Ludwigshafen am Rhein:Kliniken auf Notlagen vorbereiten: Konferenz in der Pfalz

Lesezeit: 2 min

Zivile Unfallchirurgen und Ärzte der Bundeswehr haben bei einer Fachkonferenz in Ludwigshafen über einen besseren Schutz für Kliniken beraten. "Jedes...

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Ludwigshafen/Mainz (dpa/lrs) - Zivile Unfallchirurgen und Ärzte der Bundeswehr haben bei einer Fachkonferenz in Ludwigshafen über einen besseren Schutz für Kliniken beraten. „Jedes Krankenhaus muss seine Schwachstellen kennen. Dann lassen sich Sicherheitslücken auch schon mit kleinen Maßnahmen schließen“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Paul Alfred Grützner, am Freitag. Bei der Tagung wurde auch darüber gesprochen, ob Kliniken selbst Ziel eines Anschlags werden können. Militärmedizinern zufolge könnten Krankenhäuser etwa mit einer stärkeren Überprüfung von Besuchern und Patienten oder einem Rammschutz die Sicherheit erhöhen.

Ein zentrales Thema der 3. DBU-Notfallkonferenz lautete „Sicherheit in der Klinik: Wie wir das bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen gewährleisten können“. In Rheinland-Pfalz gilt die Flugtagkatastrophe in Ramstein 1988 als wichtiges Datum bei der Massenversorgung von Verletzten. Damals starben 70 Menschen, etwa 350 wurden schwer verletzt. Retter waren damals mit vielen Folgen überfordert.

Grützner zufolge sind viele Kliniken in Deutschland auf einen sogenannten Massenanfall von Verletzten gut vorbereitet. Ein solches Ereignis ist zum Beispiel eine Massenkarambolage auf der Autobahn. „Doch die Lage bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen wie Amok oder Terror unterscheidet sich erheblich“, hatte der Ärztliche Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Ludwigshafen vor Beginn der Konferenz der Deutschen Presse-Agentur gesagt.

„Zusätzlich zu häufig sehr stark blutenden Patienten kommen (bei einem Massenanfall) Patienten oft unkoordiniert selbst in die nächstgelegene Klinik“, sagte Grützner. Damit ergebe sich in kürzester Zeit eine hohe Zahl potenziell hochgradig lebensgefährlich Verletzter. Die DGU habe 2016 einen Fünf-Punkte-Plan zur Versorgung bei einer solchen Lage entwickelt, um dafür gerüstet zu sein, habe „Zentrales Element ist ein Kurs, bei dem insbesondere Chirurgen lernen, die Herausforderungen einer Terrorlage zu managen. Bis heute konnten mehr als 350 Ärzte für den Ernstfall trainiert werden.“

Die Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz verfügt über einen detaillierten Notfalleinsatzplan. Darin sei unter anderem aufgeführt, was bei einem Massenanfall von Verletzten zu tun ist - um bei einem solchen Ereignis wertvolle Zeit zu sparen, sagte eine Sprecherin. In den vergangenen Jahren habe sich die Klinik zum Beispiel vor dem Besuch von US-Präsident George Bush 2005 in Mainz und vor der zentralen Einheitsfeier am 3. Oktober 2017 in der Landeshauptstadt auf einen möglichen größeren Notfall vorbereitet.

DGU-Generalsekretär Dietmar Pennig sagte vor dem Hintergrund einer möglichen Schließung „kleinerer“ Kliniken, auch diese seien in Notlagen wichtig. Größere Krankenhäuser seien nicht unbegrenzt aufnahmefähig. „Wenn Sie kleinere Häuser aus dem System nehmen, hat das bei größeren Einsätzen mit Sicherheit Auswirkungen“, betonte er. Diese Kliniken seien wichtig, damit größere Krankenhäuser nicht „verstopfen“ bei Notlagen. „Das ist ein wenig wie bei der Feuerwehr: Sie können den Löschzug nicht erst bilden, wenn es schon brennt.“

Zu den Referenten in Ludwigshafen gehörte auch Oberstarzt Benedikt Friemert vom Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Nach seiner Ansicht sollten Krankenhäuser auch besser auf mögliche Angriffe gegen die Klinik selbst vorbereitet werden. „Es geht nicht darum, Krankenhäuser zu Festungen zu machen, denn das widerspricht unserer Grundhaltung zur medizinischen Versorgung“, sagte Friemert vor der Tagung der dpa.

„Vor zwei, drei Jahren haben sich Fachgesellschaften und einzelne Krankenhäuser selbstständig Gedanken gemacht, wie Krankenhäuser mit einfachen Mitteln gegen Anschläge gesichert werden könnten“, sagte Friemert. Völligen Schutz könne es nicht geben. „Sehr langsam beschäftigt sich nun auch die Politik mit diesen Themen, zunächst aber erst auf Landesebene in einigen wenigen Ländern, und überlegt, welche Maßnahmen getroffen werden können.“ Auf Initiative von Kliniken würden zum Beispiel lokale Polizeibehörden eingebunden, um zusammen mit den Kliniken Sicherheitskonzepte zu entwickeln.

„Die sicherheitspolitischen Entwicklungen der vergangenen Jahre haben zu einem gesteigerten Interesse des zivilen Gesundheitswesens an den spezifischen Fähigkeiten und Erfahrungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr geführt“, sagte Generaloberstabsarzt Ulrich Baumgärtner, Inspekteur des Bundeswehr-Sanitätsdienstes, einer Mitteilung zufolge. Inzwischen herrsche ein sehr intensiver, vertrauensvoller Austausch.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: