hüften oder Rücken korrelierte, ergab die im Fachblatt Seminars in Arthritis and Rheumatism veröffentlichte Arbeit.
Hohe Temperaturen könnten Gichtanfälle begünstigen
Einschränkend führten die Autorinnen und Autoren an, dass in den ausgewerteten Wetterdaten nur wenige extreme Lagen und kaum massive Umschwünge vorkamen. Damit ließe sich nicht ausschließen, dass größere Wetteränderungen vielleicht doch einen Einfluss auf die orthopädischen Beschwerden haben könnten.
Eine mögliche Ausnahme fand das Team auch. Eine Studie hatte gezeigt, dass hohe Temperaturen und sehr trockene Luft das Risiko für einen Gichtanfall verdoppeln. Die Erkrankung wird durch kleine Kristalle aus der Harnsäure ausgelöst, die sich in Gelenken ablagern. Womöglich werde dieser Prozess begünstigt, wenn Menschen bei sehr hohen Temperaturen dehydrieren, vermuten die Autoren.
Das Team will seine Widerlegung eines medizinischen Mythos nicht als Selbstzweck verstanden wissen. Es verbindet die Arbeit auch mit einer Mahnung an die Patienten, sich im Umgang mit ihren Erkrankungen stärker auf Evidenz zu verlassen: "Bei der Suche nach Schmerzprävention und -linderung sollten sich sowohl Patienten als auch Ärzte darauf konzentrieren, wie man die Erkrankung am besten in den Griff bekommt, einschließlich Gewichtsmanagement und Bewegung, und sich nicht auf das Wetter konzentrieren und es die Behandlung beeinflussen lassen", sagt Hauptautorin Manuela Ferreira in einer Pressemitteilung.