Hätte der erste Malaria-Impfstoff der Welt eine Facebook-Seite, sein Beziehungsstatus müsste lauten: Es ist kompliziert - wie bei Menschen, die zwischen Bindung und Trennung schwanken. Nach Jahren des Forschens und Testens eines Vakzins gegen das Tropenleiden sind Resultate eines riesigen Feldversuchs veröffentlicht worden, und die Reaktion der Forscher ist geteilt: "Das ist kein perfekter Impfstoff, aber er könnte vielen Menschen helfen", sagt Brian Greenwood von der London School of Hygiene and Tropical Medicine. "Das ist eine herbe Enttäuschung", erwidert Kai Matuschewski vom Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie. "Das wirft das Feld um zwanzig Jahre zurück."
Wenige Impfstoffe sind so heiß ersehnt wie einer gegen Malaria. In vergangenen Jahren ist es zwar gelungen, die Tropenkrankheit, die von Parasiten ausgelöst und von Mücken übertragen wird, mithilfe insektizidgetränkter Bettnetze und neuer Medikamente zurückzudrängen. Doch Forscher beobachten mit Sorge, dass immer mehr Parasiten gegen die Pillen und immer mehr Mücken gegen das Insektengift resistent werden. Noch immer gibt es laut Weltgesundheitsorganisation WHO fast 200 Millionen Infektionen im Jahr. Etwa eine halbe Million Menschen sind nach aktuellen Schätzungen 2013 an Malaria gestorben, die meisten waren Kinder in Afrika.
Das Pharmaunternehmen Glaxo-Smith-Kline hat nun einen Impfstoff testen lassen: Der Wirkstoff RTS,S kombiniert das Bruchstück eines Eiweißes von der Oberfläche des Malariaerregers mit einem Stück des Hepatitis-B-Virus und soll das Immunsystem so gegen den Eindringling aufstacheln. Seit 2009 wurde der Impfstoff an Tausenden Kindern in sieben Ländern zwischen Burkina Faso und Mosambik getestet. Sie bekamen im Alter zwischen wenigen Wochen und 17 Monaten entweder keine Impfung, die vorgesehenen drei Spritzen oder sogar noch eine Auffrischung. Bei den ältesten Probanden senkte die vierfache Gabe des Vakzins die Zahl der Infektionen ungefähr um ein Drittel (Lancet, online). Für Matuschewski ist das nicht genug. "Da sind Bettnetze genauso wirksam", sagt der Berliner Malariaforscher.
Zurzeit prüft die Europäische Arzneimittel-Agentur eine Zulassung des Impfstoffes. Sollte die erfolgen, könnte ein Gremium der WHO schon im Oktober zusammenkommen und eine Empfehlung aussprechen. "Das wird keine einfache Diskussion", prophezeit Greenwood. Eine wichtige Rolle dürften die 22 Fälle von Hirnhautentzündung spielen, die Forscher beobachtet haben: einer unter nicht geimpften Kindern, den Rest bei denen, die drei oder vier Spritzen erhielten. "Das ist beunruhigend und darauf muss man achten", sagt Greenwood. "Andererseits ist es völlig unklar, wie ein Malaria-Impfstoff Hirnhautentzündung verursachen sollte."
Greenwood plädiert dafür, den Impfstoff dort einzusetzen, wo alle anderen Schutzmaßnahmen versagen, etwa in Teilen von Uganda oder Burkina Faso, wo Kinder trotz Bettnetzen noch drei- oder viermal pro Jahr Malaria bekommen. "In anderen Gebieten ist der Impfstoff vermutlich nicht kosteneffektiv", sagt Greenwood. Eines sei in jedem Fall klar: "Das hier ist nur ein Anfang. Wir brauchen bessere Malaria-Impfstoffe."