Berlin:Corona-Beschränkungen: Müller legt Fokus auf Draußen-Feiern

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Michael Müller (SPD) äußert sich auf einer Pressekonferenz. (Foto: Fabian Sommer/dpa/Archivbild)

Auf die Menschen in Berlin könnten wegen der verschärften Corona-Lage laut Regierungschef Michael Müller neue Beschränkungen zukommen. Er gehe davon aus, "dass...

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Berlin (dpa/bb) - Auf die Menschen in Berlin könnten wegen der verschärften Corona-Lage laut Regierungschef Michael Müller neue Beschränkungen zukommen. Er gehe davon aus, „dass wir tatsächlich auch wieder Einschränkungen vornehmen müssen, bei diesen Feiern vor allen Dingen im öffentlichen Raum. Das wird man so nicht zulassen können, gegebenenfalls auch über Alkoholverbote [...]“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin mit Blick auf die Senatssitzung am kommenden Dienstag.

Beim Thema Alkoholverbot verwies Müller auf das Vorgehen zum Beispiel in München, „wo man dann in den nächtlichen Stunden unter freiem Himmel auch nicht mehr so feiern darf“. Er glaube, dass dies „dringend geboten“ sei. Ein nächtliches Alkoholverbot gilt etwa in München für bestimmte Zeiträume wie am Wochenende und an Hotspots. In Berlin wird eine Beschränkung des Außerhaus-Verkaufs von Alkohol - beispielsweise in Spätis - schon eine Weile diskutiert.

Müller bekräftigte, der Senat werde zunächst „keine weiteren Lockerungen“ vornehmen, etwa für Veranstaltungen. Gegebenenfalls gebe es „wieder ein paar Rückschritte bei der Begegnungsmöglichkeit, was die Teilnehmerzahl anbelangt“. Bei einem Treffen von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) und Vertretern der drei Bezirke mit den stadtweit höchsten Infektionszahlen waren am Dienstag unter anderem Obergrenzen für private Feiern besprochen worden. Die Gespräche sollten am Freitag weitergehen. Die Ergebnisse dürften auch eine Grundlage für die Senatssitzung am Dienstag sein.

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Kluckert, sprach sich gegen neue Beschränkungen aus: „Die bisherigen Regeln reichen vollkommen aus, um die Pandemie einzudämmen, der Senat muss nur endlich die Einhaltung durchsetzen“, teilte er mit. „Wilde Partys, überfüllte Bars, nicht geführte Kontaktlisten in Restaurants - in Berlin kann jeder seit Monaten machen, was er will.“ Auch ein Alkoholverbot helfe nicht, da Polizei und Ordnungsamt das Einhalten der bestehenden Regeln nicht flächendeckend kontrollierten.

Müller sagte im ZDF, dass es generell schwierig sei nachzuvollziehen, wo genau sich die Menschen angesteckt haben. In Berlin lägen jedoch Erkenntnisse vor, dass es etwa in der Gastronomie keine so starke Infektionsdynamik gebe wie bei privaten Feiern junger Erwachsener im Freien. Zahlen zu dem Thema wurden bisher nicht vorgelegt. Seit Monaten hat Berlin allerdings mit illegalen Partys in wechselnden Parks zu kämpfen. Auch die immer wieder entstehende Party-Atmosphäre auf den beliebten Ausgehmeilen hatte für Kritik gesorgt.

Müller betonte, der Stadtstaat werde weiter als Einheit betrachtet: „Wir denken schon daran, dass wir doch für ganz Berlin Maßnahmen auch treffen müssen.“ Regional zu reagieren, sei sehr schwer. Mit den besonders betroffenen Innenstadtbezirken wolle man aber über besondere Verabredungen sprechen. Bereits vereinbart sind konzertierte Kontrollen in Clubs in Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln. Die Clubs sehen sich in der Debatte zu Unrecht als Verursacher abgestempelt, wie es vom Dachverband Clubcommission hieß.

Laut dem Lagebericht der Gesundheitsverwaltung vom Mittwochabend ist die Zahl der gemeldeten Corona-Fälle in der Hauptstadt innerhalb eines Tages um 199 gestiegen - der höchste Wert seit Wochen. Wegen der inzwischen erhöhten Testhäufigkeit dürften die Zahlen mit den Werten vom Frühjahr nur bedingt vergleichbar sein. Auch in den besonders betroffenen Bezirken zeichnet sich noch keine Entspannung ab: In Friedrichshain-Kreuzberg stieg die Fallzahl pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen mit 51,7 über den kritischen Wert von 50. Mitte steht bei 42,5, Neukölln bei 41,2.

Die Corona-Ampel zur Bewertung der Lage in der Hauptstadt steht beim Indikator Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen mit einem Wert von inzwischen 26,1 weiter auf Gelb. Ein Wert von 30 war als kritische Schwelle festgelegt worden: Würde er drei Tage in Folge überschritten, spränge diese Ampel auf Rot.

Die Reproduktionszahl, der R-Wert, ist nach Daten vom Mittwoch auf 0,94 gesunken, so dass die entsprechende Ampel nun Grün anzeigt. Ein Infizierter steckt damit im Mittel ungefähr einen anderen Menschen an. Läge der schwankungsanfällige Wert wieder mehr als drei Tage über 1,1 oder 1,2, würde das wieder Gelb oder Rot entsprechen.

Der Senat hatte festgelegt, dass Rot bei zwei der drei Kennzahlen Handlungsbedarf bedeutet. Entspannt ist derzeit die Auslastung der Intensivstationen mit Covid-19-Patienten: 1,4 Prozent. Aber auch hier wird ein verzögerter Anstieg befürchtet, sollten sich wieder mehr ältere Menschen mit Sars-CoV-2 anstecken.

Im Vergleich der Bundesländer weist Berlin nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) die meisten Infizierten im Verhältnis zur Einwohnerzahl in den vergangenen sieben Tagen auf. Im Vergleich mit anderen Großstädten kommen aber etwa München und Köln auf höhere Werte.

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