Corona und Schulen:Peinlich durch die Pandemie

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Luftfilter? Pooltests? Masken im Unterricht? Auch im dritten Jahr der Seuche gibt es kaum verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Maßnahmen, mit denen Schüler vor einer Corona-Infektion geschützt werden sollen.

Kommentar von Werner Bartens

Quizfrage: Wer weiß, welche Corona-Regeln gerade an Schulen und Universitäten gelten? Ergänzungsfrage: Wer kann die Regeln für jedes Bundesland aufsagen? Die Schulen und das Virus - das wäre ein guter Titel für das bürgerliche, nein: das epidemiologische Trauerspiel, das seit Beginn der Pandemie in Deutschland gegeben wird. Angeblich ist Bildung die wichtigste Ressource in diesem Land. Merken tut man das nicht, jedenfalls nicht daran, dass versucht wird, Schülern und Studierenden den Besuch ihrer Bildungsstätten nicht nur zu ermöglichen, sondern ihn auch möglichst sicher zu machen.

Beispiel Luftfilter. Bis heute ist unklar, wie viel die Brummkisten tatsächlich bringen in Sachen Infektionsprävention. Angeschafft wurden sie mancherorts in großen Mengen, anderswo gar nicht. Und dort, wo Luftfilter standen, wurden sie oft schnell wieder ausgeschaltet, weil der Lärm zu groß war und das Lehrpersonal lieber die Fenster aufgerissen hat. Die vom Bund für Luftfilter zur Verfügung gestellte Summe wurde nur zu einem Bruchteil abgerufen. Trotzdem sind mindestens 200 Millionen Euro bundesweit in den Kauf der Geräte geflossen. Nutzen? Ungewiss. Gerade ist die neue S3-Leitlinie zur Prävention von Corona in der Schule erschienen. Für alle bewerteten Maßnahmen ist die wissenschaftliche Evidenz äußerst mau. Das heißt: Nichts Genaues weiß man nicht. Es fehlen aussagekräftige Studien.

Ob der Verzicht auf Luftfilter falsch war, nichts am Infektionsgeschehen geändert hat oder zu vielen Ansteckungen und Schulausfall geführt hat, ist ungewiss. Es wurde schlicht nicht untersucht. Klar, zu Beginn einer sich dynamisch entwickelnden Seuche kann man nicht auf den letzten wissenschaftlichen Beweis warten; manchmal ist Handeln gefragt. Aber inzwischen? So mittelmäßig wie das Bildungssystem ist auch die Klinische Forschung in Deutschland. Es wäre ein Leichtes gewesen, zu Beginn der Pandemie zu testen, wie viel die Filter bringen. Eine Schule wird ausgerüstet, die andere nicht, eine lässt Luftfilter auf Dauerbetrieb, die andere sporadisch - und dann wird verglichen, was Tests und Krankenstand zeigen. Nichts dergleichen ist geschehen. Es ist eine große Peinlichkeit, dass diese Fragen im dritten Schuljahr unter Vorzeichen der Pandemie noch immer nicht beantwortet sind. Im Zeugnis für diese Bildungs- und Gesundheitspolitik müsste stehen: Sie hat sich nicht mal bemüht.

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